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Ex-Sicherheitsberater John Bolton rechnet in Buch mit Donald Trump ab

US-Präsident Donald Trump klagt gegen das Buch von John Bolton (r). Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
US-Präsident Donald Trump klagt gegen das Buch von John Bolton (r). Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Bitte um Wahlkampfhilfe aus China, grünes Licht für Umerziehungslager: Trumps Ex-Berater John Bolton zeichnet in seinem neuen Buch ein vernichtendes Bild von US-Präsident Donald Trump – und beschreibt auch dessen peinliche Wissenslücken.

Außenpolitik nach Bauchgefühl, gefährliches Unwissen und ein unbändiger Wunsch nach einer zweiten Amtszeit – so beschreibt der frühere Nationale Sicherheitsberater John Bolton den Regierungsstil von US-Präsident Donald Trump in seinem Buch „The Room Where It Happened“.

Besonders explosiv: Donald Trump habe den chinesischen Präsidenten Xi Jinping gebeten, ihm bei der Wiederwahl im November zu helfen, schreibt John Bolton US-Medien zufolge in seinem knapp 600 Seiten umfassenden Buch.

Zudem wirft er dem Präsidenten in seinem neuen Enthüllungsbuch vor, seine persönlichen Interessen über die des Landes gestellt und sein Amt wiederholt dafür missbraucht zu haben, wie US-Medien am Mittwoch berichteten.

Trump wiederum hat Bolton vorgeworfen, nicht immer die Wahrheit zu sagen. Konfrontiert mit den jüngsten Vorwürfen sagte der Präsident dem Wall Street Journal, Bolton sei ein „Lügner“.

Wiederwahl als Trumps Leitmotiv

„Es ist wirklich schwierig, irgendeine signifikante Entscheidung Trumps während meiner Zeit im Weißen Haus zu identifizieren, die nicht von Überlegungen zu seiner Wiederwahl getrieben war“, schreibt Bolton in einem vorab vom Wall Street Journal veröffentlichten Kapitel.

Selbst das Ringen mit China um ein Handelsabkommen habe Donald Trump ganz offen für seine Wiederwahl einsetzen wollen, berichtete die New York Times unter Berufung auf das Buch von John Bolton, das am kommenden Dienstag veröffentlicht werden soll – falls es nicht noch auf Antrag des Weißen Hauses von einem Gericht blockiert wird.

Verhinderung von Ermittlungen

Bolton schreibt der NY Times zufolge, dass ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump nicht nur wegen der Vorwürfe in der Ukraine-Affäre, sondern auch wegen anderer Fälle gerechtfertigt gewesen wäre.

Trump habe mehrfach strafrechtliche Ermittlungen zugunsten von „Diktatoren“ unterbunden, etwa in Bezug auf China und die Türkei. Dabei sei es unter anderem um Ermittlungen gegen die Unternehmen ZTE und Halkbank gegangen, schreibt Bolton demnach.

„Das Verhaltensmuster sah nach Behinderung der Justiz als Alltagsgeschäft aus, was wir nicht akzeptieren konnten“, so Bolton. „Ein Präsident darf die legitime Macht der Regierung nicht missbrauchen, indem er seine persönlichen Interessen mit den Interessen des Landes gleichsetzt …“

Wahlhilfe aus China?

In Bezug auf China habe Donald Trump in den Verhandlungen um ein Handelsabkommen mehrfach klargemacht, dass es ihm darum gehe, ein Ergebnis zu erzielen, das es ihm erlauben würde, bei der US-Wahl im November in den landwirtschaftlich geprägten Bundesstaaten zu siegen, schreibt John Bolton demnach in seinem Buch.

Chinas Versprechen, mehr landwirtschaftliche Produkte zu kaufen, seien ein wichtiger Teil des Abkommens gewesen. Trump habe Chinas Präsident Xi Jinping gebeten, sicherzustellen, „dass er gewinnen würde“, schreibt Bolton demnach. „Er betonte die Bedeutung von Landwirten und von größeren chinesischen Käufen von Sojabohnen und Weizen für den Ausgang der Wahl“, schrieb Bolton.

