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Rassismus im Fußball: „Wir können Hass nicht siegen lassen“

Kevin Prince Boateng (M) verlässt im Mai 2013 während des Freundschaftsspiels zwischen dem AC Mailand und Pro Patria das Spielfeld. Foto: Daniele Mascolo/ANSA/dpa
Kevin Prince Boateng (M) verlässt im Mai 2013 während des Freundschaftsspiels zwischen dem AC Mailand und Pro Patria das Spielfeld. Foto: Daniele Mascolo/ANSA/dpa

Berlin (dpa) – Rassistische Vorfälle wie beim Spiel des MSV Duisburg gegen den VfL Osnabrück gab es schon öfter. Einmalig für den deutschen Profi-Fußball war dagegen die Entscheidung des Schiedsrichters, erst das Spiel zu unter- und dann abzubrechen.

Das richtige Zeichen, wie viele meinen. Rassismus kommt in der Stadien überall in der Welt vor. Und oft sind nicht nur Zuschauer die Täter.

Markante Beispiele für rassistische Vorfälle in den vergangenen Jahren im Fußball:

Januar 2013: Nach 26 Minuten im Testspiel des AC Mailand gegen Pro Patria reicht es Kevin-Prince Boateng. Der gebürtige Berliner, damals Nationalspieler Ghanas, führt sein Team vom Feld, weil er und seine dunkelhäutigen Teamkollegen wiederholt von gegnerischen Fans rassistisch verhöhnt werden. Das Spiel wird abgebrochen. Für die Reaktion bekommen Boateng und sein Team Anerkennung.

Mai 2013: Beim Duell der AS Rom mit AC Mailand beleidigen die Heimfans die dunkelhäutigen Milan-Profis Mario Balotelli und Kevin-Prince Boateng mit rassistischen Sprechchören. Das Spiel wird unterbrochen, über die milde Geldstrafe von 50.000 Euro für die Römer diskutieren Italien und der internationale Fußball danach tagelang.

Oktober 2013: Manchester City spielt in der Champions League bei ZSKA Moskau. Wegen rassistischer Rufe von den Rängen beschwert sich City-Kapitän Yaya Touré bei Schiedsrichter Ovidiu Hategan. Weil der Unparteiische das nur in seinen Spielbericht aufnimmt, aber nicht mit einem Abbruch der Partie droht, hagelt es Kritik. ZSKA muss im nächsten Heimspiel gegen den FC Bayern München auf einen Teil der Zuschauer verzichten.

Oktober 2019: Das EM-Qualifikationsspiel Englands gegen Bulgarien wird in der ersten Halbzeit zweimal wegen rassistischer Äußerungen bulgarischer Fans unterbrochen. Der Schiedsrichter warnt vor dem Abbruch der Partie. Englische Spieler drohen bereits vor der Begegnung, den Rasen in Sofia bei rassistischen Vorfällen zu verlassen. Das tun sie später nicht und gewinnen 6:0.

November 2019: Der damals 31 Jahre alte Brasilianer Taison von Schachtjor Donezk wird im Duell mit Dynamo Kiew von Zuschauern beleidigt. Er zeigt den Fans den Mittelfinger und schießt den Ball in Richtung Tribüne. Dafür wird er mit Rot bestraft und verlässt unter Tränen das Feld. Im Anschluss ermittelt die Polizei gegen Zuschauer.

November 2019: Fans von Hellas Verona beleidigen Stürmer Mario Balotelli beim Gastspiel mit Brescia Calcio mit Affenlauten und rassistischen Rufen. In der 54. Minute stoppt Balotelli während eines Angriffs den Ball, nimmt ihn in die Hände und schießt ihn in Richtung eines Fanblocks der Gastgeber. Anschließend will er den Platz verlassen, Mitspieler und Gegner überreden ihn aber weiterzuspielen.

Februar 2020: Nach Beleidigungen gegen FC-Porto-Profi Moussa Marega meldet sich sogar der portugiesische Ministerpräsident António Costa zu Wort. Marega verlässt wenige Minuten nach seinem Siegtor zum 2:1 gegen Vitoria Guimarães wütend das Spielfeld, weil Fans ihn beleidigt und Affengeräusche gemacht haben. Er lässt sich weder von seinen Teamkollegen noch von Trainer Sérgio Conceição oder Profis des Gegners von seinem Vorhaben abbringen – die später dafür kritisiert werden, sich nicht angeschlossen zu haben.

Februar 2020: Im DFB-Pokalspiel des FC Schalke 04 gegen Hertha BSC beleidigen Schalke-Fans Hertha-Profi Jordan Torunarigha mit Affenlauten. Die Polizei nimmt Ermittlungen auf. Der 22 Jahre alte Torunarigha stellt Strafanzeige gegen Unbekannt. Schalke bekommt eine Geldstrafe von 50.000 Euro.

Februar 2020: Im Drittliga-Spiel von Preußen Münster gegen die Würzburger Kickers wird Kickers-Spieler Leroy Kwadwo von einem Mann mit Affenlauten beleidigt. Zuschauer zeigen sofort auf den Übeltäter, der zwischenzeitlich in Gewahrsam kommt. Preußen-Fans rufen sofort „Nazis raus“. Kwadwo bedankt sich später für die Reaktion und die große Solidarität. „Der Fußball hat eine große Macht. Wir sollten alle dann zusammenrücken, sagen, so geht es nicht weiter, dann spielen wir einfach nicht“, sagt er im „Aktuellen Sportstudio“.

November 2020: Youssoufa Moukoko wird im A-Jugend-Duell zwischen Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 massiv beschimpft und rassistisch beleidigt. Schalke bekommt eine Geldstrafe und muss die Anzahl der Ordner für Junioren-Spiele gegen Dortmund erhöhen.

Juli 2021: Die Generalprobe der deutschen Olympia-Fußballer in Tokio wird fünf Minuten vor dem Ende abgebrochen. Nach Angaben des DFB wird Verteidiger Jordan Torunarigha in der Partie gegen Honduras in Wakayama rassistisch beleidigt. Die deutsche Mannschaft verlässt gemeinsam beim Stand von 1:1 das Feld. Das Spiel findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

September 2021: Der Dortmunder Jude Bellingham und Raheem Sterling werden beim 4:0 Englands in der WM-Qualifikation gegen Ungarn in Budapest rassistisch beleidigt. Einige Zuschauer haben während der Partie Affenlaute in Richtung der beiden Profis gemacht. Die FIFA leitet ein Disziplinarverfahren gegen Ungarn ein. Einige ungarische Anhänger sind auch vorher rassistisch aufgefallen. „Wir können Hass nicht siegen lassen“, twittert Bellingham.

Dezember 2021: In der 3. Liga wird der Osnabrücker Angreifer Aaron Opoku im Spiel beim MSV Duisburg von einem Mann rassistisch beleidigt. Schiedsrichter Nicolas Winter unterbricht in der 35. Minute das Spiel. Kurz darauf bricht er es ganz ab. Die MSV-Anhänger und die Fans des VfL Osnabrück solidarisieren sich mit Opoku. Referee Winter erhält für seine Entscheidung von vielen Seiten Lob.

© dpa-infocom, dpa:211220-99-458951/3


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