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„Snapback“ – Trump will mit USA Rückkehr aller Iran-Sanktionen erzwingen

US-Präsident Donald Trump sorgt für diplomatischen Streit im mächtigsten UN-Gremium. Foto: Susan Walsh/AP/dpa
US-Präsident Donald Trump sorgt für diplomatischen Streit im mächtigsten UN-Gremium. Foto: Susan Walsh/AP/dpa

Die USA sind in der Iran-Frage im UN-Sicherheitsrat weitgehend isoliert, nun wollen sie nach der Aufkündigung des Deals eine Klausel für den Snapback ziehen. US-Präsident Trump scheint fest entschlossen, dem Atomdeal mit Teheran einen möglicherweise tödlichen Stoß zu verpassen.

Nach der deutlichen Ablehnung eines Vorschlags der USA zur Verlängerung des Waffenembargos gegen den Iran steuert der UN-Sicherheitsrat mit der Ankündigung des „Snapback“ durch die US-Vertreter auf eine schwere Krise zu.

US-Präsident Donald Trump kündigte am Samstag an, in den nächsten Tagen das komplette Atomabkommen mit dem Iran durch den sogenannten Snapback-Mechanismus aus den Angeln heben zu wollen. „Wir werden den Snapback auslösen und sie werden es nächste Woche sehen“, sagte Trump bei einer Pressekonferenz in Bedminster in New Jersey.

Beim Snapback-Mechanismus handelt es sich um eine Möglichkeit für die Staaten des Atomabkommens von 2015, Regelverstöße des Iran vor dem UN-Sicherheitsrat anzuprangern – wie es nun die USA angekündigt haben. Damit kann schließlich die Wiedereinsetzung aller internationalen Sanktionen aus der Zeit vor der Einigung erzwungen werden – ohne, dass andere Mitglieder dies mit einem Veto verhindern könnten.

USA aus Deal ausgestiegen

Es ist dabei allerdings umstritten, ob die USA zum Auslösen des Mechanismus berechtigt sind, denn die Trump-Regierung war 2018 aus dem Deal ausgestiegen. Die Amerikaner sind der Auffassung, dass ihre Nennung in der UN-Resolution, die das Atomabkommen in internationales Recht übersetzt, ausreicht. Die meisten Länder im Sicherheitsrat sehen das aber anders.

Auch nach Ansicht des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell sind die USA nicht dazu berechtigt, den Snapback im Iran-Deal zu erzwingen, wie eine Sprecherin am Sonntag sagte. Irans Außenminister Mohammed Dschwad Sarif nannte das Vorgehen illegal und inakzeptabel.

Der diplomatische Streit im mächtigsten UN-Gremium könnte zu einer Spaltung des Sicherheitsrates bei der Frage führen, ob die alten Sanktionen gegen den Iran nun wieder gelten oder nicht.

Westliche Diplomaten kündigten an, dass viele Staaten einen von den USA ausgelösten Snapback faktisch ignorieren könnten. Dies wiederum könnte zu schweren Verwerfungen auch zwischen Deutschland, Frankreich und Großbritannien auf der einen und den USA auf der anderen Seite führen.

Trump geht auf Vorschlag von Putin nicht ein

Auf einen Schlichtungsvorschlag des Kremls für einen Video-Gipfel will Trump eigenen Aussagen zufolge nicht eingehen. „Wir werden wahrscheinlich bis nach der Wahl warten“, sagte er in einer Pressekonferenz auf Nachfrage eines Journalisten.

Russlands Staatschef Wladimir Putin hatte am Freitag ein virtuelles Treffen der Staats- und Regierungschefs gefordert, deren Länder den Atomdeal abgeschlossen hatten. Daran sollten auch Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie Irans Präsident Hassan Ruhani teilnehmen.

Die UN-Vetomächte USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien sowie Deutschland und der Iran hatten sich 2015 in Wien auf das Abkommen geeinigt, das Teheran eine friedliche Nutzung der Kernkraft gestattet, aber die Entwicklung von Atomwaffen verwehrt.

Es stellte die iranische Atomindustrie unter Kontrolle und sagte den Abbau westlicher Wirtschaftssanktionen zu. Donald Trump ist seit Jahren gegen den Atomdeal – ihm dürfte der Snapback für seine Kampagne des maximalen Drucks auf den Iran vor der Präsidentenwahl in den USA im November gut passen.

Waffenembargo läuft aus

Anstoß für den sich nun zuspitzenden Streit war das im Oktober auslaufende Waffenembargo für den Iran. Die USA wollten es bei den UN auf unbestimmte Zeit verlängern lassen – die Zustimmung von nur zwei von 15 Stimmen im Sicherheitsrat offenbarte dabei, wie isoliert Washington beim Thema Iran ist.

Zwar wollen auch Deutschland, Frankreich und Großbritannien nicht, dass etwa China und Russland künftig legale Rüstungsverträge mit dem Iran abschließen können. Doch die Europäer haben auch ein Interesse daran, das Abkommen am Leben zu halten – Teheran droht im Falle einer Verlängerung des Embargos mit dem Rückzug. Die Hoffnung ist auch, dass im November möglicherweise ein neuer US-Präsident gewählt wird, der die Karten in der Krise neu mischt.

Die Europäer sagen, sie hätten seit Anfang des Jahres versucht, einen Kompromiss auszuhandeln. Aus Diplomatenkreisen verlautete, man habe versucht, Washington von einer „Konzentration auf besonders offensive Waffenarten, Möglichkeiten der Vereinbarung jenseits einer UN-Resolution“ zu überzeugen. Da die USA genauso wenig wie Russland und China zu Zugeständnissen bereit waren, stehen die Zeichen nun auf Eskalation.

Einen Vorgeschmack gab die amerikanische UN-Botschafterin Kelly Craft zuletzt, als sie unter anderem Deutschland im Interview der Deutschen Presse-Agentur vorwarf, auf der Seite des Terrors zu stehen: „Verletzte Gefühle über den Rückzug der USA aus dem Atomabkommen sind für mich keine Entschuldigung für die Bewaffnung von Terroristen“, sagte sie. Der Antrag auf den „Snapback“ könnte die Spannungen nun – nicht nur zwischen den USA und dem Iran – weiter erhöhen.

© dpa-infocom, dpa:200816-99-183518/4

Video: Pressekonferenz Donald Trump:

➡️ Transkript der Pressekonferenz [EN]

News vom 13. August 2020:

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