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Energie-Gewinnabschöpfung: Entlastungen für Verbraucher

Die Energiekosten steigen, aber die Bundesregierung plant Entlastungen. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa
Die Energiekosten steigen, aber die Bundesregierung plant Entlastungen. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Was tut die Europäische Union gegen die hohen Strompreise? Nach Wochen der Diskussion haben sich die EU-Länder auf einen Kompromiss geeinigt. Die Bundesregierung hat schon Pläne für die Umsetzung.

Brüssel/Berlin (dpa) – Was tun gegen die gestiegenen Energiepreise? Seit Wochen ringt die EU in dieser Frage um eine Lösung. Bei einem weiteren Krisentreffen einigen sich die Energieminister endlich: Der Beschluss zwingt Energieunternehmen künftig dazu, einen Teil ihrer Krisengewinne an den Staat abzugeben.

Damit sollen Bürgerinnen und Bürger entlastet werden. Deutschland hat schon geplant, wofür das Geld ausgegeben werden soll. Bei der konkreten Umsetzung dieser und anderer Entlastungsvorhaben sind allerdings noch Fragen offen. Es gibt erste Hinweise, wie Verbraucher profitieren könnten.

Warum sind die Strompreise so hoch?

Der Gaspreis ist vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine stark gestiegen. Dadurch ist auch Strom teurer geworden. Grund dafür ist, dass der Strompreis durch das teuerste Kraftwerk bestimmt wird, das zur Produktion eingeschaltet wird – derzeit sind das vor allem Gaskraftwerke. Auch Produzenten von billigerem Strom aus Sonne, Wind, Atomkraft oder Braunkohle können diesen zu hohen Preisen verkaufen.

Wie soll der Strompreis gesenkt werden?

Die EU-Staaten haben sich darauf verständigt, die Einnahmen der Produzenten von billigerem Strom zum Teil abzuschöpfen und Verbraucher mit dem Geld zu entlasten. Konkret sollen die Einnahmen der Firmen bis Ende März 2023 bei 180 Euro pro Megawattstunde gedeckelt werden – was darüber hinausgeht, soll an den Staat gehen. Im deutschen Großhandel waren zuletzt ungefähr 315 Euro fällig.

Allerdings wollen die EU-Staaten mehr Flexibilität als von der Kommission vorgeschlagen. So könnten die Staaten teils niedrigere oder höhere Einnahmengrenzen einführen als die 180 Euro, je nach Technologie und den jeweiligen Kosten. Es könnte anstelle einer einheitlichen Lösung also unterschiedliche Deckel für Produzenten von Strom etwa aus Sonne oder Braunkohle geben.

Was ist mit anderen fossilen Energie-Unternehmen?

Gas-, Kohle- und Ölkonzerne oder Raffinieren, die nicht von der Obergrenze betroffen wären, sollen über eine Krisenabgabe einen Teil ihrer Gewinne abgeben. Die Konzerne müssten ein Drittel jener Gewinne abführen, die den Durchschnittsgewinn der vergangenen vier Jahre um mehr als 20 Prozent übersteigen. Das soll entweder für dieses Jahr, kommendes Jahr oder beide gelten. Über diese Abgabe sollen ebenfalls Verbraucher und Unternehmen entlastet werden.

Wie wird das in Deutschland umgesetzt?

Die Bundesregierung unterstützt die Gewinnabschöpfung und plant, damit eine „Strompreisbremse“ zu finanzieren. Dabei soll der Strompreis für einen sogenannten Basisverbrauch gedeckelt werden. Wer mehr verbraucht, muss den aktuellen Marktpreis zahlen. Details sind aber noch offen. Diese Maßnahme würde es zusätzlich zu den Maßnahmen aus dem bis zu 200 Milliarden Euro großen „Abwehrschirm“ zur Entlastung von Haushalten und Unternehmen geben, der am Donnerstag in Berlin verkündet wurde. Wie viel Geld durch die Gewinnabschöpfung generiert werden kann, war jedoch zunächst unklar. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte am Freitag jedenfalls, Deutschland werde die Maßnahmen schnell umsetzen.

Soll es auch bei Erdgas eine „Bremse“ geben?

