München (dpa) – Durch die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar wird die Qualität der Bundesliga geringer – diese These stellt Martin Rafelt auf.
„Mehr englische Wochen ist gleich weniger Trainingszeit ist gleich geringere Qualität“, rechnet der 31 Jahre alte Fußballexperte vor. „Wahrscheinlich wird es einfach ein bisschen schlechter.“ Rafelt machte sich als Autor beim Taktikblog Spielverlagerung einen Namen. Später brachte ihm diese Tätigkeit den Posten des Chefanalytikers der Akademie des kroatischen Clubs Hajduk Split ein. Mittlerweile arbeitet er individuell mit Spielern aus der Bundesliga. Und genau dort gibt es Grund zur Sorge. Grund: der Spielplan der kommenden Saison.
„Individuelle Belastungssteuerung ist wichtig“
Durch die WM vom 21. November bis 18. Dezember ist ein enger Spielrhythmus die Folge. Ein deutscher Nationalspieler beim FC Bayern München würde beispielsweise zwischen Ende Juli und Mitte November mindestens 25 Pflichtspiele absolvieren – in 15 Wochen. „Es ist die größte Aufgabe eines Trainerteams, die Belastung zu steuern“, sagt Bundestrainer Hansi Flick. „Die individuelle Belastungssteuerung ist wichtig.“
Könnte das Stichwort Belastungssteuerung ein Schlüsselfaktor für die kommende Spielzeit werden? „Der Hauptunterschied wird sein, dass du in der Saison nicht viel trainieren kannst, sondern quasi einfach nur noch regenerierst“, ist sich Rafelt sicher. Wird nun in der Saisonvorbereitung gezielt auf den engen Spielplan hintrainiert? „Es ist ja nicht so, dass man über vier Wochen etwas ändern kann, dass die Spieler auf einmal einen Tag weniger Regeneration durch die Saison hinweg brauchen. Wenn das ginge, würde man das sowieso schon machen“, erklärt Rafelt.
Kaderbreite kann ein Faktor werden
Deshalb könnte statt dem Trainingslager ein wichtiger Faktor die Kaderbreite sein. Denn: Verletzungen wird es laut Rafelt in der kommenden Saison aufgrund der Belastung häufiger geben. „Es hängt davon ab, wie verantwortungsvoll Trainer sind. Erfahrungsgemäß sind sie aber nicht sehr verantwortungsvoll und denken eher kurzfristig.“
Bayern-Trainer Julian Nagelsmann will mit einem breiteren Kader einer Überlastung möglichst entgegenwirken. „Nach der WM gibt es kein Füße hochlegen, sondern es geht sofort in der heißen Phase weiter“, sagte der 34-Jährige bei einer Pressekonferenz Mitte Mai mit Blick auf den Kader. „Wir werden mit Hasan zusammensitzen, um alles durchzusprechen.“
Für Teams mit weniger WM-Fahrern könnte die Bundesliga-Pause hingegen andere Probleme bringen. „Wir müssen es ein stückweit interessant machen für die, die nicht bei der WM sind und entsprechend auch eine Urlaubspause einlegen“, sagt Mainz-Trainer Bo Svensson. „Das ist Neuland für uns, deshalb müssen wir uns so viele Gedanken darüber machen, wie wir diese Zeit vernünftig absolvieren.“
Rafelt: „Rückrunde könnte zur Achterbahnfahrt werden“
Nach der WM könnte die Liga einige Überraschungen erleben, meint Rafelt: „Wenn eine Mannschaft zehn bis fünfzehn Spieler hat, die bis ins Halbfinale gespielt haben, dann ist das schon ein Unterschied gegen eine Mannschaft, die drei Nationalspieler hat und die in der Gruppenphase rausgeflogen sind.“
Besonders die Favoritenteams rund um die Münchner Bayern und Borussia Dortmund könnten wohl länger auf Teile ihres Kaders in der Vorbereitung auf die Rückrunde verzichten müssen. „Wenn deine gesamte Startelf nicht in der Vorbereitung da ist, sondern noch Regeneration braucht bis zum Start der Rückrunde und zu Beginn auch nicht auf einem hohen Fitnesslevel ist, dann kann ich mir schon vorstellen, dass die ersten fünf bis zehn Spieltage der Rückrunde eine Achterbahnfahrt werden“, meint Rafelt.
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