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WM-Silber: Skisprung-Ass Karl Geiger erklimmt nächsten Gipfel

Geiger jubelt auf dem Podium über den zweiten Platz. Foto: Daniel Karmann/dpa
Geiger jubelt auf dem Podium über den zweiten Platz. Foto: Daniel Karmann/dpa

Zwei Monate nach dem Tournee-Erfolg hat Karl Geiger das nächste Glanzlicht in seiner Heimat Oberstdorf gesetzt. WM-Silber im eigenen Wohnzimmer macht den Allgäuer besonders stolz.

Die Bilderbuch-Momente mit WM-Silber in seiner geliebten Heimat Oberstdorf konnte Skisprung-Ass Karl Geiger mit Frau Franziska und Schwester Lucia so richtig genießen.

WM-Silber im Heimstadion am Schattenberg war nicht nur Geigers nächster Gipfel in einer komplett irren Winterachterbahn, sondern erfüllte den Allgäuer auch mit sehr viel Stolz.

„Das hat mich extrem gefreut“, sagte der strahlende Zweite über die Anwesenheit seiner Familie, die als akkreditierte WM-Helfer im Gegensatz zu den coronabedingt ausgeschlossenen Fans in der gewaltigen Skisprung-Arena dabei sein durften.

Die drei Riesenerfolge, die sein 28 Jahre alter Musterschützling allein in dieser Saison holte, wollte Chefcoach Stefan Horngacher nicht gewichten. Der Österreicher nannte den Tournee-Auftaktsieg in Oberstdorf „eine herausragende Leistung“, den Skiflug-WM-Titel in Planica „eine unglaubliche Leistung“ und Rang zwei am Samstag hinter Weltmeister Piotr Zyla aus Polen „eine Wahnsinnsleistung“.

Verrückter Winter für Karl Geiger

Der 28 Jahre alte Lokalmatador sprang am Schattenberg 103,5 und 102 Meter weit und damit zu Silber. Foto: Daniel Karmann/dpa
Der 28 Jahre alte Lokalmatador sprang am Schattenberg 103,5 und 102 Meter weit und damit zu Silber. Foto: Daniel Karmann/dpa

Karl Geiger ließ bei aller Wertschätzung für die anderen Erfolge durchblicken, welch enormen Wert diese Medaille für ihn hat: „Eine WM zu Hause, das wird es genau einmal in meiner sportlichen Karriere geben.“

Den verrückten Winter, der neben denkwürdigen sportlichen Triumphen für Karl Geiger auch die Geburt von Tochter Luisa, eine Corona-Infektion und ein sonderbares Formtief mit sich brachte, wird der Allgäuer so schnell nicht vergessen.

„Ich glaube, dass das schon nochmal was Besonderes ist, dass man zum Punkt X da steht und Silber holt. Das ist wirklich was Besonderes“, wiederholte Karl Geiger bewusst. Eine große Feier am Abend entfiel nicht nur coronabedingt, sondern auch aufgrund des nahtlos dichten WM-Kalenders.

Kumpel Markus Eisenbichler, der diesmal nicht über Rang 17 hinauskam, rannte nach Wettkampfende quer durch den Auslauf und freute sich lautstark mit seinem jahrelangen Zimmerkollegen. Stolz verkündete Eisenbichler: „Der Karl ist halt ein Fuchs.“

Wie „Yin und Yang“ hatte der Bayer das Verhältnis von Deutschlands beiden besten Skispringern einmal beschrieben. Während Markus Eisenbichler ein hochemotionaler und impulsiver Gefühlsspringer ist, tritt Karl Geiger sehr viel zurückhaltender auf.

Seine Gedanken schreibt der akribische Arbeiter, den Eisenbichler immer wieder als „Denker“ charakterisiert, gerne und häufig in einem Notizbuch auf. Auch, um für zukünftige Situationen und Problemfälle zu lernen, „wie ich mich da vielleicht aus der Scheiße rausgeholt habe“. Auf die Frage, was er zum WM-Coup von Oberstdorf in sein Büchlein niederschreibe, scherzte Karl Geiger: „Grundsolide.“

Vom Fahnenträger zu Silber

Der Zweitplatzierte Karl Geiger (l-r) steht bei der Siegerehrung neben Sieger Piotr Zyla aus Polen und dem Drittplatzierten Anze Lanisek aus Slowenien. Foto: Daniel Karmann/dpa
Der Zweitplatzierte Karl Geiger (l-r) steht bei der Siegerehrung neben Sieger Piotr Zyla aus Polen und dem Drittplatzierten Anze Lanisek aus Slowenien. Foto: Daniel Karmann/dpa

Der packende Wettkampf, bei dem Geiger mit 103,5 und 102 Metern auf der Normalschanze zwischen Zyla und dem Slowenien Anze Lanisek landete, ist für den Deutschen auch der vorläufige Höhepunkt einer langen Reise.

Bei der letzten Heim-WM 2005 in Oberstdorf hatte er noch die Fahne Kasachstans getragen und als Kind im gleichen Stadion für die spätere Sportlerkarriere geschuftet.

Diese Saison erscheint Geigers hochemotionales Auf und Ab wie aus einem Drehbuch, das selbst manchem Autor zu kitschig wäre. In Kurzfassung: Pause, Gold, Vater, Corona, Tournee-Erfolg, Formtief, WM-Medaille. Was ein Winter.

Dass trotz des Zuschauerausschlusses ein paar Freiwillige auf der Tribüne zusehen konnten und bei der Siegerehrung „Karle, Karle“ riefen, bewegte Geiger. „Ich bin extrem stolz auf meinen Ort. Hut ab vor der Organisation, genial. Was da auf sich genommen wurde, muss man erstmal so hinkriegen“, sagte der Lokalmatador.

In der zweiten Woche gibt es auf der Großschanze, wo Coach Horngacher ihn „zu den Favoriten“ zählt, sogar noch die Chance auf ein filmreifes Ende des märchenhaften Triumphzuges: mit einer Goldmedaille in dem Ort, in dem für Karl Geiger alles begann.

© dpa-infocom, dpa:210227-99-622154/7

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