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Corona-Überwachung: Was bringt ein Pulsoxymeter?

Ein Pulsoxymeter misst die Sauerstoffsättigung des Blutes und den Puls. Foto: Christin Klose/dpa-tmn
Ein Pulsoxymeter misst die Sauerstoffsättigung des Blutes und den Puls. Foto: Christin Klose/dpa-tmn

Eine Lungenentzündung als Folge von Covid-19 kann sich auch schleichend entwickeln. Nur wie macht sich das bemerkbar? Ob hier ein Pulsoxymeter hilft, dazu haben Experten verschiedene Ansichten.

Marl/Hamburg (dpa/tmn) – Zur Überwachung ihres Gesundheitszustands bei einer Corona-Infektion schaffen sich manche ein Pulsoxymeter an. Das Gerät misst die Sauerstoffsättigung im Blut. Der Hintergedanke: Sinkt der Wert, könnte das etwa auf eine sich noch unbemerkt entwickelnde Lungenentzündung hindeuten.

Doch die Meinungen zur Sinnhaftigkeit der Pulsoxymeter gehen auseinander. Der Pneumologe Jens Geiseler sieht die Geräte für den Heimgebrauch, die es etwa in Apotheken gibt, kritisch. Sie seien oft zu ungenau, gerade in den niedrigen Sättigungsbereichen. Außerdem könne die heimische Messung durch einige Faktoren – etwa die Armhaltung oder den Zustand der Gefäße – verzerrt werden.

Isoliert kein verlässliches Symptom

Noch wichtiger aber: Die Sauerstoffsättigung allein sei kein verlässliches Symptom für ein frühzeitiges Erkennen eines schweren Covid-19-Verlaufs, sagt der Experte. So könne eine schnellere Atmung die Sättigung hochtreiben, obwohl die Lunge bereits nicht mehr wie gewohnt arbeitet. Geiseler riet darum schon vor gut einem Jahr, im Dezember 2020, lieber die Atemfrequenz im Blick zu haben.

An den Aussagen habe sich nichts geändert, schrieb er nun auf Nachfrage des dpa-Themendienstes. Nur das Virus sei anders geworden, „sodass wir bei Omikron von deutlich weniger Patienten mit schweren Krankheitsverläufen ausgehen“.

Dennoch, es gibt auch bei Omikron schwere Verläufe, die eine Krankenhausbehandlung nötig machen. Inwiefern kann die Atemfrequenz ein Hinweis auf eine mögliche Lungenentzündung sein?

Normalerweise atme man 12 bis 16 Mal pro Minute, erklärte Geiseler. „Die Patienten, die in der Frühphase einer solchen Lungenentzündung zu uns kommen, haben häufig eine Atemfrequenz von 22 bis 24 Zügen pro Minute, aber keine Luftnot“, sagte er. Mit Röntgenbildern der Lunge und Blutgas-Messungen lässt sich das Risiko einschätzen.

Panik oder falsche Sicherheit – beides möglich

Auch Allgemeinmediziner Martin Scherer sieht die Überwachung der Sauerstoffsättigung durch Pulsoxymeter im Heimgebrauch kritisch. Es gebe keine eindeutigen Grenzwerte, sagt er. „Es kann sein, man wiegt sich in falscher Sicherheit, oder man wird panisch, obwohl alles in Ordnung ist“, sagt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin.

Einen Vorteil der Geräte sieht er in ihrer Pulsmessfunktion. Denn viele Menschen seien nicht in der Lage, den Puls bei sich korrekt zu messen. Ein stark erhöhter Ruhepuls sei ein Hinweis darauf, dass ein Mensch womöglich kränker ist, als der es selbst wahrnimmt.

Das größte Potenzial der Pulsoxymeter sieht Scherer in der Telemedizin. Bei einer Videosprechstunde etwa helfe es, wenn der Patient solche Daten durchgeben kann. „Nicht gut ist, wenn man allein damit zuhause sitzt und seine Rückschlüsse zieht.“

Sättigungsverlauf beobachten

Es gibt aber auch andere Meinungen. So sagte der Pneumologe Klaus Rabe im April 2021 im „Deutschen Ärzteblatt“, dass es plausibel sei, den Sättigungsverlauf unter definierten Bedingungen zu beobachten, um einen drohenden schweren Verlauf zu erkennen. Absolute Untergrenzen sollte man dabei nur individuell für den Patienten festlegen.

Er beschrieb ein Beispiel: Demnach könnte das so aussehen, dass ein Patient, der zu Quarantäne-Beginn mit 93 Prozent Sättigung gemessen wird, sich bei einem wiederholten Abfall um 5 Prozentpunkte lieber beim Arzt melden sollte.

Rabe würde dem Bericht zufolge bei Patienten ohne Vorerkrankungen 90 Prozent Sättigung als Untergrenze ansehen, bei älteren Menschen oder Vorerkrankten, etwa mit COPD, dürften es auch 88 Prozent sein.

Die Voraussetzung für die heimische Überwachung sei aber, dass nur zertifizierte Geräte zum Einsatz kämen. Außerdem müssten Patienten oder Betreuer wissen, wie eine korrekte Messung abläuft.

© dpa-infocom, dpa:220127-99-871546/2

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