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Party-Chaos während Corona: Mallorca schließt Lokale am „Ballermann“

Dichtes Gedränge am vergangenen Freitag auf der «Bierstraße» in Palma de Mallorca. Foto: Michael Wrobel/Birdy Media/dpa
Dichtes Gedränge am vergangenen Freitag auf der «Bierstraße» in Palma de Mallorca. Foto: Michael Wrobel/Birdy Media/dpa

Mallorca greift im Kampf gegen Sauftourismus am Ballermann während der Corona-Pandemie durch: Mitten im Sommer werden alle Lokale in den Party-Zentren der Ferieninsel zwangsgeschlossen. Asoziale Touristen wolle man nicht, heißt es.

Die wilden Feste Hunderter Touristen ohne Schutzmaske und Sicherheitsabstand haben auf Mallorca ein einschneidendes Nachspiel: Auf der Ferieninsel wird auf das Party-Chaos während der Corona-Pandemie mit einer Schließung der Vergnügungslokale im Herzstück des vor allem von deutschen Touristen gern besuchten Ballermann an der Playa de Palma reagiert.

Die berühmt-berüchtigten „Bier-“ und „Schinkenstraße“ werden ab sofort und vorerst für zwei sommerliche Monate trockengelegt. Auch die Sündenmeile Punta Ballena in der Briten-Hochburg Magaluf westlich von Palma sei von den Zwangsschließungen betroffen, teilte die Regionalregierung am Mittwoch mit.

Deutsche und Briten hatten am Wochenende für „Chaos“ gesorgt, wie die Inselzeitung Última Hora mit Blick auf das Party-Geschehen beispielsweise am Ballermann titelte. Angetrunkene Männer und Frauen ohne Mund-Nasen-Masken hatten unter anderem im dichten Gedränge afrikanische Straßenhändler umarmt, geflirtet, gegrölt – und, wie zahlreiche Videos zeigten, sich nicht im mindesten um die Corona-Regeln geschert.

Die Empörung war groß. Nicht nur auf Mallorca und in Spanien, sondern auch in Deutschland. So sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zum wilden Treiben auf Mallorca: „Wir müssen sehr aufpassen, dass der Ballermann nicht ein zweites Ischgl wird.“

Klare Botschaft der Balearen

Der balearische Tourismusminister Iago Negueruela hatte bei der Bekanntgabe der Maßnahmen jetzt eine klare Botschaft parat: „Wir wollen diese asozialen Touristen hier nicht haben. Sie sollen nicht kommen“, rief der sozialistische Politiker. Man dürfe nicht zulassen, „dass einige wenige dem Image der Inseln Schaden zufügen“ und die Erfolge der Balearen im Kampf gegen die Pandemie aufs Spiel setzten.

Negueruela warnte, man werde nicht zögern, die Maßnahmen wenn nötig auch auf andere Gebiete der Insel auszuweiten. „Die Gesundheit geht vor. Und ohne Gesundheit gibt es auch keine Wirtschaft.“ 200.000 Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel. Je nach Entwicklung sei eine Verlängerung und auch eine Verkürzung der Zwangsschließungen denkbar.

Kritisiert wurden nicht nur die Gäste, sondern auch Lokalbesitzer, die nicht für Ordnung sorgten. Verwaltungsministerin Isabel Castro erinnerte daran, dass seit Freitag ein Bußgeldkatalog gilt, wonach bei Verstößen gegen die Corona-Regeln bei Partys vor allem die Lokalbesitzer, aber auch Organisatoren von Feiern selbst in privaten Wohnungen mit Strafen von bis zu 600.000 Euro belegt werden können.

Disko-Betreiber in der Minderheit

Vor der Pressekonferenz, bei der unter anderem auch ein Verbot der auf „Malle“ traditionsreichen langen Strohhalme fürs gemeinsame Trinken verkündet wurde, waren rund 500 Betreiber von Nachtlokalen und Diskos in Palma im Protest auf die Straße gegangen.

Diese Betriebe haben ein Fassungsvermögen von jeweils mehr als 300 Gästen, auf allen vier Inseln dürfen sie wegen Corona noch nicht öffnen. Betroffen sind auch die Kultlokale „Megapark“ und „Bierkönig“. Die Demonstranten trugen Plakate mit Aufschriften wie «Ohne Tourismus sterben wir» und forderten die Wiedereröffnung ihrer Betriebe.

Doch sie sind auf Mallorca in der Minderheit. Streit lösten die neuen Maßnahmen bisher nicht aus. Die 40.000 Bewohner des S’Arenal, wo der Ballermann liegt, haben große Angst vor einer Verschärfung der Corona-Pandemie durch das Party-Chaos. „Natürlich habe ich Bammel. Die Deutschen leben einfach in einer anderen Welt“, sagte eine Playa-Anwohnerin der Deutschen Presse-Agentur.

Die stellvertretende Präsidentin des Hotelierverbandes von Mallorca (FEHM), María José Aguiló, verurteilte die illegalen Partys „aufs Schärfste. Dieses asoziale und unverantwortliche Verhalten gefährdet die Gesundheit aller Menschen.“ Die Hoteliers kennen die wirtschaftlichen Folgen des langen Corona-Lockdowns in Spanien nur zu gut – und wollen unter keinen Umständen, dass sich das wiederholt.

Und natürlich haben sie auch die kritischen Reaktionen aus Deutschland nicht überhört. Der Ärzte-Topfunktionär Frank Ulrich Montgomery sprach auf NDR Info über die Möglichkeit einer Zwangsquarantäne für Mallorca-Touristen. Das wäre wie ein Todesstoß für eine Branche, die auf den Balearen für riesige Umsätze sorgt. Andreu Serra, Dezernatsleiter für Tourismus des Inselrates von Mallorca, sagte am Mittwoch – nur wenige Tage nach dem Party-Chaos am Ballermann – schonmal zur Beruhigung, diese hätten nicht zu Corona-Neuausbrüchen geführt.

© dpa-infocom, dpa:200715-99-802071/8

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