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„Willkommen 2021“: Silvester zwischen Corona und Sektlaune

Ein Feuerwerk wird bei der ZDF-Silvestershow 'Willkommen 2021' am Brandenburger Tor gezündet. Foto: Christoph Soeder/dpa
Ein Feuerwerk wird bei der ZDF-Silvestershow 'Willkommen 2021' am Brandenburger Tor gezündet. Foto: Christoph Soeder/dpa

2020 ist geschafft. Weltweit begrüßen die Menschen das neue Jahr – in der Hoffnung, dass es besser wird als die vergangenen zwölf Monate im Zeichen der Corona-Pandemie. Vielerorts verlaufen die Silvesterfeiern anders als sonst, vor allem ruhiger – mit einigen Ausnahmen.

In der Hoffnung auf ein Ende der Corona-Pandemie haben Menschen in aller Welt das Jahr 2021 begrüßt. In Deutschland wirkten viele Straßen wie leer gefegt, es waren weniger Menschen unterwegs als sonst zu Silvester.

Geböllert wurde aber trotz des Verkaufsverbots, auch Feuerwerk leuchtete am Himmel. Polizei und Rettungsdienste sprachen meist von ruhigen Lagen. Häufig wunderten sich Polizisten aber über die Böllerbestände von Feiernden. Die Luft an Neujahr war besser als sonst.

Größere Vorfälle wurden zunächst kaum gemeldet – allerdings brannte in Berlin ein Supermarkt mit darin lagernden Feuerwerkskörpern aus und hielt Dutzende Einsatzkräfte in Atem.

Die größte Silvesterparty Deutschlands und das Höhenfeuerwerk am Brandenburger Tor in Berlin waren wegen des geltenden Lockdowns abgesagt worden.

Private Feiern waren bundesweit nur in kleinem Rahmen erlaubt. Zudem galt vor Silvester ein grundsätzliches Verkaufsverbot von Feuerwerk – vor allem um typische Verletzungen zu vermeiden und so die Krankenhäuser zu entlasten.

Mehrere Unfälle

Trotz des Verkaufsverbots für Feuerwerk wurde in Deutschland teils kräftig geböllert, in Berlin etwa – nahe der Grenze zu Polen – knallte es ordentlich. „Man wundert sich über die Bestände, die manche Leute angeblich noch aus dem letzten Jahr hatten“, sagte im ebenfalls grenznahen Kaiserslautern ein Polizeisprecher.

Der Verdacht liege nahe, dass sich einige Böller und Raketen übers Internet oder aus dem Ausland besorgten. Auch die Feuerwehr-Gewerkschaft DFeuG sprach von „verhältnismäßig viel privatem Feuerwerk und Geböller“.

Mit dem deutschen Verkaufsverbot von Feuerwerkskörpern sollten Menschenansammlungen und damit Corona-Infektionen vermieden werden. Die Luft an Neujahr war besser als sonst. Die Deutsche Umwelthilfe forderte fürs nächste Silvester „neben einem Verkaufs- auch ein Anwendungsverbot, damit die Menschen in Deutschland wirklich keine giftige Luft mehr atmen müssen oder schwer verletzt werden“.

Überhaupt knallten in vielen Städten trotz des Verkaufsverbots zahlreiche Böller und Raketen – besonders in Berlin. Wie andernorts sprach die Polizei auch dort trotzdem von einer ungewohnt ruhigen Silvesternacht – mit einer großen Ausnahme.

In Berlin-Buckow ging ein rund 800 Quadratmeter großer Supermarkt in Flammen auf und stürzte teils ein. In einem Teil des Gebäudes schienen Feuerwerkskörper gelagert worden zu sein, die explodierten und durch die Gegend flogen, wie ein Feuerwehrsprecher schilderte.

Die rund 100 angerückten Einsatzkräfte konnten nur von außen gegen die Flammen kämpfen. Menschen seien nicht in Gefahr, hieß es. Verletzt wurde nach ersten Erkenntnissen niemand.

Gut zu tun hatten die Einsatzkräfte auch in Leipzig, wo sieben Bundeswehr-Jeeps auf dem Gelände eines Autohandels ausbrannten. Die Polizei ging von Brandstiftung aus.

In Essen setzten rund 30 Jugendliche zunächst Mülltonnen in Brand und bewarfen dann anrückende Feuerwehrkräfte massiv mit Böllern, wie ein Polizeisprecher sagte. Zur Verstärkung eilende Polizisten seien ebenfalls mit Feuerwerkskörpern beworfen worden. Einen 16-Jährigen nahmen die Beamten schließlich fest, verletzt wurde keiner der Einsatzkräfte.

Schwere Verletzungen und Toter

Illegale Böller wollte ein 21-Jähriger im rheinischen Moers unters Volk bringen. Er hatte an Silvester laut Polizei große Mengen in einer Garage aufgebaut. Anwohner riefen die Polizei. Der junge Mann erhielt eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz.

