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Buchmann-Sturz bei Dauphine, Schachmann und Evenepoel in Lombardei

Buchmann (M) vom Team von Bora-hansgrohe ist nach einem Sturz auf der vierten Etappe aus der Dauphiné-Rundfahrt ausgestiegen. Foto: Anne-Christine Poujoulat/AFP/dpa
Buchmann (M) vom Team von Bora-hansgrohe ist nach einem Sturz auf der vierten Etappe aus der Dauphiné-Rundfahrt ausgestiegen. Foto: Anne-Christine Poujoulat/AFP/dpa

Kurz vor der Tour de France ist das Favoritenfeld durch etliche Stürze bei der Dauphiné-Rundfahrt durcheinandergewirbelt worden, mit Emanuel Buchmann, Maximilian Schachmann und Gregor Mühlenberger ist auch das deutsche Rad-Team Bora-hansgrohe betroffen. Einen Horrorsturz gab es in der Lombardei, dort erwischte es das belgische Talent Remco Evenepoel.

Schwere Stürze haben am Samstag die Lombardei-Rundfahrt und das Etappenrennen Critérium du Dauphine überschattet, betroffen sind mit Emanuel Buchmann und Maximilian Schachmann auch zwei deutsche Fahrer von Bora-hansgrohe. Ihr Teamkollege Lennard Kämna feierte überraschend den Etappensieg und damit den ersten großen Erfolg seiner Karriere.

In Frankreich war die deutsche Tour-Hoffnung Emanuel Buchmann betroffen, der 27-Jährige musste am Samstag nach einem Sturz beim Criterium de Dauphine mit tiefen Abschürfungen in ein Krankenhaus gebracht werden. Zwei Wochen vor dem Tour-Start hatte der Profi vom Team Bora-hansgrohe aber wohl Glück im Unglück: Laut einem Tweet von Samstagabend erlitt Buchmann ein großes Hämatom, gebrochen sei nichts.

Im Dauphiné-Zielort Megève herrschten am Samstag gemischte Gefühle: „Ich bin super stolz. Das ist eine wirklich große Sache für mich“, sagte Kämna (23), der nach 4:27:56 Stunden 41 Sekunden vor dem Spanier David de la Cruz im Ziel war, bei Eurosport.

Der erste Profisieg von Lennard Kämna bei der Dauphine geriet am Samstag in den französischen Alpen in den Hintergrund, genauso am Sonntag der Gesamtsieg des Kolumbianers Daniel Martinez nach fünf Etappen. Wegen des Sturz von Buchmann sei der Tag bei der Dauphine aber „bittersüß. Ich hoffe das Beste, dass es ihm schnell wieder besser geht“, so Kämna.

Buchmann-Sturz in Abfahrt

Lennard Kämna (2.v.l) gewann die vierte Etappe mit dem komfortablen Vorsprung von 41 Sekunden. Foto: Anne-Christine Poujoulat/AFP/dpa
Lennard Kämna (2.v.l) gewann die vierte Etappe mit dem komfortablen Vorsprung von 41 Sekunden. Foto: Anne-Christine Poujoulat/AFP/dpa

Der Sturz von Emanuel Buchmann ereignete sich nach Angaben der Organisatoren der Dauphine auf einer Abfahrt vom Col de Plan Bois nach 29 Kilometern. Er hatte zuvor auf dem dritten Platz in der Gesamtwertung gelegen. Auch der Österreicher Gregor Mühlberger, ein wichtiger Helfer für Buchmann in den Bergen, musste die Dauphine nach dem Sturz aufgeben.

Enrico Poitschke, der Sportlicher Leiter des Teams, äußerte: „Schwieriger Tag und gemischte Gefühle für uns. Großartig, was Lennard gezeigt hat, ein beeindruckender Sieg.“ Die Stürze von Buchmann und auch von dessen Teamkollegen Gregor Mühlberger, bei dem wohl auch nichts gebrochen ist, seien aber „bitter“.

„In der Abfahrt, nachdem die Gruppe weg war, waren wir im Feld eigentlich gut positioniert, aber der Asphalt war rutschig und es gab einen Sturz“, sagte Poitschke. „Einige Fahrer gingen vor Emu und Gregor zu Boden, die konnten nicht mehr ausweichen.“

„Wir sind natürlich erschrocken. Und es tut mir leid für das ganze Team, unsere Strategie – und für Lennard Kämna. Denn sein großer Sieg ist wegen der Unfälle untergegangen“, sagte Teammanager Ralph Denk im Münchner Merkur und der tz. Zu Buchmann und Mühlberger ergänzte Denk: „So wie es am Sonntag ausschaute, ist die Tour de France für beide nicht in Gefahr.“

Kritik von Routiniers Martin und Greipel

Martinez hat das von zahlreichen Stürzen überschattete 72. Critérium du Dauphiné gewonnen. Foto: Anne-Christine Poujoulat/AFP/dpa
Martinez hat das von zahlreichen Stürzen überschattete 72. Critérium du Dauphiné gewonnen. Foto: Anne-Christine Poujoulat/AFP/dpa

Kritik gab es vom deutschen Routinier Tony Martin: „Kies und tiefe Löcher die ganze Strecke runter. Die Personen, die sich für diesen Weg entschieden haben, scheren sich keine Sekunde um die Sicherheit von uns Fahrern“, schrieb der frühere Zeitfahrweltmeister Martin bei Instagram und wandte sich auch an den Weltverband UCI: „Wie viel mehr schlimme Unfälle müssen passieren, damit sich etwas ändert?“

Neben Buchmann konnten auch Martins Teamkollegen Primoz Roglic und Steven Kruijswijk, die beide Ambitionen bei der Tour de France haben, einen Sturz bei der Dauphine-Etappe nicht verhindern.

