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DFB-Treffen in Potsdam: Tag der Wahrheit für Präsident Fritz Keller

Durchfährt momentan unruhige Fahrwasser: DFB-Präsident Fritz Keller. Foto: Uli Deck/dpa
Durchfährt momentan unruhige Fahrwasser: DFB-Präsident Fritz Keller. Foto: Uli Deck/dpa

Die Empörung über Fritz Keller und seinen Nazi-Vergleich war riesig – ebbte aber schnell ab. In Potsdam kommen die DFB-Granden in Präsenz zusammen.

Der Tag der Arbeit wird für DFB-Präsident Fritz Keller zum Tag der Wahrheit: Nur wenige Tage nach dem scharf kritisierten Nazi-Vergleich kommt es in einem Kongresshotel in Potsdam am Wochenende zum Aufeinandertreffen der Verbandsgranden.

Erstmals in der eineinhalbjähriger Amtszeit von Fritz Keller treffen sowohl der Präsident als auch Dauerstreitpartner und Generalsekretär Friedrich Curtius mit den Bossen der Landesverbände zusammen. Thema eigentlich: Der Frust der Basis über das ständige Gezanke an der Spitze des Verbands und die Fokussierung auf Inhalte.

Thema nun: Der nächste Zwist zwischen Boss Fritz Keller und Vizepräsident Rainer Koch, den Keller eine Woche zuvor laut Berichten von Bild und Spiegel als „Freisler“ bezeichnet und so mit Roland Freisler, dem Vorsitzenden des Volksgerichtshofes im Nationalsozialismus, verglichen hatte.

Dies könnte für Friedrich Curtius und Schatzmeister Stephan Osnabrügge, die das Vergehen gleich bei der Ethikkommission anzeigten, die Gelegenheit sein, den Machtkampf mit dem 64 Jahre alten Winzer Keller endgültig für sich zu entscheiden.

Beim Gipfel in Potsdam, wo die rund 25 Teilnehmer trotz Pandemie mit eigenem Hygienekonzept in Präsenz zusammentreffen können, könnte Fritz Keller nun aus der Defensive kommen. Die verbale Entgleisung wird in den Landesverbänden zwar durchweg verurteilt, doch öffentliche Forderungen nach einem Rücktritt gab es keine – diese werden auch für das Treffen in Brandenburg nicht erwartet.

Fritz Keller soll sich einem Bericht der Bild-Zeitung zufolge mit einem emotionalen Schreiben im Intranet an die DFB-Mitarbeiter gewandt haben. Seinen Nazi-Vergleich soll er darin „eine dumme, unbedachte und beleidigende Aussage“, die „selbst zu diesem schlechten Bild“ des Verbandes beigetragen habe, genannt haben. Der DFB bestätigte der Deutschen Presse-Agentur die Publikation Kellers, ohne detaillierter auf die Inhalte einzugehen.

Uwe Döring, Verbandsboss in Schleswig-Holstein, sagte der ARD-Sportschau: „Es kann nicht sein, dass Keller ständig die Torten ins Gesicht bekommt – aber im Grunde nur der Grüß-August ist. An diesem Problem würde auch ein Rücktritt von Keller nichts ändern.“ Er ist nicht der einzige Landesvertreter, der sich mehr Gestaltungsmacht für das Verbandsoberhaupt wünscht. Was passiert am Wochenende und wie geht es beim DFB weiter?

Aussprache Keller und Koch

Für seinen Freisler-Vergleich hat sich Fritz Keller bereits bei seinem Funktionärskollegen entschuldigt – angenommen wurde diese bisher aber noch nicht.

Ein klärendes Gespräch unter vier Augen soll es noch geben, wohl aber erst nach den zweitägigen Sitzungen, die nach Anreise der Teilnehmer am Freitagabend am Samstag dem 1. Mai um 9.00 Uhr beginnen sollen.

Der öffentliche Druck auf Fritz Keller hat in den vergangenen Tagen erstaunlicherweise nachgelassen. Auch außerhalb der Fußballbranche blieben Rücktrittsforderungen – wie die von Rolf Mützenich als Chef der SPD-Bundestagsfraktion – die Ausnahme.

Keller soll im Intranet klargestellt haben, dass Koch entscheiden müsse, ob „die Bemerkung unentschuldbar war“. Der Präsident räumte seinen eigenen Fehler ohne Umschweife ein, beklagte aber, dass die Aussage „auf schnellstem Wege an die Medien durchgestochen“ wurde. „So geht es seit Monaten. Ich kann hier versprechen: Ich gebe keine internen Angelegenheiten an die Medien. Das ist nicht mein Stil“, wird Fritz Keller zitiert.

Ruf nach Bundestag 2021

Die Rufe nach einem Außerordentlichen Bundestag werden immer lauter. Eigentlich würde sich die Basis gerade einen führungsstarken Dachverband wünschen, um inmitten der Corona-Pandemie auch wichtige inhaltliche Dinge aufzuarbeiten.

Stattdessen folgt Konflikt auf Konflikt, nicht selten geprägt von zwei Lagern: Der Keller-Seite um das Profilager und Teile der Landesverbände sowie die Curtius-Seite um das Trio Curtius, Koch und Osnabrügge. Dass diese Konfliktlinien noch einmal aufgelöst werden und die beiden Seiten zurück zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit finden, scheint nicht mehr denkbar.

Rolle DFB und Ethikkommission

Curtius brachte den Vorfall aus der Präsidiumssitzung bei dem Gremium zur Anzeige. „Diese Äußerung ist inakzeptabel und nicht zu tolerieren“, ließen er und Osnabrügge als Duo via DFB mitteilen.

Die unabhängige vierköpfige Ethikkommission hat sich bislang nicht zu Wort gemeldet, obwohl die Vorfälle bereits mehrere Tage her sind und die Fakten auf dem Tisch liegen.

Auch der Verband gibt in diesen Tagen kein gutes Bild ab: Nach einem veröffentlichten Statement von Keller lautet die Taktik offenbar: aussitzen und abwarten. Auch mit der bevorstehenden Sitzung ging der Verband zuletzt reichlich intransparent um.

© dpa-infocom, dpa:210430-99-417286/3

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