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Lockdown beginnt: Öffentliches Leben wird heruntergefahren

In der U-Bahn-Station Marienplatz in München ist niemand unterwegs. In ganz Deutschland hat der harte Lockdown begonnen. Foto: Sven Hoppe/dpa
In der U-Bahn-Station Marienplatz in München ist niemand unterwegs. In ganz Deutschland hat der harte Lockdown begonnen. Foto: Sven Hoppe/dpa

An diese Zeit werden sich die Menschen noch lange erinnern: Kurz vor Weihnachten wird das öffentliche Leben bundesweit heruntergefahren. Ziel ist es, die Corona-Welle zu brechen. Der Gesundheitsminister macht Hoffnung.

In ganz Deutschland hat der harte Lockdown begonnen, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Von heute an gelten vorerst bis zum 10. Januar entsprechende Verordnungen in den Bundesländern.

Einzelhandelsgeschäfte müssen schließen, Ausnahmen gelten nur für Läden, die den täglichen Bedarf decken. Schulen bleiben grundsätzlich zu oder die Präsenzpflicht ist ausgesetzt. Auch Friseurgeschäfte und andere Dienstleister im Bereich der Körperpflege dürfen nicht mehr öffnen.

Mit den harten Einschränkungen wollen Bund und Länder erreichen, dass die Welle der Neuansteckungen in Deutschland gebrochen wird. Ziel ist es, die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche auf maximal 50 zu bringen, um die Kontaktnachverfolgung wieder möglich zu machen.

Am Dienstag lag diese sogenannte Sieben-Tages-Inzidenz nach den Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) bei 173,7. Mit der Senkung des Werts soll auch verhindert werden, dass die Kliniken überlastet werden, insbesondere die Intensivstationen.

Hoffnung auf Impfstoff

Mitten in der Krise gibt es aber einen Lichtblick: Laut Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) könnte es auch in Deutschland nächste Woche mit den Impfungen losgehen.

Spahn bezeichnete es als sehr gutes Signal, dass nach heutigem Stand noch vor Heiligabend der erste Impfstoff in der EU zugelassen werden dürfte. Danach könne man innerhalb von zwei bis vier Tagen mit dem Impfen beginnen, sagte er am Dienstagabend in den ARD-‚Tagesthemen‘.

In Deutschland seien die Impfzentren und Impfstrukturen nun einsatzbereit. In einem ersten Schritt könnten nach der Zulassung „um die 400.000 Dosen ausgeliefert werden“. Pro Person werden zwei Dosen benötigt. Geimpfte sollen laut Spahn die Möglichkeit bekommen, Wirkungen und Nebenwirkungen per App zu melden.

Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte am Dienstag angekündigt, dass sie schon am 21. Dezember ihr Gutachten über den Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech und seines US-Partners Pfizer vorlegen will – also acht Tage früher als bisher in Aussicht gestellt.

Formell muss dann noch die EU-Kommission zustimmen. Das gilt als Formsache und könnte auch innerhalb eines Tages erfolgen. Damit wäre der Weg frei für den Beginn von Massen-Impfungen in allen EU-Mitgliedsstaaten.

Keine schnelle Entspannung erwartet

Zunächst werde Deutschland den Impfstoff wie vereinbart aus den europäischen Verträgen bekommen, sagte Spahn. Dies seien bis Ende des ersten Quartals elf bis 13 Millionen Impfdosen. Später kämen dann die Lieferungen hinzu, die man bilateral mit den Herstellern vereinbart habe.

Dies seien allein von Biontech 20 Millionen Dosen zusätzlich. Spahn geht davon aus, dass bis Ende des nächsten Sommers rund 60 Prozent der Bürger in Deutschland geimpft sein könnten. Laut Experten ist eine Rate von 60 bis 70 Prozent für eine wirkungsvolle Bekämpfung der Pandemie nötig.

Mit einer schnellen Entspannung der Lage rechnet die Bundesregierung nicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte am Dienstag in einer Sitzung der Unionsfraktion, Januar und Februar würden nochmals richtig harte pandemische Monate werden.

„Da dürfen wir uns keine Illusionen machen“, wurde sie von Teilnehmern zitiert. Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, hält die Lage für so ernst wie noch nie in dieser Pandemie.

Kontaktminimierung im Fokus

Private Treffen sind vorerst weiterhin auf den eigenen und einen weiteren Haushalt begrenzt. Es dürfen höchstens fünf Personen zusammenkommen. Kinder bis 14 Jahre werden nicht mitgezählt.

Nur vom 24. bis 26. Dezember gilt eine Sonderregelung. „Im engsten Familienkreis können Treffen mit 4 über den eigenen Hausstand hinausgehenden Personen (zzgl. Kinder bis 14 Jahre) möglich sein, auch wenn dies mehr als zwei Hausstände oder 5 Personen über 14 Jahre bedeutet“, schreibt die Bundesregierung auf ihrer Webseite.

Die genaue Ausgestaltung ist aber wie immer Sache der Bundesländer, die das entsprechend in ihren jeweiligen Corona-Verordnungen regeln. Generell gilt: Die Schulen sind geschlossen oder die Präsenzpflicht ist ausgesetzt. Es wird eine Notfallbetreuung sichergestellt und Distanzlernen angeboten. Kitas bleiben ebenfalls geschlossen. Eine Notfallbetreuung ist möglich. Im Einzelhandel gelten Ausnahmen etwa für Lebensmittelgeschäfte, Apotheken und Poststellen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich am Sonntag angesichts der schnell steigenden Infektionszahlen mit den Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer auf diese drastischen Schritte verständigt. Sie sind zunächst bis zum 10. Januar befristet. Am 5. Januar wollen Bund und Länder gemeinsam eine Bestandsaufnahme machen und über die weitere Marschroute beraten.

© dpa-infocom, dpa:201216-99-708022/2
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