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Wenig Vorfreude in Peking auf die Spiele

Von Olympia-Stimmung ist in Peking wenig zu spüren: Volunteers stehen vor den olympischen Ringen für ein Selfie. Foto: Peter Kneffel/dpa
Von Olympia-Stimmung ist in Peking wenig zu spüren: Volunteers stehen vor den olympischen Ringen für ein Selfie. Foto: Peter Kneffel/dpa

Corona-Pandemie, Menschenrechtskritik und ein „neuer Kalter Krieg“ belasten die Winterspiele in Peking. Wintersport ist in China auch wenig verbreitet. Von Lust auf Olympia lässt sich kaum reden.

Peking (dpa) – Zum Beginn der Olympischen Winterspiele hält sich die Begeisterung vieler Pekinger in Grenzen.

„Ich hatte die Gelegenheit, zur Eröffnungsfeier ins Vogelnest zu gehen“, erzählt eine 51-jährige Ärztin, die nahe des Olympia-Geländes in einer Klinik arbeitet. „Keiner in unserer Parteizelle wollte gehen. Jetzt geht der Parteisekretär“, schildert die Medizinerin. Ohnehin sei Wintersport im Milliardenreich nicht so verbreitet. Diese Sportarten hätten mit den einfachen Chinesen wenig zu tun. „Die Begeisterung für Winterspiele ist definitiv nicht so groß wie für Sommerspiele.“

Olympia ist kaum bemerkbar

In der 22-Millionen-Metropole ist vor der Eröffnung am 4. Februar (13.00 Uhr/ZDF und Eurosport) wenig von olympischer Stimmung zu spüren. Die Straßen sind vielmehr zum laufenden chinesischen Neujahrsfest mit roten Lampions geschmückt. Olympia macht sich nicht bemerkbar – außer in der Werbung im Fernsehen oder auf Plakatwänden, wo mit Wintersportlern geworben wird.

Erst die speziell markierten Sonderfahrspuren für den Olympia-Verkehr auf einigen Straßen haben viele darauf aufmerksam gemacht, dass ja bald die Winterspiele stattfinden. Auffällig sind auch die hoch und grün umzäunten Luxushotels, wo Gäste wegen der Corona-Pandemie in der hermetisch abgeriegelten „Olympia-Blase“ wohnen. Sie erleben die Stadt nur aus dem Shuttlebus.

Von Land und Leuten außerhalb dieser „geschlossenen Kreisläufe“ bekommen die Sportler und anderen Teilnehmer sehr wenig mit. Es geht weniger um den Schutz der Gäste vor Infektionsgefahr von außen als vielmehr darum, dass sich China vor einem Import des Virus schützen will. Tests vor dem Abflug, bei der Ankunft und täglich in der Blase für alle Teilnehmer: Dutzende werden täglich positiv getestet, in Quarantäne-Hotels isoliert.

Respekt genießen die freiwilligen Helfer

„Ich bin nicht allzu besorgt“, sagt eine 28-jährige Pekinger Lehrerin. „Aber die Möglichkeit, dass das Virus eingeschleppt wird, ist schon ziemlich groß.“ Allgemein wird aber den Behörden vertraut, dass die Vorsichtsmaßnahmen ausreichen. Respekt genießen die Tausenden freiwilligen Helfer, die in die Olympia-Blase gegangen sind, um bei der Organisation zu helfen. „Es ist nicht einfach für sie“, sagt die Lehrerin. „Sie widmen sich dem olympischen Geist, aber tragen das Risiko einer Infektion.“ Einige sind mit der Quarantäne vorher und nachher auch wochenlang von zuhause weg.

Die Sicherheitsmaßnahmen sind extrem. Rund 150 Mitglieder eines Kinderchors, der schon seit Dezember für die Eröffnungsfeier am Freitagabend im „Vogelnest“ genannten Nationalstadion probt, mussten eine Woche vorher mit einem Elternteil in ein Quarantäne-Hotel. Wielange sie nach dem Spektakel derart isoliert bleiben müssen, wurde ihnen noch nicht einmal mitgeteilt.

Gefühl der Isolation Chinas

Auf der Zuschauertribüne werden viele „Freunde“ Chinas sitzen, allen voran international umstrittene Persönlichkeiten wie Russlands Präsident Wladimir Putin oder Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman. Wegen der Spannungen mit China und seiner Menschenrechtsverletzungen boykottieren hingegen Länder wie die USA, Großbritannien, Kanada oder Australien die Feier, indem sie keine Politiker entsenden.

Auch Deutschland ist nicht einmal mit einem Diplomaten vertreten, scheut aber wie auch Japan offenbar eine deutliche Erklärung, die in Peking als Boykott verstanden werden könnte. Immerhin ist UN-Generalsekretär António Guterres dabei, obwohl die USA laut Presseberichten noch versucht haben sollen, ihn davon abzuhalten.

Es bleibt ein Gefühl der Isolation Chinas, während viel vom „neuen Kalten Krieg“ oder einer Bedrohung durch die aufstrebende neue Großmacht China die Rede ist. Auch die Lehrerin spürt große Unterschiede gegenüber der Stimmung bei den Sommerspielen 2008 in Peking, als ein Gefühl des Aufbruchs und der Öffnung vorherrschte. „Damals haben wir das Lied ‚Meine Tür ist immer offen‘ gesungen, was ziemlich sensationell war“, erinnert sie sich. „Wir wollten uns mit der Welt vertraut machen“, schildert die 28-Jährige. „Aber diesmal habe ich das Gefühl, als wenn es nichts mit mir zu tun hat.“

© dpa-infocom, dpa:220203-99-958474/2


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