Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hält die bisherigen Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus für nicht ausreichend. Altmaier sagte am Montag mit Blick auf die anhaltend hohen Infektionszahlen, man werde in den nächsten Tagen und Wochen sehr intensive Beratungen führen müssen.
Die Entwicklung der Zahlen sei „weit hinter unseren Erwartungen zurück“, sagte Altmaier. „Man wird sagen können und sagen müssen, dass unsere bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen, um die zweite Infektionswelle wirklich zu brechen.“ Der Minister äußerte sich in Berlin vor einer Videokonferenz der für Telekommunikation zuständigen EU-Minister.
Nach der Konferenz sagte Altmaier, wenn man wolle, dass Weihnachten in einem bescheidenen familiären Rahmen möglich ist, müsse man sich frühzeitig Gedanken darüber machen, was davor und danach geschehen müsse. Für ihn sei das Mindeste, dass es in Corona-Hotspots zusätzliche Maßnahmen gebe.
Erste Bundesländer mit Verschärfungen
Auch Nordrhein-Westfalen schließt eine bundesweite Verschärfung der Corona-Maßnahmen nicht aus. „Sollte sich die Gesamtlage nicht zeitnah verbessern, erscheint auch bundesweit ein noch restriktiveres Vorgehen notwendig, um die Zahl der Neuinfektionen überall deutlicher zu reduzieren“, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf.
„Dass Länder mit einem flächendeckend zusätzlich herausfordernden Infektionsgeschehen weitere Maßnahmen ergreifen, entspricht der Logik des gemeinsamen Beschlusses der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin“, erklärte er. Nordrhein-Westfalen setze weiter auf den engen Schulterschluss von Bund und Ländern.
Der saarländische Regierungschef Tobias Hans hat rasch eine zusätzliche Konferenz der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU) gefordert. Er plädiere „dafür, kurzfristig, am besten im Laufe der kommenden Woche, in der Runde der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin erneut zusammenzukommen, um uns mit der aktuellen Lage zu befassen“, sagte Hans dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel am Montag.
Ziel müsse die bundesweite Rücknahme der zum Jahreswechsel geplanten Lockerungen sein. Nach Weihnachten und vor Silvester solle zu den strengeren Corona-Regeln zurückgekehrt werden. Ursprünglich hatten sich die Regierungschefs der Länder mit Merkel grundsätzlich darauf geeinigt, dass die geplanten Lockerungen vom 23. Dezember bis spätestens zum 1. Januar gelten sollten.
Braun hält an Ziel von Inzidenz unter 50 fest
Der Präsident des Deutschen Städetages, Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung, hat sich im Falle steigender Infektionszahlen für härtere Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ausgesprochen.
Vor allem wenn eine Inzidenz über 200 oder 300 erreicht werde, sei es „dringend geboten, auch noch einmal für einige Wochen einen stärkeren Lockdown zu machen“, sagte Jung, der auch Leipziger Oberbürgermeister ist, am Montag im ARD-Morgenmagazin. Anders könne man die Situation nicht in den Griff bekommen.
Kanzleramtschef Helge Braun bekräftigte am Sonntagabend das Ziel, unter die Marke von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern pro Woche zu kommen. Am Sonntag überschritten auch Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein als die beiden Länder mit den geringsten Infektionszahlen den Schwellenwert.
Es gibt aber immer wieder Landkreise, die den Wert von 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen überschreiten. Besonders betroffen ist zurzeit Sachsen.
Braun sagte im Bild-Talk ‚Die richtigen Fragen‘, man werde „mindestens in den Hotspots nochmal richtig deutliche Verschärfungen machen müssen“. Jede Region, jedes Bundesland und jeder Landkreis müsse eine Dynamik aufweisen, die zügig unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern pro Woche heruntergehe. Wenn es von Länderseite die Bereitschaft gebe, etwas gemeinsam gegen die Hotspots zu tun, dann sei die Bundesregierung sofort dabei, sagte Braun.