Schwere Unfälle mit Feuerwerk gab es wieder etliche in Deutschland: So starb ein 24-Jähriger in Brandenburg bei einem Unfall mit selbstgebastelter Pyrotechnik. In Schmalkalden in Thüringen wurde ein 24-Jähriger durch einen zu früh explodierenden Böller schwer verletzt. Er drohe zu erblinden, hieß es von der Polizei.

Drei junge Männer wurden bei einer Explosion in einem Wohnhaus bei Osnabrück verletzt. Die Männer hatten mit Chemikalien hantiert. Dabei kam es im Obergeschoss einer Doppelhaushälfte in Hilter zu der Explosion. Einem 21-Jährigen wurden Teile von Gliedmaßen abgetrennt.

Einem 25-Jährigen im Elsass wurde von einem Feuerwerkskörper „der Kopf abgerissen“, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete – sie berief sich auf die Präfektur des Départements Bas-Rhin. Ein weiterer Mann wurde bei dem Unfall bei Straßburg schwer am Kopf verletzt.

Feiern im kleinen Kreis

„Dass es für Silvester so ruhig ist, hätten wir nicht gedacht“, sagte ein Sprecher der Münchner Berufsfeuerwehr kurz nach Mitternacht. Die Düsseldorfer Innenstadt, wo ein Böllerverbot galt, war bis kurz vor Mitternacht menschenleer – ebenso war es zum Beispiel in Nürnberg. In Köln seien die Sperrbereiche respektiert worden, sagte ein Polizeisprecher. Es habe überhaupt keine Probleme gegeben.

In Berlin, aber auch andernorts musste die Polizei zudem immer wieder kleinere Menschengruppen auflösen. Mehr als 80 Regelbrecher wurden dort vorübergehend festgehalten wegen Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz, wie ein Sprecher sagte.

Mindestens drei Beamte wurden demnach im Einsatz leicht verletzt, konnten den Dienst aber fortsetzen. Polizeisprecherin Patricia Brämer fand dennoch lobende Worte. „Wir möchten uns bei den vielen Berlinerinnen und Berlinern bedanken, die sich an die Verordnungen gehalten haben.“

Die meisten Berliner feierten im kleinen Kreis ins neue Jahr. Die Maßnahmen stießen bei vielen auf Verständnis. Manche, wie der 49-jährige Stefan, der mit einer Freundin in Neukölln spazierte, fanden es sogar „ganz hervorragend, dass weniger geballert wird“. Zwei 25 Jahre alte Frauen konnten das Verbot ebenfalls „voll nachvollziehen“, freuten sich aber auch ein bisschen über den zivilen Ungehorsam, den sie auf der Straße sahen.

Am Brandenburger Tor herrschte ungewohnte Leere. Das ZDF strahlte seine traditionelle Silvestershow live, aber ohne Publikum vor Ort aus, der Applaus kam vom Band. Fernsehzuschauer konnten sich bewerben, um über Video in der Sendung „Willkommen 2021“ eingeblendet zu werden. Das traditionelle Höhenfeuerwerk hatte der Sender abgesagt.

Die Fernseher in Deutschland liefen häufiger. Deutlich mehr Interesse gab es diesmal an der – wohl letzten – Neujahrsansprache von Kanzlerin Angela Merkel, die fast neun Millionen Zuschauer schauten. 2019 hatten nur etwa 5,1 Millionen bei ARD und ZDF eingeschaltet.

Lage „tendenziell ruhig“

Abgebranntes Feuerwerk liegt auf einer Straße in Berlin - im Hintergrund der Fernsehturm am Alexanderplatz. Foto: Christophe Gateau/dpa
Abgebranntes Feuerwerk liegt auf einer Straße in Berlin – im Hintergrund der Fernsehturm am Alexanderplatz. Foto: Christophe Gateau/dpa

Und wie wurde sonst in Deutschland gefeiert? Tendenziell ruhig. „Kein Vergleich mit vorangegangenen Jahren“, sagte ein Polizeisprecher in Mainz. Ähnliches war aus München, Bremen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern zu hören.

Die Düsseldorfer Innenstadt, wo ein Böllerverbot galt, war bis kurz vor Mitternacht menschenleer. Aus Hamburg hieß es vom Lagedienst, vereinzelt hätten Beamte Feuerwerkskörper eingesammelt, die Straßen seien aber zunächst sehr leer gewesen.

Anders war die Lage in der Oberpfalz, wo die Polizei in der Silvesternacht zu rund 30 Einsätzen wegen möglicher Verstöße gegen die Infektionsschutzmaßnahmen fuhr und mehrere Neujahrspartys auflöste. Durch Beschwerden wegen Ruhestörung sei man dort auf Feiern mit vielen Haushalten und Verstöße gegen die Ausgangsbeschränkungen aufmerksam geworden, hieß es.

Vielerorts beendete die Polizei kleinere Wohnungspartys. In Oldenburg etwa sprengte die Polizei eine Party mit 18 Personen. Die Partygäste im Alter zwischen 18 und 25 Jahren zeigten sich uneinsichtig, Ordnungswidrigkeitsverfahren wurden eingeleitet.

