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Druck für genaueren Fahrplan zur Corona-Impfpflicht steigt

Die SPD hat bisher eher allgemein in Aussicht gestellt, den Abschluss eines Gesetzgebungsprozesses zu einer Impfpflicht «im ersten Quartal» anzustreben. Foto: Frank Hammerschmidt/dpa-Zentralbild/dpa
Die SPD hat bisher eher allgemein in Aussicht gestellt, den Abschluss eines Gesetzgebungsprozesses zu einer Impfpflicht «im ersten Quartal» anzustreben. Foto: Frank Hammerschmidt/dpa-Zentralbild/dpa

Kommt sie und wenn ja, wann und wie? Zum Start ins parlamentarische neue Jahr werden Erwartungen lauter, beim umstrittenen Vorhaben einer Impfpflicht konkret zu werden – doch wie eilig soll es damit sein?

Berlin (dpa) – In der Debatte um eine allgemeine Corona-Impfpflicht wächst der Druck auf die Ampel-Koalition, einen genaueren Fahrplan festzulegen. Die oppositionelle Union verlangte erneut mehr Tempo.

Die Bundesregierung bekräftigte, Kanzler Olaf Scholz (SPD) sei klar für die Impfpflicht. Er respektiere aber das Vorgehen des Bundestags, wie dieser den Zeitplan gestalten wolle, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann. Ins Gespräch kommen auch weitere Varianten – darunter ein schrittweises Ausweiten der schon beschlossenen Impfpflicht für Beschäftigte in Einrichtungen mit Corona-Risikogruppen zunächst auch auf andere Bereiche.

Die CDU verlangte von der Koalition, eine Gesetzesvorlage zu erarbeiten. Im Grundsatz sei man sich einig, es gehe nun aber um die Umsetzung, sagte Generalsekretär Paul Ziemiak in Berlin. Da müsse die Bundesregierung einfach jetzt liefern. „Nichtstun ist keine Option, das verunsichert die Menschen.“ In seiner Partei seien „die führenden Personen“ für eine Impfpflicht, erläuterte Ziemiak. Und die CDU sei auch jederzeit bereit, über diese wichtigen Fragen zu sprechen. „Der Sitzungskalender des Bundestags ist kein Hindernis.“

Tatsächlich richten sich jetzt verschärfte Blicke auf den Kalender. Denn eine Zielzeit, ab wann eine zuvor lange ausgeschlossene Pflicht greifen solle, hatte Scholz früh genannt: „Anfang Februar oder Anfang März“. Über die Regelungen dafür soll der Bundestag nach Plänen von SPD, FDP und Grünen aber in freier Abstimmung ohne Fraktionsvorgaben entscheiden. Und eben nicht über ein Vorhaben der Koalition, das dann auch eine Koalitionsmehrheit bekommen müsste. Hintergrund sind auch offen sichtbare unterschiedliche Positionen in den Ampel-Reihen – vor allem aus der FDP sind schon verbreitete Vorbehalte laut geworden.

Klar ist inzwischen, dass es Ende Januar wohl zunächst eine offene „Orientierungsdebatte“ über das ethisch sensible Thema geben soll. In der vergangenen Wahlperiode gab es das etwa schon zu Neuregelungen bei der Organspende oder zu Bluttests vor der Geburt unter anderem auf ein Down-Syndrom des Kindes. In solchen Grundsatzdebatten melden sich viele Abgeordnete in kurzen Reden zu Wort, manche schilderten dabei zuletzt auch berührende persönliche Eindrücke und Erlebnisse. Konkrete Gesetzesanträge müssen da noch nicht auf dem Tisch liegen.

Die SPD hat bisher eher allgemein in Aussicht gestellt, den Abschluss eines Gesetzgebungsprozesses „im ersten Quartal“ anzustreben – also bis spätestens Ende März. Wie passt das zur Zielvorgabe des Kanzlers? Noch mehr Wirbel gab es übers Wochenende darüber, dass im ganzen Monat Februar vorerst nur eine einzige Sitzungswoche des Parlaments im Kalender steht. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte am Montag im TV-Sender „Welt“: „Es ist aber auch so, dass der Bundestag jederzeit handlungsfähig ist und eine Sondersitzung einberufen werden kann, wenn es die Situation erfordert.“ Der Zeitplan sei aber auch ohne machbar, dass man im März im ersten Quartal zu einem Abschluss komme.

Dabei heben die Ampel-Partner mittlerweile stärker hervor, dass das Thema „in Ruhe“ beraten werden solle – und es auch nicht um die ganz akute Krisenbekämpfung gehe. Eine Impfpflicht helfe jetzt nicht in der Omikron-Welle, sondern schütze im besten Fall in der kommenden Herbst/Winter-Saison vor weiteren Wellen, sagte Janosch Dahmen von den Grünen im Deutschlandfunk. Der Gesundheitsexperte schlug nun ein zweistufiges Vorgehen vor: In einem nächsten Schritt solle man die bereits beschlossene einrichtungsbezogene Impfpflicht auf andere Bereiche wie Feuerwehr, Polizei oder Justizvollzug ausweiten – und dann so schnell wie möglich zur allgemeinen Impfpflicht kommen.

Eine Pflicht für Personal in Einrichtungen mit schutzbedürftigen Menschen wie Pflegeheimen und Kliniken war schon im Dezember besiegelt worden. Beschäftigte müssen nun bis Mitte März nachweisen, dass sie geimpft oder genesen sind. Dahmen sagte, für eine allgemeine Pflicht sei es richtig, sich Zeit für Beratungen zu nehmen. „Führung bedeutet nicht Basta-Politik, sondern die Gesellschaft mitzunehmen und Gräben zu überwinden.“ Die dazu vorgesehenen Gruppenanträge ermöglichten „eine parteiübergreifende Entscheidungsfindung, die auch zur Depolarisierung in der Gesellschaft beiträgt“.

Konkret sind drei mögliche Initiativen in Sicht, hinter denen sich Unterstützer versammeln können. Zuerst auf den Tisch kam ein Antrag einer Gruppe um FDP-Vize Wolfgang Kubicki, der sich klar gegen eine Impfpflicht ausspricht. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) arbeitet nach eigenen Worten „als Abgeordneter“ an einem Antrag für eine Impfpflicht für alle ab 18 Jahren. Der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann regte eine altersabhängige Regelung wie in Italien an, wo sie für Über-50-Jährige gilt. Dies wäre verhältnismäßig, wenn das Funktionieren des Gesundheitswesens gefährdet sei. Auch im Ethikrat gab es in einem Mehrheitsvotum für eine Impfpflicht zwei Positionen zum Ausmaß: für alle ab 18 oder nur für Ältere und Vorerkrankte.

© dpa-infocom, dpa:220110-99-657911/2


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