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Jugend trainiert für Olympia mit Finanzierungs-Sorgen

Symbolbild Beachvolleyball - Foto (c) Sascha Klahn
Symbolbild Beachvolleyball - Foto (c) Sascha Klahn

Für das Herbstfinale als dritte Veranstaltung im Jahr 2024 fehlt Jugend trainiert für Olympia derzeit noch Budget.

Das Herbst-Bundesfinale von Jugend trainiert für Olympia & Paralympics verwandelte Berlin vom 17. bis 21. September 2023 wieder in die Hauptstadt des Schulsports – vielleicht zum vorerst letzten Mal. Im Etat für 2024 fehlen rund 500.000 Euro.

Aktuell fehlt das Geld aus dem Bundeshaushalt, um auch 2024 ein Herbst-Bundesfinale ausrichten zu können. Hintergrund: Das Bundesministerium des Innern fördert seit Jahrzehnten auf Beschluss des Deutschen Bundestages die drei Bundesfinalveranstaltungen (im Winter in Bayern/Baden-Württemberg, im Frühjahr und Herbst in Berlin) – aktuell mit einer Million Euro.

Aufgrund der massiv gestiegenen Kosten für die Organisation der Bundesfinals (vor allem bei der Unterbringung und Verpflegung der rund 9.000 Final-Teilnehmenden) liegt der Zuwendungsbedarf im Jahr 2024 bei 1,5 Millionen Euro. „Kann die Finanzierung der Bundesfinals nicht durch Erhöhung der Förderung des Bundes sichergestellt werden, hat das einschneidende Konsequenzen“, erklärt Martin Schönwandt.

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Schulsportstiftung (DSSS) fügt mit Blick auf die Folgen an: „Das Bundesfinale im Herbst 2024 müsste abgesagt werden, da das zur Verfügung stehende Budget nach erfolgreicher Ausrichtung des Winter- und Frühjahrsfinales weitgehend aufgebraucht wäre.“

Was den Verantwortlichen der Deutschen Schulsportstiftung große Sorgen bereitet: Im Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2024 ist der Mehrbedarf nicht aufgenommen worden. Am Regierungsentwurf werden allerdings noch Änderungen vorgenommen. Die Abstimmung über den Bundeshaushalt 2024 erfolgt am 1. Dezember 2023.

Über den aktuellen Stand sagt Martin Schönwandt: „Das BMI setzt sich derzeit engagiert für unser Anliegen ein. Wir wissen um die fraktionsübergreifende Unterstützung des Sportausschusses des Deutschen Bundestages. Ich bin optimistisch, dass im parlamentarischen Verfahren eine gute Lösung gefunden wird. Dennoch bleibt abzuwarten, ob es gelingt.“

Jugend trainiert für Olympia: 54-jährige Erfolgsgeschichte

Dabei schreibt der vor 54 Jahren ins Leben gerufene Wettbewerb eine Erfolgsgeschichte: Mit jährlich mehr als 800.000 teilnehmenden Schüler*innen ist „Jugend trainiert“ der größte Schulsportwettbewerb der Welt.

Zahlreiche spätere Spitzensportler*innen feierten ihre ersten großen Erfolge mit „Jugend trainiert“, ein Grundschulwettbewerb wurde ins Leben gerufen – und beim Thema Inklusion im Sport ist „Jugend trainiert“ Vorreiter: Seit genau zehn Jahren nehmen junge Menschen mit und ohne Behinderung zur selben Zeit und am selben Ort an Bundesfinalveranstaltungen teil.

Beim Herbst-Bundesfinale traten 449 Schulteams an, um in 32 Wettkampfklassen Bundessieger zu ermitteln. Insgesamt kamen 4.500 Teilnehmer*innen und über 500 an der Organisation Beteiligte zusammen und erlebten gemeinsam fünf unvergessliche Tage in Berlin.

Während des Herbst-Bundesfinals wurden die Sieger-Teams in zehn olympischen Sportarten (BeachVolleyball, Fußball, Golf, Hockey, Judo, Leichtathletik, Rudern, Schwimmen, Tennis und Triathlon) sowie drei paralympischen Sportarten (Fußball ID, Para Leichtathletik und Para Schwimmen) ermittelt.

„Die Begeisterung und Freude der Schülerinnen und Schüler hier in Berlin zu erleben, verursacht jedes Mal wieder Gänsehaut“, sagte Martin Schönwandt, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Schulsportstiftung (DSSS), die Jugend trainiert für Olympia & Paralympics veranstaltet. Hunderttausende Schüler*innen sind seit der Premiere im Jahr 1969 in die Sportmetropole Berlin gereist, um sich bei den Bundesfinals mit den besten Schulteams Deutschlands zu messen.