In Wiesbaden-Rambach wurde eine Party mit etwa 50 Personen aufgelöst. Die Polizei leitete 37 Verfahren ein – die anderen Gäste hatten sich zuvor entfernt.

In Köln stellte die Polizei nach einer unerlaubten Technoparty mit etwa 30 Personen in einer Bunkeranlage im Stadtteil Buchforst Strafanzeige gegen zwei Personen. Es soll sich um die Veranstalter handeln.

Auch in Stuttgart kam es bei fünf genehmigten Demonstrationen gegen die Corona-Politik der Bundesregierung und Landesregierung Baden-Württembergs mit Hunderten Teilnehmern wiederholt zu Verstößen gegen die Auflagen.

Insgesamt erinnerte das Bild in deutschen Städten aber eher an den TV-Silvesterklassiker „Dinner for One“, bei dem sich zwei Menschen mit Freunden betrinken, die gar nicht anwesend sind. Manche kochten Fondue zu zweit, andere bestellten sich das Gourmet-Menü aus dem Restaurant für zu Hause oder trafen sich in Sektlaune mit der Familie in einer Videokonferenz.

Auch internationale Feiern reduziert

In vielen Ländern der Welt fielen die Silvesterfeiern wegen der Corona-Pandemie verhaltener aus als sonst. Nicht nur in Italien und Frankreich herrschten nächtliche Ausgangssperren. Viele Partys und Feuerwerke wurden abgesagt, darunter Festivitäten in Amsterdam, London und Rio de Janeiro.

In der italienischen Stadt Bergamo, die bei der ersten Corona-Welle im Frühjahr besonders viele Tote zu beklagen hatte, war manchen gar nicht zum Feiern zumute. Die Verantwortlichen dort organisierten dann aber doch ein spezielles Event mit TV-Aufzeichnung, um das Coronavirus – oder besser das ganze Jahr 2020 – symbolisch zu verbrennen, wie es hieß.

In Griechenland wurde der Jahreswechsel landesweit mit riesigen Feuerwerken gefeiert – es wurde weitaus mehr geböllert als zuvor. Medien berichteten von „einer der spektakulärsten pyrotechnischen Shows aller Zeiten“. Feuerwerk zu Silvester ist in Griechenland längst nicht so üblich wie in Deutschland. Weil dieses Jahr aber ein Ausgangsverbot galt, überboten sich Städte in Sachen Pyrotechnik.

Während das berühmte Pariser Feuerwerk in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie entfallen musste, kamen Elektro-Liebhaber auf ihre Kosten. Gleich zwei Stars inszenierten Shows vor der Kulisse von Pariser Wahrzeichen: Elektropop-Pionier Jean Michel Jarre (72) läutete das neue Jahr in einer virtuellen Notre-Dame-Kathedrale ein, Elektro-DJ David Guetta (53) beglückte seine Fans mit einer aufgezeichneten Musikshow vor dem Louvre.

2021 startete auf Samoa und Kiribati

In vielen Ländern begann das neue Jahr schon deutlich früher: Als weltweit Erste – bereits um 11 Uhr mitteleuropäischer Zeit – rutschten die Südsee-Inseln Samoa und Kiribati ins neue Jahr. Auch dort war die Neujahrsstimmung wegen Corona gedämpft.

Eine Stunde später schossen in Neuseeland die Feuerwerkskörper in die Höhe. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern verzeichnete der Inselstaat im Südpazifik seit mehr als einem Monat keine lokalen Corona-Fälle mehr.

Daher fanden Musikfestivals und Feuerwerksshows ohne Begrenzungen der Besucherzahl oder andere Einschränkungen statt. Am Hafen und Opernhaus von Sydney in Australien waren beim Feuerwerk diesmal keine Zuschauer zugelassen.

Mit einem farbenprächtigen Feuerwerk samt Lasershow am höchsten Gebäude der Welt – dem Burdsch Chalifa – begrüßte Dubai das neue Jahr. In Moskau gab es trotz Corona-Sperrstunde ein großes Feuerwerk am Kreml.

In anderen Ländern mussten sich die Menschen noch etwas gedulden – so auch in den verschiedenen Zeitzonen der USA: New York konnte das neue Jahr erst um 6.00 Uhr MEZ mit dem ‚Ball Drop‘ am Times Square begrüßen, bei dem ein leuchtender Kristallball an einem Mast hinabgelassen wird – diesmal aber vor wenigen Schaulustigen statt wie sonst Tausenden. Um 9.00 Uhr folgte Los Angeles an der Westküste und erst um 11.00 Uhr Honolulu im Bundesstaat Hawaii.

Bis 13.00 Uhr MEZ am 1. Januar dauerte es, bis der ganze Globus ins neue Jahr gerutscht ist. Als letztes waren die Bakerinsel und die Howlandinsel im Pazifik dran. Stören dürfte sich daran niemand: Beide Inseln sind unbewohnt.

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