37 Jahre nach seinem letzten Einsatz für den HSV ist Horst Hrubesch zurück beim Traditionsclub in Hamburg. Der 69 Jahre alte ehemalige Nationalspieler und DFB-Trainer übernimmt als Nachwuchsdirektor die Verantwortung für die Talente-Entwicklung beim Fußball-Zweitligisten.
„Der HSV war und ist immer mein Verein“, schwärmte das einstige „Kopfball-Ungeheuer“ am Freitag auf der HSV-Homepage und versprach: „Im Bewusstsein der derzeitigen Situation werde ich versuchen, meinen Teil zur Verbesserung der sportlichen Gesamtsituation beizutragen.“
Lange hat es Hrubesch nicht mit dem beschaulichen Rentnerdasein ausgehalten. Nur anderthalb Jahre nach der Verabschiedung in den Ruhestand zieht es den einstigen Torjäger zurück an die Fußball-Basis.
„Nun, da ich Rentner bin und eigentlich mit meiner Frau und Familie meine Freizeit genießen wollte, kommt es dann doch anders“, sagte der einstige Mittelstürmer, der im HSV-Trikot 133 Tore in 211 Pflichtspielen erzielt hatte. Er sei von Sportvorstand Jonas Boldt und dessen Team „absolut überzeugt“ und wolle „bei der ganzheitlichen Neustrukturierung“ mitwirken, betonte er.
Motto: „Nur der HSV“
Als Horst Hrubesch den HSV 1983 nach fünf Jahren verließ, war das Team von Trainer Ernst Happel gerade deutscher Meister geworden und hatte den Europapokal der Landesmeister nach Hamburg geholt. Der Glanz ist lange verblasst. Jetzt geht der Verein in der 2. Liga ins dritte Jahr.
Der zweite gescheiterte Versuch bei der Bundesliga-Rückkehr sollte den Verantwortlichen Warnung genug sein, meinte Hrubesch. Es dürfe „endgültig nicht mehr um einzelne Personen, sondern nur noch um den HSV gehen. Das Motto Nur der HSV beschreibt eigentlich alles“, betonte der gebürtige Westfale.
Im Umgang mit Talenten ist Hrubesch erfahren. Von 2000 bis 2016 arbeitete er im Nachwuchsbereich des DFB in unterschiedlichen Funktionen. 2008 wurde er mit der U19 und 2009 mit der U21 Europameister, 2016 gewann er mit der Olympia-Auswahl in Rio de Janeiro die Silbermedaille.
Er habe einen „enorm wertvollen Erfahrungsschatz“, lobte Boldt seine Neuerwerbung. Im Umgang mit jungen Fußballern treffe er „den richtigen Ton und ist zudem ein echter HSVer“. Einen Wunsch hat der bescheidene Horst Hrubesch jedoch: Die Medien mögen ihn nicht in das Zentrum der Berichterstattung zerren.
Die Spieler-Karriere von Horst Hrubesch
Horst Hrubesch startete spät in den Profi-Fußball, bis zu seinem 24. Lebensjahr arbeitete er nicht nur als Dachdecker sondern war auch parallel im Handball aktiv – sogar höher als im Fußball.
Nach Stationen bei FC Pelkum, Germania Hamm, der Hammer Spielvereinigung und dem SC Westtünnen schaffte er 1975 den Durchbruch bei Rot-Weiß Essen. In seinen beiden ersten Erstliga-Jahren erzielte er in 48 Spielen 38 Treffer, nach dem Abstieg legte er 42 Treffer in der 2. Liga nach.
Der HSV Hamburg sicherte sich danach die Dienst von Horst Hrubesch und dieser sollte in den folgenden fünf Jahren – in der drei Meisterschaften gelangen – zur Vereinslegende werden.
Mit 27 Toren wurde er in der Meistersaison 1981/82 Torschützenkönig der Bundesliga, einer davon war der Siegtreffer zum richtungsweisenden 4:3 in München. Im kommenden Jahr gelang dem HSV Hamburg mit dem Sieg im Europapokal der Landesmeister dann der größte Triumph der Vereinsgeschichte.
Hrubesch wechselte danach zu Standard Lüttich, kehrte mit einer Vertragsunterzeichning bei Borussia Dortmund aber noch einmal in die Bundesliga zurück. Nach nur 17 Einsätzen musste er seine Karriere dann allerdings verletzungsbedingt beenden. In der 1. Bundesliga stehen 136 Tore in 224 Spielen für das „Kopfballungeheuer“ zu Buche.
Mit 29 Jahren war Horst Hrubesch im April 1980 auch im Nationalteam ein Spätstarter, in den Kader für die EM 1980 rückte er aufgrund der Verletzung von Klaus Fischer nach.
Bei dieser schrieb er sich mit den beiden Treffern beim 2:1 im Endspiel gegen Belgien in die Geschichtsbücher des DFB – übrigens seine ersten Treffer im Nationaltrikot. Nach dem verlorenen WM-Finale 1982 trat Hrubesch aus dem Nationalteam zurück.
Als Trainer Silber bei Olympia
Bei Rot-Weiß Essen startete Horst Hrubesch 1986 auch seine Karriere als Trainer, weitere Stationen waren der VfL Wolfsburg, Swarovski Tirol, Hansa Rostock, Dynamo Dresden, Austria Wien und Samunspor in der Türkei.
2000 holte Erich Ribbeck Horst Hrubesch in sein Trainerteam für die Europameisterschaft, in der Folge übernahm Hrubesch bis 2016 verschiedene Nachwuchsmannschaften des DFB – und wurde 2008 mit der U19 ebenso Europameister wie ein Jahr später mit der U21.
Mit der U21 gelang ihm bei der EM 2015 zudem die Qualifikation für die Olympischen Spiele, wo Hrubesch mit seinem Team Silber holte – und sich in den Ruhestand verabschiedete. Für den DHB sprang er allerdings kurz darauf als Interimslösung zunächst als DFB-Sportdirektor und dann als Nationaltrainer der deutschen Frauen ein.
Kopfballstark dank Handball
Nach einer Auszeit im Jahr 2019 folgt im Sommer 2020 nun mit dem Nachwuchs des HSV Hamburg die nächste Aufgabefür Horst Hrubesch. Die Nachwuchstalente sollten sich dabei durchaus vorab schon einmal mit dem Handball beschäftigen.
Hrubesch, der vor seinem Durchbruch aus dem Handball auch ein Angebot aus der Handball-Bundesliga hatte, erklärte 2009 in einem Interview bei „11 Freunde“ den Grund für seine Kopfballstärke:
„Sie kennen Handball, oder? Kurze Bewegungen, frei machen, lösen vom Gegner, einlaufen. Ich muss ja alles frühzeitiger machen. Der Ball ist ganz woanders, und ich mache trotzdem die Bewegung schon, weil ich weiß, da kommt der Ball hin, da kriege ich ihn. Ich habe auf der halblinken Position im Rückraum und auf der Außenposition am Kreis gespielt – wenn du über diese Ecken kommst, dann musst du anlaufen, dann kriegst du den Ball immer in der Bewegung, und so kommt das Timing dann“, so Hrubesch.
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