Martin Schönwandt: „Manche erleben in Berlin ihren sportlichen Höhepunkt, andere schreiben später Sportgeschichte. Alle nehmen sie viele bleibende Eindrücke mit nach Hause und werden im besten Fall zu lebenslangem Sporttreiben motiviert.“

Auch für Weltklasse-Schwimmerin und ParalympicsSiegerin Elena Semechin steht fest: „Was gibt es Besseres als die Wettkämpfe bei Jugend trainiert für Olympia & Paralympics? Unsere Schüler und Schülerinnen können den Sportsgeist in sich wecken. Und für viele ist es erstmals die Möglichkeit, sich auf nationaler Ebene mit anderen zu messen.“

„Unverzichtbarer gesellschaftlicher Beitrag“

Der Vierte Deutsche Kinder- und Jugendsportbericht kommt zu dem Ergebnis, dass etwa 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen derzeit die tägliche Bewegungsempfehlung der Weltgesundheitsorganisation von 30 bis 60 Minuten mit moderater Aktivität am Tag nicht erreichen.

Martin Schönwandt dazu: „Jugend trainiert für Olympia & Paralympics leistet hier einen wichtigen Beitrag, indem der Schulsportwettbewerb Anreize schafft, sich sportlich zu betätigen und im fairen Wettbewerb miteinander zu messen. Werte wie Respekt und Toleranz, aber auch Inklusion, Teamfähigkeit und Leistungsstreben sind dabei von zentraler Bedeutung und tragen zur Persönlichkeitsentwicklung bei.“

Kirsten Bruhn, dreimalige Paralympics-Siegerin und sechsfache Weltmeisterin im ParaSchwimmen, weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig Sport im Leben ist. „Ohne den Sport hätte ich nicht im gleichen Maße Disziplin, Durchhaltevermögen und Selbsteinschätzung gelernt. Aus Fehlern durch Analyse zu lernen, nach Siegen auf dem Boden zu bleiben, immer weiter nach Verbesserung und in meinem Fall Bestzeiten zu streben, aber auch die soziale Gemeinschaft über Trainingsgruppen und Vereinswesen zu erleben, habe ich über den Sport kennen wie schätzen gelernt.“

Seit einem Motorradunfall im Jahr 1991 ist die Ausnahmesportlerin inkomplett querschnittsgelähmt. Die damals 21-Jährige war bereits seit ihrem zehnten Lebensjahr Leistungsschwimmerin. Nach dem Unfall wurde das Wasser zu ihrem Lebenselixier: Kirsten Bruhn: „Der Sport war, ist und wird es hoffentlich immer bleiben können: mein Stabilisator im Leben.“

„Das galt für die heranwachsende Kirsten und gilt für mich als Mensch mit einer Behinderung umso mehr. Vielleicht war es mir nach dem Unfall 1991 erst richtig bewusst geworden, wie elementar wichtig der Sport und vor allem Schwimmen für mich ist. Die Physis ist eine Seite. Aber die Psyche wieder ins Lot zu bekommen, war die viel wichtigere Seite“, so Kirsten Bruhn.

Dass „Jugend trainiert“ jungen Menschen mit Beeinträchtigung die Teilhabe am größten Schulsportwettbewerb der Welt ermöglicht und ihnen in sieben Sportarten eine sportliche Perspektive bietet, finden Kirsten Bruhn und Elena Semechin angesichts ihrer eigenen Biografie besonders wertvoll. Zu ihrer Schulzeit hatte es dieses Angebot noch nicht gegeben. Umso mehr lobten beide jetzt im Rahmen eines Pressegesprächs in Berlin den inklusiven Charakter der Bundesfinalveranstaltungen.

Schon ein Jahr nach dem ersten offiziellen Bundesfinale von Jugend trainiert für Paralympics im Jahr 2012 ist es gelungen, die olympischen und paralympischen Wettbewerbe unter dem Motto „In der Wertung getrennt, aber im Ziel vereint“ zur selben Zeit und am selben Ort stattfinden zu lassen. Deshalb feierte „Jugend trainiert“ 2023 sein zehnjähriges Jubiläum im Zeichen der Inklusion.

Besonders inklusiv ging es beim Herbstfinale in der Schwimmhalle zu. Martin Schönwandt: „Hier machen traditionell die Regel- und Förderschulen jedes Bundeslandes gemeinsame Sache, stellen in den Inklusions-Staffeln gemeinsam ein Schwimm-Team auf und ermitteln im Becken mit großer Freude und Begeisterung das schnellste Bundesland.“

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