Bayern vor Verschärfung
Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) hatte zuvor eine weitere Ministerpräsidentenkonferenz noch vor Weihnachten ins Gespräch gebracht. Man werde „wahrscheinlich“ noch einmal eine Konferenz vor Weihnachten brauchen, sagte Söder am Sonntag nach einer Sondersitzung seines Kabinetts in München. Man müsse sich wohl noch einmal unterhalten, was an Weihnachten und insbesondere über Silvester stattfinde.
Die Einberufung einer neuen Bund-Länder-Runde in dieser Woche forderte auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Auch sollten die Geschäfte aus seiner Sicht nach Weihnachten „mindestens zwei Wochen“ schließen, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Ähnlich hatte er sich im Tagesspiegel und in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe geäußert.
Ende November hatten Bund und Länder nur allgemein vereinbart, dass bei besonders hohen Infektionslagen mit einer Inzidenz von über 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern pro Woche noch einmal verschärfte Maßnahmen ergriffen werden.
Bund und Länder hatten vereinbart, bei Familientreffen vom 23. Dezember bis 1. Januar zehn Personen plus Kinder zuzulassen. In Bayern beschloss das Kabinett nun, die geplanten Lockerungen nur noch vom 23. bis zum 26. Dezember aufrecht zu erhalten.
Nun sind in Bayern nur noch vom Tag vor Heilig Abend bis zum zweiten Weihnachtsfeiertag Treffen über zwei Hausstände hinaus mit bis zu maximal zehn Personen erlaubt. Ansonsten dürfen maximal fünf Leute aus zwei Hausständen zusammen sein. Eine ähnliche Regelung hat bereits Baden-Württemberg. In Berlin sind über die gesamten Feiertage maximal fünf Leute erlaubt.
Feiertage im Fokus
Auch in anderen Bundesländern wird darüber nachgedacht, von Erleichterungen über die Feiertage abzurücken. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte am Sonntagabend in der ZDF-Sendung Berlin direkt, es müsse „nachgesteuert“ werden in den Hotspots. „Wir sprechen in der Regierung darüber, was es noch für Möglichkeiten gibt. Wir werden da sicherlich im Laufe dieser Woche auch noch weitere Entscheidungen treffen.“
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier sagte am Sonntagabend im ARD Bericht aus Berlin, er glaube, dass eine Ausgangssperre bei Inzidenzwerten über 200 notwendig sei. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) wurde von der Funke-Mediengruppe mit den Worten zitiert: „Es wird keine Entlastungen für Weihnachten und Silvester geben.“ Am Dienstag soll das Kabinett darüber beraten.
Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hatte in der Augsburger Allgemeinen am Samstag gemahnt: „Eines ist doch klar: Wir dürfen kein Risiko eingehen, auch nicht an Silvester.“
Kanzleramtschef Braun betonte, der Spielraum bis Silvester sei gedacht gewesen für Menschen, die über Weihnachten arbeiten müssen. Diese Regelung dürfe aber kein Einfallstor für Millionen andere sein, Silvester Partys zu feiern. Braun warb dafür, Weihnachtsbesuche bis 27./28. Dezember zu beschränken.
Besorgnis über hohe Todeszahlen
Besorgt ist die Politik nicht nur über die anhaltend hohe Zahl von Neuinfektionen, sondern auch über die gestiegene Zahl von Toten infolge eine Coronavirus-Infektion. Der bisherige Höchstwert war mit 487 Todesfällen am vergangenen Mittwoch registriert worden.
Braun warnte davor, sich an solche Zahlen zu gewöhnen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte im RTL-Jahresrückblick am Sonntagabend: „Wir reden gerade viel darüber, wie wir Weihnachten feiern. Diese Menschen werden Weihnachten gar nicht mehr feiern.“
Der CDU-Politiker forderte zugleich mehr Solidarität in der Gesellschaft. Während manche „mit 40, 50 Mann am Glühweinstand“ stünden, arbeiteten zur selben Zeit Pflegekräfte rund um die Uhr und gäben „alles, um Menschen eben das Überleben möglich zu machen“, betonte der Gesundheitsminister.
Derweil sagte Braun, er gehe von einem Impfstart Anfang 2021 aus. „Ich rechne damit, dass das ganz früh im nächsten Jahr in den allerersten Tagen losgehen kann“, sagte Braun im Bild-Talk ‚Die richtigen Fragen‘.
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