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Löws Fall für Zwei: „Spielertrainer“ Müller und Hummels

Sollen vorangehen beim DFB-Team: Mats Hummels (l) und Thomas Müller. Foto: Christian Charisius/dpa
Sollen vorangehen beim DFB-Team: Mats Hummels (l) und Thomas Müller. Foto: Christian Charisius/dpa

Geht die Rückholaktion von Müller und Hummels auf? Gegen Frankreich gibt es die erste Antwort. Mit dem Bundestrainer hat das Duo seinen Frieden gemacht. Jetzt soll das auch mit der EM-Historie gelingen.

München (dpa) – „Mein Stadion! Mein Turnier! Meine Chefrolle!“ Mit vollmundiger Genugtuung könnte Rückkehrer Thomas Müller analog zu einem Werbespot früherer Jahre sein besonderes Nationalelf-Comeback bei der Fußball-Europameisterschaft zelebrieren.

Und auch Kumpel Mats Hummels könnte vor dem EM-Knallstart des DFB-Teams in Müllers Wohnzimmer, der Allianz Arena, gegen Weltmeister Frankreich die Karten mit seinen Vorzügen und Karriere-Meriten arrogant auf den Tisch knallen: „Meine Abwehr! Meine Erfahrung! Meine Erfolge!“

Rückkehrer-Duo im Fokus

Doch so abgehoben ist das prominente Rückkehrer-Duo in den etwas mehr als zwei Wochen Turniervorbereitung im DFB-Kreis nicht aufgetreten. Beide wollen vorangehen, ja! Beide wollen erfahrene Anführer sein, ja! Aber beide wollen keinesfalls abgehoben auftreten, auch wenn ihnen Joachim Löw eine herausgehobene Rolle zugewiesen hat.

Die beiden Weltmeister von 2014, die Löw im Frühjahr 2019 zusammen mit Jérôme Boateng ausgemustert hatte, aber für sein Abschiedsturnier als Bundestrainer zurückgeholt hat, sind am Dienstag (21.00 Uhr/ZDF und Magenta TV) zum Start in die Gruppenphase erstmal gesetzt.

„Mats Hummels und Thomas Müller sind enorm erfahren und kommunikativ. Ich bin davon überzeugt, dass wir dies brauchen in diesem Turnier“, bekräftigte Löw nochmals im dpa-Interview. Der 32-jährige Hummels ist hinten der Chef der Dreierkette, flankiert von Matthias Ginter und Antonio Rüdiger. Und Müller soll vorne ebenfalls ein Trio coachen und dirigieren. Der 31-Jährige bildet mit den Turnierneulingen Serge Gnabry und Kai Havertz die Offensive, die für Wirbel und auch Tore sorgen soll. „Wir spielen vorne sehr variabel“, bemerkte Müller. Spaßig nannte er sich selbst „Spielertrainer Thomas Müller“.

Löws Fall für Zwei

Das Turnier wird zum Fall für Zwei. Jedenfalls hängt viel davon ab, ob Löws Rolle rückwärts mit Bayern-Lautsprecher Müller und dem Dortmunder Routinier Hummels auf dem Platz aufgehen wird – am besten gleich im richtungweisenden Spiel gegen die Franzosen.

Eine Stammplatzgarantie fürs gesamte Turnier könne es „nicht geben“, bemerkte Löw zu Müller und Hummels: „Sie müssen auch Leistung bringen.“ Die Testläufe gegen Dänemark (1:1) und Lettland (7:1) sowie die gemeinsame Zeit mit den 24 Teamkollegen auf dem Platz und auch außerhalb stattet das Duo mit einem guten Gefühl aus. „Wir haben, das muss man sagen, schon eine viel bessere Atmosphäre in der Mannschaft, als es 2018 der Fall war“, sagte Hummels in einem ARD-Interview.

Die desaströse WM 2018 war für Hummels und Müller – und erst recht für Löw – der gemeinsame Nationalmannschafts-Tiefpunkt. Dieser soll drei Jahre später ausgemerzt werden. Die Rückholaktion hatte Löw über Monate in diskreten Gesprächen vorbereitet. Es wirkt nach außen so, als wenn nichts zurückgeblieben sei zwischen Löw und den beiden von ihm 2019 Verprellten. Alle wollten nun das Gleiche, sagte Müller: „Erfolg!“ Hummels bescheinigte dem Bundestrainer sogar, „nochmals eine Schippe draufgelegt“ zu haben bei Motivation und Arbeitseifer.

„Hat sich gut angefühlt“

„Es hat sich gut angefühlt auf dem Platz“, sagte Müller zum Teamwork mit den Mitspielern. Hummels und er sind ja auch Konkurrenz. Sie haben zwei Mann aus der EM-Startelf verdrängt. Hummels hat darum seine Antennen stets ausgefahren. „Ich versuche zu schauen, welche Rolle gerade die ist, die ich ausfüllen muss. Mein Redeanteil auf dem Platz ist deutlich geringer als in Dortmund“, berichtete er.

Er will sich – ebenso wie Müller – in die Hierarchie einordnen und nicht überordnen. „Hier haben wir viele Jungs, die Bock haben, auch zu führen“, sagte Hummels. Beide haben ihren Frieden mit der langen Ausmusterung und auch mit Löw gemacht. Jetzt wollen sie auch noch ihren Frieden mit der persönlichen EM-Historie machen. Müller ist weder 2012 noch 2016 ein EM-Tor gelungen. „Das wäre schon Ziel des Ganzen, dass man dann auch im Turnier ein Tor macht“, sagte er nach seinem 39. Länderspieltreffer bei der Generalprobe gegen Lettland.

Und Hummels? Der zählte beim Halbfinal-K.o. 2012 in Warschau zur deutschen Abwehr, die beim 1:2 gegen Italien zweimal von Muskelprotz Mario Balotelli düpiert wurde. Vier Jahre später, beim erneuten Aus im Halbfinale gegen Frankreich in Marseille, musste Hummels tatenlos von der Tribüne aus zusehen. Er war nach zwei Gelben Karten gesperrt.

Gelingt Müller und Hummels nun auch ein ganz persönliches EM-Happy-End? Beide wünschen sich das von Herzen. Aber heißen soll ihr EM-Slogan: „Unser Turnier! Unsere Mannschaft! Unser Erfolg!“

© dpa-infocom, dpa:210614-99-985353/4

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