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Norwegen: Sicherheitsdienst hielt Kongsberg-Täter für ungefährlicher

Vor einem Geschäft, das in die Gewalttat in der norwegischen Kleinstadt Kongsberg verwickelt war, stehen Blumen und Kerzen. Foto: Terje Bendiksby/NTB/AP/dpa
Vor einem Geschäft, das in die Gewalttat in der norwegischen Kleinstadt Kongsberg verwickelt war, stehen Blumen und Kerzen. Foto: Terje Bendiksby/NTB/AP/dpa

Der Tatverdächtige von Kongsberg war der Polizei bekannt. Der Sicherheitsdienst traute ihm sogar kleinere Angriffe zu. Dass er eine politisch motivierte Gewalttat begehen würde, hielt er für unwahrscheinlich.

Nach der Gewalttat mit fünf Toten im norwegischen Kongsberg gerät der Sicherheitsdienst der Polizei PST immer mehr unter Druck.

Die Behörde hatte bereits im Jahr 2015 Tipps erhalten, dass der inhaftierte Däne, der am Mittwoch fünf Menschen getötet haben soll, gefährlich sein könnte. Arne Christian Haugstøyl, Leiter der Terrorismusbekämpfung beim PST, sagte der Zeitung Verdens Gang, dass man es jedoch für unwahrscheinlich hielt, dass er eine politisch motivierte Gewalttat begehen würde.

Weitere Warnungen gingen ein, als der Mann 2017 ein Video veröffentlichte, in dem er sich als Muslim und Bote bezeichnete und eine Aktion ankündigte. Martin Bernsen vom PST sagte der Nachrichtenagentur NtB am Freitag, dieses Video sei vom PST nicht als kriminelle Bedrohung angesehen worden, da es sich bei dem Inhalt um unspezifische Bedrohungen handelte.

Ein 37-jähriger Däne hatte eingeräumt, am Mittwochabend in der Innenstadt von Kongsberg fünf Menschen getötet zu haben. Der Mann hatte unter anderem mit Pfeil und Bogen auf zahlreiche Menschen geschossen.

Der Mann habe die faktischen Vorfälle eingeräumt, erkenne aber keine Strafschuld, sagte ein Polizeisprecher. Der Sicherheitsdienst hatte die Tat zunächst als Terrorhandlung eingestuft, den Verdacht aber später abgeschwächt. Man halte es für wahrscheinlich, dass der Mann psychisch krank ist.

Mindestens zwei Rechtspsychiater sollen nun beurteilen, ob der Mann zurechnungsfähig ist. 2018 kam man zu der Einschätzung, dass der Däne psychische Probleme hatte und informierte die Gesundheitsbehörden. „Wir hielten ihn nicht für ideologiegetrieben, sondern für gewalttätig“, sagte Bernsen. Zwar traute man dem Mann Angriffe zu, aber „mit einfachen Mitteln“.

Das Polizeidirektorat soll nun die Arbeit der Polizei im Fall Kongsberg analysieren und bewerten. „Aufgrund der Ernsthaftigkeit des Falles ist es sehr wichtig, dass Lehren und eventuelle Schwachstellen und Fehler schnell identifiziert werden, um sofort Maßnahmen einleiten zu können“, hieß es von der Behörde. Am Samstag (14.00 Uhr) wollen sich die Ermittler auf einer Pressekonferenz äußern.

© dpa-infocom, dpa:211015-99-602746/14


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