Ja. Das hat die Bundesregierung am Donnerstag beschlossen. Die „Gaspreisbremse“ ist ein wichtiger Bestandteil des „Abwehrschirms“ zur Entlastung von Haushalten und Unternehmen. Ähnlich wie bei der Strompreisbremse sollen auch bei Gas mindestens für einen Teil des Verbrauchs die Gaspreise auf ein Niveau gebracht werden, damit private Haushalte und Unternehmen nicht überfordert sind. Was das genau bedeutet, ist aber noch völlig offen. Eine Kommission soll bis Mitte Oktober Vorschläge machen. Der Bundesregierung ist wichtig, dass trotzdem ein Anreiz zum Gassparen bleibt.

Bleibt es bei der Mehrwertsteuersenkung für Gas?

Ja. Der Bundestag hat am Freitag beschlossen, dass der Steuersatz für Erdgas und Fernwärme wegen der Energiekrise ab Oktober vorübergehend von 19 auf 7 Prozent gesenkt wird. Das soll bis Ende März 2024 gelten. Die Energiewirtschaft versprach, die Steuerentlastung an die Kunden weiterzugeben. Zwar sei der Beschluss sehr kurzfristig und die Fernwärme nachträglich aufgenommen worden. Fest stehe aber: „Die Mehrwertsteuersenkung wird 1:1 bei den Kundinnen und Kunden ankommen“, erklärte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft.

Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas bedeutet nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox für eine Musterfamilie mit einem Gasverbrauch von 20.000 Kilowattstunden im Jahr eine jährliche Entlastung von 366 Euro. Das Vergleichsportal Check24 kommt wegen anderer Berechnungsgrundlagen bei diesem Verbrauch auf eine Entlastung von 306 Euro jährlich.

Wer profitiert von der Mehrwertsteuersenkung?

Von den gut 43 Millionen Wohnungen in Deutschland wird knapp die Hälfte mit Gas beheizt. Rund 14 Prozent der Haushalte nutzen Fernwärme. Insgesamt nimmt der Staat nach Rechnung des Finanzministeriums durch die Steuersenkung bis 2024 rund 13 Milliarden Euro weniger ein.

Doch keine Gasumlage: Was ist mit den Abschlägen?

Die Gasumlage ist vom Tisch, muss also auch nicht gezahlt werden. Wer sie schon gezahlt hat – etwa in einem Abschlag – muss sie zurückgezahlt bekommen, sagte Habeck am Donnerstag. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen geht daher davon aus, dass in jüngst versandten Preiserhöhungsschreiben der Versorgungsunternehmen der monatliche Abschlag allein schon wegen der nun wegfallenden Gasumlage zu hoch ist. Hinzu kommt jetzt noch die Entlastung durch die Mehrwertsteuersenkung.

Was raten die Verbraucherschützer?

Zunächst sollen Verbraucherinnen und Verbraucher den Zählerstand notieren und dann einige Tage abwarten. „Die Gasumlage ist bisher nur auf einer Pressekonferenz der Bundesregierung am 29. September gekippt worden. Bis die Versorger das umsetzen können, kann es dauern“, hieß es. Sollte sich der Versorger oder der Vermieter bis Mitte Oktober nicht melden, sollen die Kunden Kontakt aufnehmen und eine Anpassung der monatlichen Abschläge fordern. „Sonst zahlen Sie zu viel fürs Gas und gehen ein unnötiges Risiko ein, sollte der Versorger in Schwierigkeiten geraten.“

Was kann noch helfen?

In Brüssel einigten sich die Staaten auch darauf, schlicht weniger Strom zu verbrauchen. Vorgesehen ist, dass in Zeiten der besonders hohen Nachfragen fünf Prozent weniger verbraucht wird – das ist verpflichtend. Dann kostet Strom besonders viel, da teures Gas zur Produktion genutzt werden muss. Insgesamt sollten die Länder ihren Stromverbrauch um zehn Prozent senken. Wie sie das machen, steht ihnen offen. In Deutschland gibt es dafür noch keine konkreten Maßnahmen auf Bundesebene.

© dpa-infocom, dpa:220930-99-955915/9


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