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Hitziges Finale der Europa League: Sevilla besiegt Inter Mailand

Sevillas Spieler feiern ihren Sieg mit dem Europa-League-Pokal. Foto: Federico Gambarini/dpa
Sevillas Spieler feiern ihren Sieg mit dem Europa-League-Pokal. Foto: Federico Gambarini/dpa

Das Finale des ersten Europa-League-Finalturniers zwischen Sevilla und Inter Mailand bot alles, was ein Fußball-Spiel braucht. Tore, Diskussionsstoff, Helden und tragische Helden. Und der Titel ging wieder mal nach Sevilla.

Im leeren Kölner Stadion führten die Rekordgewinner des FC Sevilla wilde Freudentänze auf und ließen nach dem 3:2 gegen Inter Mailand im Finale der Europa League ihren Coach Julen Lopetegui hochleben. Bei Inter Mailand stapfte dagegen der tragische Held Romelu Lukaku bedient vom Feld.

Die Spanier haben nach einem verrückten und hitzigen Finale mit einem furiosen Schlussakt erneut die Europa League gewonnen. Sevilla besiegte im Endspiel von Köln nach einem spektakulären Fallrückzieher von Diego Carlos, den Lukaku unglücklich abfälschte, den italienischen Vize-Meister mit 3:2 (2:2) und blieb damit auch bei ihrer sechsten Endspiel-Teilnahme im zweitwichtigsten europäischen Club-Wettbewerb seit 2006 unbesiegt.

„Ich kann es gar nicht in Worte fassen. Diese Mannschaft hat es verdient. Wir haben so hart gekämpft und sind durch schwierige Zeiten gegangen“, sagte Kapitän Jesus Navas, der einst bei den ersten beiden Triumphen auch dabei war. Vor allem die lautstarke Unterstützung von der Delegation auf der Tribüne habe geholfen. „Das ist eine große Familie, das hat uns viel gegeben.“

Für Italien geht das Warten im kleinen Europacup derweil weiter: Zuletzt gewann ein Verein aus der Serie A 1999 den Vorgänger-Wettbewerb UEFA-Cup. „Wir müssen unseren Weg weitergehen und hoffen, dass wir weitere wichtige Spiele in der Zukunft bekommen. Das Fundament ist da“, sagte Inter-Keeper Samir Handanovic.

Vorentscheidung in 74. Minute

Die Spieler des FC Sevilla feiern den Sieg im Finale der Europa League. Foto: Federico Gambarini/dpa
Die Spieler des FC Sevilla feiern den Sieg im Finale der Europa League. Foto: Federico Gambarini/dpa

Zuschauer waren aufgrund der Corona-Krise beim Finale der Europa League zwischen Sevilla und Inter Mailand keine da, dennoch wurde es schon vor dem Anpfiff ziemlich laut im RheinEnergieStadion. Die Ersatzspieler und Delegationsmitglieder der Spanier klatschten und sangen lautstark und irgendwann fühlten sich die Italiener herausgefordert dagegenzuhalten.

Und auch auf dem Feld ging es von der ersten Sekunde an zur Sache. Es gab Fouls, Nickligkeiten und ein frühes Tor, bezeichnenderweise durch einen Foulelfmeter. Lukaku holte ihn selbst raus, als er bei einem Konter den Ball an Diego Carlos vorbeilegte und umgerissen wurde. Doch Sevilla schlug früh zurück, als de Jong eine Flanke von Jesús Navas aus fünf Metern einköpfte.

Und es ging hitzig weiter: In der 17. Minute forderte Inter-Trainer Antonio Conte nach einem vermeintlichen Handspiel derart vehement einen weiteren Elfmeter, dass er von einem Assistenten daran gehindert werden musste, auf den Platz zu laufen, und die Gelbe Karte sah.

Auch einige Spielern hätte Schiedsrichter Danny Makkelie deutlich früher verwarnen können, doch die Linie des Niederländers war eindeutig eine milde, um die Gemüter nicht weiter aufzuheizen. Die Beeinflussungs-Versuche beider Seiten ignorierte er eisern.

Beide Teams spielten herzerfrischend und kompromisslos nach vorne. Diesmal köpfte de Jong Sevilla in Führung, doch diese hielt nur drei Minuten – auf der Gegenseite traf Diego Godin. Auf dem Weg in die Kabine gab es hitzige Diskussionen zwischen Spielern beider Lager und den Unparteiischen.

Nach der Pause spielten beide zumindest etwas kontrollierter, sowohl im Bezug auf Fouls als auch auf taktische Nachlässigkeiten. Der von Inter-Torjäger Romelu Lukaku ins eigene Tor abgefälschte Fallrückzieher von Carlos war dann die passende Pointe eines kuriosen Spiels – und die Entscheidung in der 74. Minute.

Dabei stellten Lukaku und de Jong Bestmarken auf. Der belgische Inter-Stürmer baute seine Rekordserie aus, traf im elften Europa-League-Spiel in Folge und erzielte auch das früheste Endspiel-Tor in der Geschichte des Wettbewerbs. De Jong war der erste Spieler, der in einem Europacup-Finale gleich zwei Kopfballtore erzielte. Auch waren nie mehr als vier Tore in der ersten Halbzeit eines Endspiel der Europa League oder des UEFA-Cups gefallen.

