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Neue EM-Hauptrollen: Joachim Löw startet Kampf gegen Zweifel

Nimmt sein letztes Turnier als Bundestrainer in Angriff: Bundestrainer Joachim Löw. Foto: Thomas Böcker/DFB-Pool/dpa
Nimmt sein letztes Turnier als Bundestrainer in Angriff: Bundestrainer Joachim Löw. Foto: Thomas Böcker/DFB-Pool/dpa

Joachim Löw hat die einst aussortierten Müller und Hummels quasi zu Heilsbringern erkoren. Für einen EM-Erfolg aber muss der Bundestrainer ganz viele Probleme lösen. Es ist auch ein Wettlauf mit der Zeit. Turniertrainer kann er, hat Löw schon mehrmals bewiesen.

Die Hauptrollen sind neu verteilt, das Manuskript für den EM-Film steht – eine Erfolgsgarantie aber ist das neue Drehbuch des bald scheidenden Bundestrainers noch lange nicht: Wenn Joachim Löw in einer Woche im österreichischen Ferienort Seefeld seine auserwählten Spieler zum Start der Vorbereitung versammelt, beginnt erst der Kampf um die zuletzt vermisste Stabilität und gegen die Zweifel.

„Aktuell steht die deutsche Mannschaft so da, wie die jüngsten Ergebnisse waren, also nicht so berauschend“, sagte der ehemalige DFB-Kapitän Philipp Lahm im EM-Sonderheft des Kicker.

Vor allem mit der Rückholaktion der beiden Rio-Weltmeister Thomas Müller und Mats Hummels gelang es dem in den vergangenen Monaten heftig in die Kritik geratenen Löw, öffentlich erst einmal einen Hauch von Aufbruchstimmung zu erzeugen. Größere Kritik an seiner Auswahl gibt es nicht. Die grundlegenden Probleme der jüngeren Vergangenheit aber lösen sich allein durch die Präsenz der Routiniers Müller (31) und Hummels (32) nicht automatisch auf.

„So lange haben wir nicht Zeit, bis das Turnier startet“, erklärte Kapitän Manuel Neuer, wie sein Bayern-Kollege Müller mit elf Endrundenspielen erfahrenster EM-Akteur im 26-köpfigen Kader. Löw muss im Schnelldurchlauf bei den anhaltend komplizierten Bedingungen der Corona-Pandemie die Probleme ausmerzen, die zu den historischen Pleiten in Spanien (0:6) und gegen Nordmazedonien (1:2) führten, die Experten und Fans eigentlich für nicht möglich gehalten hatten.

„Es war so, dass wir unsere Ziele 2019/2020 nicht so erreicht haben und diese Entwicklung nicht so vorangeschritten ist, wie vorgestellt“, gestand Löw nochmals bei der vom DFB bewusst mit vielen Fan- und Kinderfragen aufgelockerten Teampräsentation. Löw muss sich mit seinem Team auch das Vertrauen zurückholen, das seit dem WM-Vorrunden-Debakel 2018 in Russland mehr und mehr geschrumpft ist.

Joachim Löw muss beweisen, dass er noch kann, was er immer betont: Turniertrainer sein. „Wenn es etwas gibt, was ich besonders liebe, dann sind es Turniere, in denen es um alles geht.“ Der 61-Jährige setzt vor allem auf die 18 gemeinsamen Tage im Trainingslager in Seefeld und im EM-Stammquartier in Herzogenaurach bis zum ersten Gruppenspiel am 15. Juni in München gegen Weltmeister Frankreich. In seinen 15 Jahren als Bundestrainer kann Löw eine tolle Turnierbilanz aufweisen: EM 2008 Zweiter, WM 2010 Dritter, EM 2012 Dritter, 2014 Weltmeister, EM 2016 Dritter. Erst 2018 folgte der Absturz.

„Ein erfolgreiches Turnier ist extrem wichtig“, erklärte Joachim Löw zu seiner letzten DFB-Mission: „Deswegen haben wir uns entschieden, Hummels und Müller zurückzuholen, die auch eine starke Saison gespielt haben und der Mannschaft auch in puncto Führung einiges geben können.“

Mit den erhofften Heilsbringern muss der Bundestrainer allerdings auch das Binnenverhältnis im Team neu moderieren. Müller (100 Länderspiele) und Hummels (70) werden andere aus der ersten Reihe verdrängen. „Man muss auch sehen, wie insgesamt die Energie in der Mannschaft ist und wie hoch die Frusttoleranz der Spieler ist, die am Anfang nicht zum Einsatz kommen“, bemerkte Löw bereits.

Die Reaktion bei der persönlichen Konkurrenz blieb zunächst freundlich. „Dass Mats Hummels und Thomas Müller wieder dabei sind, das ist ein willkommenes Geschenk“, sagte Innenverteidiger Antonio Rüdiger bei RTL. Insbesondere Hummels könne „sehr, sehr viel Erfahrung und vor allem Ruhe einbringen, das ist gut“, ergänzte der FC-Chelsea-Profi. „Am Ende werden wir alle daran gemessen, wie weit wir mit der Mannschaft gekommen sind – und da haben wir einige Dinge gerade zu biegen aus der jüngsten Vergangenheit“, erklärte Bayern-Profi Leroy Sané bei Sport1.

Der langjährige Führungsspieler Philipp Lahm, der mit Löw, Müller und Hummels 2014 Weltmeister in Brasilien war, hofft vor allem auf die Rückkehr der zuletzt verloren gegangenen Begeisterung beim Bundestrainer und im gesamten DFB-Team. Der Ex-Profi ist zuversichtlich, dass der angekündigte Abschied von Chefcoach Löw die Mannschaft bei dem paneuropäischen Turnier beflügelt: „Es kann Energie freisetzen.“ Viele der Spieler hätten jahrelang mit Löw zusammengearbeitet. „Sie wollen ihm bestimmt einen guten Abschluss bescheren“, sagte Lahm.

© dpa-infocom, dpa:210520-99-676397/2

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