Nach dem 2:1 von Juve gegen Olympique Lyon, was nach dem 0:1 im Achtelfinal-Hinspiel trotz zwei Ronaldo-Treffern nicht reichte, wurde die Trainerdiskussion gleich in Gang gesetzt und keine 16 Stunden später war Trainer Maurizio Sarri freigestellt: Wunschkandidat Nummer eins für die Nachfolge sei Ex-Weltfußballer Zinedine Zidane.
Für die italienischen Gazetten war die Sache nach dem Champions-League-K.o. von Juventus Turin und Superstar Cristiano Ronaldo bereits klar. „Sarri raus“, titelte Tuttosport und die Gazzetta dello Sport, die Zidane aufgrund der Konstellation mit Ronaldo bei Juve bereits vor dem Spiel in Verbindung gebracht hatte, urteilte: „Sarri ist gescheitert“.
Da traf es sich ganz gut, dass der französische Starcoach zeitgleich mit Rekordsieger Real Madrid durch das 1:2 bei Manchester City ebenfalls im Achtelfinale scheiterte und sich in Spanien auch Kritik anhören musste. Kommt es nun zum Wechselspiel auf den Trainerbänken der europäischen Schwergewichten und zur Wiedervereiningung des Gespanns Zidane und Ronaldo bei Juve?
Ronaldo soll bleiben
Bei Sarri ging es schnell. Die Worte von Clubchef Andrea Agnelli hatten bereits am Vortag nichts Gutes bedeutet: „Wir nehmen uns jetzt den einen oder anderen Tag, um die richtigen Entscheidungen für die Zukunft zu treffen“, sagte Agnelli und sprach von einer „süßsauren“ Saison.
Am Ende war das Aus des Trainers aber nur eine Sache von Stunden. Der Gewinn der neunten Meisterschaft zählte nichts mehr, war quasi nur das Pflichtprogramm. Das wurde bereits Sarris Vorgänger Massimiliano Allegri im vergangenen Jahr zum Verhängnis. Neben Zidane werden bei Juve auch Ex-Tottenham-Coach Mauricio Pochettino und Lazio-Trainer Simone Inzaghi gehandelt.
Der Auftrag ist klar, nur der Champions-League-Titel zählt bei Juve. Dafür haben die Italiener Cristiano Ronaldo vor zwei Jahren für rund 100 Millionen Euro von Real Madrid geholt. Doch Ronaldo alleine kann es auch nicht richten. Hatte der Portugiese im Vorjahr noch mit einem Dreierpack gegen Atletico Madrid das Achtelfinal-Aus abgewendet, waren diesmal seine zwei Tore gegen Lyon zu wenig – er verpasst das Corona-Turnier in seiner portugiesischen Heimat.
Zumindest Ronaldo steht bei Juve weiter hoch im Kurs. Mit 31 Treffern in der Liga hatte Ronaldo die Torjägerkrone zwar Ciro Immobile überlassen müssen, doch die zwei Treffern gegen Lyon unterstrichen einmal mehr seinen Wert.
Zuletzt hatte es noch Gerüchte gegeben, dass er mit einem Weggang aus Turin liebäugele, eine erneute Zusammenarbeit mit Zidane dürfte allerdings auch für ihn interessant sein. „In bin überzeugt, dass er bleibt“, erklärte Agnelli. „Er ist ein Eckpfeiler unserer Mannschaft.“
Zidane: „Ich bin Coach von Real“
Vorerst muss Ronaldo auf seinen sechsten Triumph in der europäischen Königsklasse warten – die letzten drei davon hatte der nun für Juve spielende 35-Jährige in Madrid unter Coach Zidane gefeiert, der erstmals ein K.o.-Duell mit Real als Trainer verlor. Das brachte ihm gleich Kritik ein.
„Zizou“ sei nie ein Strategie-Genie gewesen, das wisse man, hieß es in einer TV-Talkrunde nach der Pleite von Real Madrid mit Blick auf die Niederlage. Dass er aber in Manchester von der Bank aus praktisch nichts getan habe, um eine Wende herbeizuführen, sei „unverzeihlich“.
Vergessen ist scheinbar der erste Meistertitel für Real seit 2017, der mit einem Super-Lauf nach der Corona-Zwangspause perfekt gemacht wurde. Doch gegen City war bereits die Ausgangslage nach dem 1:2 im Hinspiel schlecht.
