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Tödliche Bootstour auf dem Gardasee: Prozess gegen Deutsche

Italienische Forensiker begutachten den Schaden an einem Boot. Ein Motorboot, besetzt mit zwei Deutschen, hatte das kleine Boot eines italienischen Paares gerammt. (Archivbild). Foto: Gabriele Strada/AP/dpa
Italienische Forensiker begutachten den Schaden an einem Boot. Ein Motorboot, besetzt mit zwei Deutschen, hatte das kleine Boot eines italienischen Paares gerammt. (Archivbild). Foto: Gabriele Strada/AP/dpa

Zwei Deutsche rasen in einer Juni-Nacht mit dem Luxus-Motorboot über den Gardasee. Sie rammen ein Holzboot, zwei Italiener sterben. In Brescia beginnt nun der Prozess.

Der Tod kommt in der Nacht, mit reichlich PS. Greta Nedrotti und Umberto Garzarella schauen sich gerade die Sterne über dem Gardasee an, wenig später sind sie tot.

Zwei Deutsche waren den Ermittlungen zufolge im Motorboot über das Wasser gerast und auf das Holzboot des italienischen Paares gekracht. Während Umberto (37) sofort tot war und die über Bord geschleuderte Greta (25) ertrank, fuhren die Münchner nach Salò und legten dort an. Eine Überwachungskamera filmte einen der beiden, wie er ins Wasser plumpste und davontorkelte.

Einige Details dieses furchtbaren Samstagabends am 19. Juni sind in den vergangenen Monaten bereits an Medien durchgesickert. Von diesem Mittwoch an werden die Ereignisse in einem Strafprozess in Brescia verhandelt. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden deutschen Freunden fahrlässige Tötung und unterlassene Hilfeleistung vor.

„Es ist unbeschreiblich, so verhalten sich nicht mal Tiere“, hatte der Vater von Greta Nedrotti in einem TV-Interview kurz nach dem Unfall über die Deutschen geschimpft. Zum damaligen Zeitpunkt hatten die Touristen nach Bayern zurückfahren dürfen, was in Italien für Empörung sorgte.

Einer der Deutschen stellt sich am Brenner

Als dann ein europäischer Haftbefehl ausgestellt wurde, stellte sich einer der beiden – der mutmaßliche Lenker an jenem Abend – der Polizei in einer Nacht-und-Nebel-Aktion am Brenner. Er kam in Untersuchungshaft und dann in Hausarrest.

Anders als sein Kumpel – wohl der Besitzer des Luxus-Motorboots der prestigeträchtigen Marke Riva – werde er zum Prozessauftakt vor Gericht erscheinen, kündigten die Verteidiger diese Woche an.

Ob er auch eine Erklärung abgibt, ist offen. Eigentlich stehen am Tribunale di Brescia zunächst vor allem organisatorische Fragen an. Die Beweise scheinen eindeutig, in dem Fall geht es sofort mit dem Hauptverfahren los. In dem für extrem lange Prozesse bekannten Italien könnte ein Urteil also schnell fallen.

Im Verhandlungssaal 25 werden auch Angehörige der Opfer erwartet. Sie treffen erstmals auf einen der beiden Deutschen. Nach Auskunft von Raimondo Dal Dosso, Anwalt der Familie Garzarella, wurde jüngst eine Einigung über eine Entschädigungszahlung für die Familien erreicht. Wie viel eine deutsche Versicherung zahlt, verriet er nicht. Die Hinterbliebenen würden sich aber als Nebenkläger zurückziehen.

Vieles aus der Todesnacht hatten Ermittler bereits rekonstruieren können: Nach Aussagen von Zeugen – auch in Medien – seien die Deutschen am späten Abend nach einem Restaurantbesuch in San Felice del Benaco mit dem Boot losgefahren. Eine Überwachungskamera zeigte, wie die Riva – die mit Motoren mit Hunderten PS ausgestattet werden kann – durch die Nacht raste.

Münchner mit vierfacher Geschwindigkeit gefahren

Das Boot hatte verbotenerweise die grellen Frontlichter an, wodurch die Sicht auf die Umgebung eingeschränkt war. Sachverständige errechneten, dass die Münchner mit dem Vierfachen der erlaubten Geschwindigkeit unterwegs waren.

Um 23.24 Uhr kam es dann vor dem Örtchen Portese zu dem tödlichen Crash: Auf den Videobildern ist ein kleiner, schwacher Punkt zu sehen, das Boot des italienischen Pärchens. Dann nähert sich schnell ein großer, greller Punkt. Beim Aufprall hebt das Motorboot ab, bremst danach aber nicht.

Die Deutschen gaben Medienberichten zufolge bei der Befragung der Polizei an, dass sie von Treibholz ausgegangen seien.

Greta habe sich mit Umberto treffen wollen, um dann auf eine Party zu gehen, erzählte ihre Mutter der Bild-Zeitung im August. In der Nacht habe sie selbst vergeblich versucht, ihre Tochter zu erreichen. Erst am Morgen entdeckte ein Fischer Umberto tot in dem Boot. Taucher fanden Greta in knapp 100 Metern Tiefe am Grund des Sees.

Zunächst war vermutet worden, dass der jungen Frau hätte geholfen werden können, wenn die beiden Deutschen nach dem Aufprall umgedreht hätten. Ein Gerichtsmediziner stellte laut Medienberichten später aber fest, dass Greta ihren Verletzungen auf jeden Fall erlegen wäre.

© dpa-infocom, dpa:211110-99-934488/2



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