Während Vuelta-Sieger Roglic sich als Gesamtführender ins Ziel kämpfte, musste der Niederländer Kruijswijk das Rennen mit einer ausgekugelten Schulter aufgeben. Einen Tag später trat auch Roglic nicht mehr zur fünften und letzten Etappe der Dauphiné-Rundfahrt an.

„Das ist von den Organisatoren respektlos gegenüber all den Fahrern. Die Gesundheit zu riskieren, um am Ende der Abfahrt das Ergebnis zu haben, dass zwei Kandidaten für das Gesamtklassement raus sind“, schrieb Sprinter André Greipel bei Twitter.

Eigentlich sollte die fünftägige Tour-Generalprobe etwas Klarheit bringen, doch plötzlich ist die Favoritenfrage für die Tour de France offener denn je. Ausgerechnet Titelverteidiger Egan Bernal aus Kolumbien, der vor der vierten Etappe am Samstag wegen leichter Rückenprobleme ausgestiegen war, könnte nach dem Aus von Roglic und Buchmann nun plötzlich der große Gewinner sein.

Schwere Stürze in der Lombardei

Remco Evenepoel war bei der Lombardei-Rundfahrt schwer gestürzt. Foto: Fabio Ferrari/Lapresse via ZUMA Press/dpa
Remco Evenepoel war bei der Lombardei-Rundfahrt schwer gestürzt. Foto: Fabio Ferrari/Lapresse via ZUMA Press/dpa

Neben dem Sturz von Emanuel Buchmann bei der Dauphine gab es auch bei der Lombardei-Rundfahrt mehrere Unfälle: In Italien stürzte Radsport-Wunderkind Remco Evenepoel heftig. Der 20 Jahre alte Belgier kollidierte bei einer Abfahrt mit einer kleinen Begrenzungsmauer einer Brücke, überschlug sich und fiel einen Abhang hinunter.

Wie sein Team Deceuninck-Quick-Step am Samstag Abend mitteilte, ergaben die Untersuchungen im Krankenhaus einen Bruch des Beckens sowie eine Quetschung der rechten Lunge. „Ich bin froh, dass er noch lebt“, sagte Patrick Lefevere, Teammanager von Evenepoels Rennstall Quickstep, bei Het Nieuwsblad. Für den 20-jährigen Evenepoel ist die Saison dennoch gelaufen.

Evenepoel war als Mitfavorit auf die Strecke gegangen. In seinem Heimatland wird der Nachwuchsstar bereits mit der Radsport-Ikone Eddy Merckx verglichen. Er gewann zuletzt die Polen-Rundfahrt, die am ersten Tag mit dem schweren Sturz des Niederländers Fabio Jakobsen begonnen hatte. Der Sprinter war ins künstliche Koma versetzt worden und musste über fünf Stunden operiert werden.

Schreckmoment für Schachmann

Für einen weiteren Schreckmoment bei der Lombardei-Rundfahrt sorgte zudem eine Kollision des deutschen Meisters Maximilian Schachmann kurz vor dem Ziel mit einem Auto, bei der sich der 26-Jährige das Schlüsselbein brach.

Schachmann konnte nach dem Zusammenstoß dennoch wieder auf sein Rad steigen und die Rundfahrt zu Ende bringen, er wurde am Ende Siebter mit 4:31 Minuten Rückstand. Sieger nach 231 Kilometern wurde der Däne Jakob Fuglsang (Astana Pro Team) in 5:23:54 Stunden.

„Nach so einem harten Rennen“ bevorzuge er ein kaltes Bier im Bus statt eines warmen Wassers im Krankenwagen, schrieb Schachmann, ebenfalls bei Bora-hansgrohe unter Vertrag, unter ein Bild in einer Instagram-Story, das ihn lächelnd in Behandlung zeigt.

Trotz des erlittenen Schlüsselbeinbruchs kann Schachmann auf einen Start bei der Tour de France hoffen. „Die Tour ist für Max noch nicht abgehakt. Es besteht noch die Hoffnung, dass er fahren kann“, sagte Jens Zemke, Sportlicher Leiter von Schachmanns Team Bora-hansgrohe, nach Rücksprache mit den Teamärzten der Deutschen Presse-Agentur. Demnach müsse Schachmann nicht operiert werden. Teamchef Denk zeigte sich skeptisch: „Die Tour ist für Maximilian in großer Gefahr.“

„Mehr Pech kann man nicht haben. Wer rechnet schon damit, dass bei einem WorldTour-Rennen auf einmal ein Auto auf der Strecke auftaucht. Trotz allem ist Max sehr gefasst und zuversichtlich“, sagte Zemke. Das Auto hätte nie auf die Strecke gelangen dürfen und schnitt dann Schachmann noch beim Versuch diese wieder zu verlassen.

Die UCI kündigte Untersuchungen an. „Veranstaltungen der UCI WorldTour erfordern geschlossene Straßen an der gesamten Strecke“, hieß es vom Weltverband, der eine Beschwerde gegen den Veranstalter erwägt. Schachmann war vor seinem Sturz bei der am 29. August in Nizza beginnenden Frankreich-Rundfahrt eigentlich als wichtiger Helfer für Teamkapitän Emanuel Buchmann eingeplant.

© dpa-infocom, dpa:200815-99-178844/12
© dpa-infocom, dpa:200816-99-184752/7

weiterführende Informationen:
➡️ Homepage des Criterium du Dauphine
➡️ Homepage der Lombardei-Rundfahrt
➡️ weitere News aus der Themenwelt „Radsport“

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