Zwei Ballverluste des französischen Weltmeisters Raphaël Varane, die direkt zu Gegentreffern führten, gaben Real in Manchester den Rest. „Ich will die Verantwortung übernehmen, denn diese Niederlage ist meine, und ich muss sie hinnehmen“, so Varane, der anfügte: „Fehler werden auf dieser Ebene teuer bezahlt, und ich habe keine Erklärung für diese Fehler.“
„Wir können trotzdem stolz sein auf das, was wir geschafft haben. 95 Prozent der Saison waren exzellent“, sagte Zidane auf der Homepage von Real und fügte mit Blick auf seine persönliche Zukunft hinzu: „Ich bin Coach von Real, solange nicht etwas Außergewöhnliches passiert.“
Beim Final-Turnier in Lissabon werden damit einige Top-Clubs fehlen. Titelverteidiger FC Liverpool war bereits vor der Corona-Pause gegen Atletico Madrid ausgeschieden, nun folgten auch noch die Meister aus Spanien und Italien. Die beiden gestrigen Sieger Manchester City und Lyon treffen hingegen am 15. August im Viertelfinale aufeinander.
Der deutsche Nationalspieler Toni Kroos will nach dem Real-Aus auch nichts mehr von dem Turnier sehen. „Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass ich mir den Rest anschauen werde“, verriet er bei Sky. „Wenn ich Urlaub mache, dann mache ich Urlaub, und dann auch ohne Fußball.“
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Manchester City – Real Madrid 2:1 (Hinspiel: 2:1)
Für Madrids Zinédine Zidane endete im fast menschenleeren Etihad-Stadion von Manchester eine beeindruckende Serie. Als Real-Trainer hatte der Franzose zuvor die Champions League bei drei Siegen (2016 bis 2018) nie nicht gewonnen, wenn er die Chance dazu hatte.
Real begann in ungewohnt pinken Trikots zwar wie erwartet offensiv. Zidane bot neben dem zentralen Stürmer Benzema den rechtzeitig fit gewordenen Eden Hazard sowie Rodrygo auf. Doch auch Man City verteidigte extrem hoch und setzte die Königlichen unter Druck.
Vor dem ersten Gegentor verlor Varane im Spielaufbau den Ball im eigenen Strafraum an Gabriel Jesus. Der dann angespielte Sterling hatte aus kurzer Distanz keine Mühe. Real-Kapitän und Abwehrchef Sergio Ramos fehlte rotgesperrt und saß nur als Gast neben seinen Teamkollegen auf der Bank.
Zidane wirkte an der Seitenlinie angespannt. Sein Team steigerte sich aber nach dem Rückschlag von Minute zu Minute. Benzema (21.) und Hazard (22.) scheiterten zunächst an City-Torwart Ederson, ehe Benzema aus knapp zehn Metern mit dem Kopf wieder für Spannung sorgte.
Nach der Halbzeitpause spielten beide Mannschaften auf Augenhöhe, die Citizens blieben aber das gefährlichere Team. Real-Keeper Thibaut Courtoise rettete vor Sterling (54.) und war zunächst auch gegen Gabriel Jesus zur Stelle (64.). Dann aber verpatzte Varane eine Kopfballrückgabe an seinen Torwart – Gabriel Jesus staubte ab und traf zur Vorentscheidung.
Juventus Turin – Olympique Lyon 2:1 (Hinspiel 0:1)
Lyon musste in Turin auf den Torschützen aus dem Hinspiel verzichten – Lucas Tousart war in der Zwischenzeit zu Hertha BSC in die Bundesliga gewechselt. Aber auch ohne den 23-Jährigen standen die Gäste gegen Ronaldo und Co. zunächst sicher.
Der deutsche Schiedsrichter Zwayer zeigte nach einem Foul an Lyons Houssem Aouar im Strafraum auf den Elfmeterpunkt, der Pfiff wurde lange vom Video-Assistenten überprüft, aber bestätigt. Depay chippte den Strafstoß abgeklärt ins Juve-Tor.
Kurz vor der Pause stand wieder Zwayer im Mittelpunkt, als der Referee nach einem Freistoß von Turin Handelfmeter für die Gastgeber pfiff. Depay hatte den Ball in der Mauer stehend auch mit dem Ellenbogen abgewehrt. Europameister Ronaldo ließ sich die Chance nicht nehmen und sorgte für den Ausgleich.
Nach der Pause traf der bislang fünfmalige Gewinner der Königsklasse mit einem starken Schuss aus der Distanz zur Turiner Führung, doch sein zweiter Treffer und das 2:1 reichten Juventus nicht. Das Gegentor am 26. Februar kostete Juventus letztendlich die Teilnahme am Finalturnier, Lyon hatte die mehr erzielten Auswärtstore auf seiner Seite.
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