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Offene Fragen: Potsdamer Heim wurde vor Gewalttat überprüft

Pflegeeinrichtungen wie das Thusnelda-von-Saldern-Haus in Potsdam werden laut brandenburgischem Gesundheitsministerium grundsätzlich einmal im Jahr im Rahmen einer Regelüberwachung aufgesucht. Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa
Pflegeeinrichtungen wie das Thusnelda-von-Saldern-Haus in Potsdam werden laut brandenburgischem Gesundheitsministerium grundsätzlich einmal im Jahr im Rahmen einer Regelüberwachung aufgesucht. Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa

Der Termin verlief nach Angaben des brandenburgischen Gesundheitsministeriums unauffällig – Vorfälle seien nicht berichtet worden. Noch immer ist das Motiv für die Tötung von vier Bewohnern unklar.

Nach dem gewaltsamen Tod von vier Bewohnern eines Potsdamer Heims für Menschen mit Behinderungen sind viele Fragen ungeklärt.

Welches Motiv hatte die 51-Jährige langjährige Pflege-Mitarbeiterin, die als Tatverdächtige festgenommen wurde, für die brutale Tat? Warum tötete sie ausgerechnet diese vier Bewohner und verletzte eine weitere schwer?

Nach Angaben des Lagezentrums der Brandenburger Polizei am Sonntag laufen die Ermittlungen zu dem Vorfall weiter. Der leitende Oberstaatsanwalt Wilfried Lehmann sagte, es werde wohl einige Wochen dauern, bis es Ergebnisse gebe. „Das ist nun kriminalistische Feinarbeit.“ Etliche Zeugen müssten vernommen werden. „Die Obduktionen laufen und wir warten auf Ergebnisse“, so Lehmann.

Nur einen Tag vor der Gewalttat am Mittwoch ist das Heim nach Angaben der Brandenburger Landesregierung geprüft worden. „Die Aufsicht für unterstützende Wohnformen prüft regelmäßig auch im Thusnelda-von-Saldern-Haus die Pflegesituation“, teilte der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Gabriel Hesse, der Deutschen Presse-Agentur mit.

Dabei sei auch das Thema „Umgang mit besonderen Belastungen während der Corona-Pandemie, Gewalt in der Pflege“ angesprochen worden. Der Aufsicht seien keine Vorfälle berichtet worden, sagte der Sprecher. Nach ihrer Einschätzung sei der Träger auch in Bezug auf die Begleitung seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diesbezüglich „fachgerecht und angemessen aufgestellt“.

Pflegeeinrichtungen werden von der Aufsicht für unterstützende Wohnformen laut Gesundheitsministerium grundsätzlich einmal im Jahr im Rahmen einer Regelüberwachung aufgesucht. „Das fürchterliche Gewaltverbrechen ist für alle ein sehr großer Schock. Ich warne aber vor voreiligen Schlüssen bei der Frage, was der Grund für diese unvorstellbare Tat war“, sagte der Ministeriumssprecher. Die Umstände, die zur Tat geführt hätten, müssten sorgfältig aufgeklärt werden.

Die langjährige Mitarbeiterin der Wohnstätte für Körper- und Mehrfachbehinderungen steht nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft im Verdacht, die vier Bewohner zwischen 31 und 56 Jahren gewaltsam getötet zu haben. Eine weitere Bewohnerin des Thusnelda-von-Saldern-Hauses wurde schwer verletzt.

Die 51-jährige Tatverdächtige wurde vorläufig in eine psychiatrische Klinik in Brandenburg/Havel eingewiesen. Sie soll auf ihre Schuldfähigkeit hin begutachtet werden. Nach Angaben der diakonischen Einrichtung Oberlinhaus, zu der das Wohnheim gehört, war die Frau bisher nicht psychisch auffällig geworden. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor Haftbefehl wegen Totschlags beantragt.

Die Verletzungen der Opfer gehen nach Angaben der Ermittler auf schwere äußere Gewalteinwirkung zurück. Die Todesopfer wiesen nach dpa-Informationen schwere Schnittverletzungen an der Kehle auf. Zum Tathergang hat die Staatsanwaltschaft bisher aus ermittlungstaktischen Gründen keine Angaben gemacht. Der Gewaltakt hatte in Potsdam und darüber hinaus für Entsetzen gesorgt.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte, Gewalt in der Pflege in Einrichtungen offen anzusprechen. Auch Vorgesetzte seien in der Pflicht, eine solche Kommunikation zu fördern, sagte die Patientenberaterin bei der Stiftung, Elke Simon. Auch anonyme Meldesysteme für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien sinnvoll, hier müsse die Heimleitung signalisieren, dass sie sich kümmern.

„Das Wichtigste ist ein respektvoller und wertschätzender Umgang mit den Bewohnerinnen und Bewohnern“, sagte Simon. Träger müssten die eindeutige Botschaft senden: Wir dulden keine andere Behandlung.

© dpa-infocom, dpa:210502-99-438091/2

Beachten Sie auch, Meldung vom 29.04.2021 zum Vorfall:


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