➡️ Highlights im Video auf uefa.com

© dpa-infocom, dpa:200821-99-261443/3
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Im Fokus: Helden, Rückkehrer und weitere

Sevillas Spieler feiern ihren Sieg mit dem Europa-League-Pokal. Foto: Federico Gambarini/dpa
Sevillas Spieler feiern ihren Sieg mit dem Europa-League-Pokal. Foto: Federico Gambarini/dpa

In der Europa League spielen 213 Mannschaften aus ganz Europa – und am Ende gewinnt immer der FC Sevilla. So könnte man den legendären Spruch der britischen Fußball-Ikone Gary Lineker von den letztlich immer gewinnenden Deutschen umdichten.

Denn durch das 3:2 (2:2) im Europa-League-Finale gegen Inter Mailand gewann Sevilla schon zum sechsten Mal seit 2006 den kleinen Europacup. Damit sind sie mit Abstand Rekord-Gewinner und haben so viele Titel geholt wie alle deutschen Vereine zusammen. Doch das hitzige, teilweise verrückte und spektakuläre Finale von Köln sorgte nicht nur für spannende Statistiken, sondern auch für emotionale Geschichten.

Tragischer Held:

Romelu Lukaku hatte das Zeug zum Helden. In der 5. Minute hatte der Inter-Stürmer einen selbst herausgeholten Elfmeter zur Führung verwandelt. Er hatte seine Rekord-Serie ausgebaut, weil er im elften Europa-League-Spiel in Folge traf. Und er hatte das früheste Final-Tor in der Geschichte des Wettbewerbs erzielt.

Doch am Ende war der Belgier die tragische Figur. Der Fallrückzieher von Diego Carlos – der ihn beim Elfmeter plump gefoult hatte – wäre nämlich am Tor vorbeigeflogen. Doch Lukaku fälschte ihn ins Tor ab.

Direkt nach Abpfiff rannte der 27-Jährige in die Kabine, schwänzte die Siegerehrung und verzichtete auf seine Silbermedaille. Stunden nach dem Abpfiff änderte die UEFA auch noch offiziell den Torschützen und wertete den Treffer als Eigentor Lukakus.

Echter Held:

Bei Borussia Mönchengladbach ist Luuk de Jong als einer der wenigen Transfer-Fehlgriffe von Manager Max Eberl in Erinnerung. Nun ist er der Held von Sevilla. Dem Siegtor als Joker beim 2:1 im Halbfinale gegen Manchester United ließ er nach der Beförderung in die Startelf zwei Kopfballtore folgen: Das war noch keinem Spieler in einem Europacup-Endspiel gelungen.

„Der Erfolg der Mannschaft ist wichtiger als meine Tore“, sagte Luuk de Jong nach dem Sieg im Endspiel: „Aber einen Titel zu holen und dabei Tore erzielt zu haben, fühlt sich wunderbar an.“

Rehabilitiert:

Sevillas Trainer Julen Lopetegui wird nach dem Finale in die Luft geworfen. Foto: Friedemann Vogel/Pool EPA/AP/dpa
Sevillas Trainer Julen Lopetegui wird nach dem Finale in die Luft geworfen. Foto: Friedemann Vogel/Pool EPA/AP/dpa

2018 war Julen Lopetegui international ins Rampenlicht gerückt und hatte viel Spott über sich ergehen lassen müssen. Zunächst wurde er bei Spaniens Nationalmannschaft noch vor dem ersten WM-Spiel entlassen, weil er seinen Wechsel zu Real Madrid angekündigt hatte, dann warfen ihn die Königlichen nach nur zehn Spieltagen raus. 

Nun führte er Sevilla in seiner ersten Saison zum Europacup-Sieg. Genugtuung wollte er sich aber keine anmerken lassen. „Es stimmt, mir war keine lange Zeit bei Real vergönnt“, sagte der 53-Jährige: „Aber dann habe ich die wunderbare Gelegenheit bekommen, mit dieser tollen Mannschaft zu arbeiten. Hier bin ich glücklich.“

Rückkehrer:

Als der FC Sevilla 2006 durch ein 4:0 gegen den FC Middlesbrough zum ersten Mal UEFA-Cup-Sieger wurde, stand Jesus Navas als 20-Jähriger 90 Minuten auf dem Platz. Auch 2007 war er Stammspieler.

Ausgerechnet in den vier Jahren, in denen der kleine Mittelfeldspieler aus der Region Sevilla nicht in der Heimat spielte, holte sein Verein dann dreimal in Folge die Europa League. 2017 kehrte Navas von Manchester City zurück, nun durfte er die Trophäe nach 13 Jahren wieder in die Luft recken. „Ich kann es gar nicht in Worte fassen“, sagte der inzwischen 34-Jährige sichtlich gerührt.

Zukunft offen:

Antonio Conte führte Inter Mailand in seinem ersten Jahr zur Vize-Meisterschaft und ins Europa-League-Finale. Seine Zukunft ließ der Inter-Trainer, der sich mit der Vereinsführung überworfen hat, aber offen. „Es ist nicht der richtige Zeitpunkt, darüber zu sprechen“, sagte er.

© dpa-infocom, dpa:200822-99-263484/3

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