„Ein Präsident darf die legitime Macht der Regierung nicht missbrauchen, in dem er seine persönlichen Interessen mit den Interessen des Landes gleichsetzt …“, schreibt Bolton über Trump. Auch gegen Berater des Präsidenten, darunter Schwiegersohn Jared Kushner, teilt Bolton aus – Selbstkritik scheint hingegen Mangelware.

Gehört Finnland zu Russland?

Bolton, der eineinhalb Jahre eng mit Trump zusammengearbeitet hatte, warf dem Präsidenten auch vor, seine Außenpolitik häufig auf Bauchgefühl und Unwissenheit zu basieren.

So habe Trump etwa nicht gewusst, dass Großbritannien eine Atommacht sei und einmal gefragt, ob Finnland zu Russland gehöre, wie Bolton der New York Times zufolge schreibt. Zudem soll Trump einen Nato-Austritt ernsthaft erwogen und eine Invasion Venezuelas als „cool“ bezeichnet haben.

Donald Trump sei nicht nur „unberechenbar“, sondern auch „erstaunlich uninformiert“, zitierte die Washington Post aus dem Buch von John Bolton. Zuletzt hatte Trump angekündigt, die in Deutschland stationierten US-Truppen zu reduzieren.

Bolton erklärt auch, es sei klar gewesen, dass Trumps persönliche Diplomatie mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un nie zu einem befriedigenden Ergebnis führen würde. Während eines Treffens mit dem Nordkoreaner 2018 habe Außenminister Mike Pompeo Bolton einen Zettel zugesteckt, in dem jener über Trump geschrieben habe: „Der redet so viel Scheiße“. Nordkorea sprengte in dieser Woche ein Verbindungsbüro an der Grenze zu Südkorea.

Weißes Haus will Veröffentlichung verhindern

Die US-Regierung hatte am Dienstag eine Klage gegen die Veröffentlichung des Buchs eingereicht. Bolton verbreite geheime Informationen und gefährde damit auch die nationale Sicherheit, hieß es zur Begründung.

John Bolton habe rund zwei Millionen Dollar (1,78 Millionen Euro) für das Buch über seine Zeit mit Donald Trump erhalten, hieß es weiter.

Der Verlag Simon & Schuster kritisierte die Klage scharf und sprach von Bemühungen, unliebsame Informationen zu unterdrücken.

Auch das US-Justizministerium will die Veröffentlichung des Buches vorläufig stoppen. In dem Antrag auf eine entsprechende einstweilige Verfügung beim zuständigen Gericht in Washington vom Mittwoch heißt es, ein Erscheinen würde die nationale Sicherheit der USA gefährden. Das Ministerium beantragte eine Anhörung am Freitag.


Bislang gab es kein Buch aus Trumps engstem Führungszirkel im Weißen Haus, dessen Autor bekannt war – es gab indes ein anonymes Buch. Trump hatte Bolton im September wegen Meinungsverschiedenheiten zu Iran, Nordkorea und anderen Themen geschasst.

Die Vorgeschichte

Trump hatte den Republikaner Bolton wegen Meinungsverschiedenheiten im September geschasst. Bolton sagte, er habe gekündigt, Trump hingegen will ihn rausgeschmissen haben. Bolton sagte damals, er werde seine Sicht auf die Dinge zu gegebener Zeit darlegen.

Das knapp 600 Seiten langes Werk „The Room Where It Happened“, sollte ursprünglich im März erscheinen, die Veröffentlichung wurde aber vom Weißen Haus gestoppt.

Bolton will sich nun in einem ausführlichen Fernsehinterview äußern, das am Sonntag ausgestrahlt werden soll. In einem vorab veröffentlichten Interview-Ausschnitt sagte Bolton, Russlands Präsident Wladimir Putin glaube, er könne Trump nach Belieben manipulieren, weil dieser kein „ernsthafter Gegner“ sei.

„Ich glaube nicht, dass er sich über ihn Sorgen macht“, so Bolton. Putin sei im Vorteil, weil er sein ganzes Leben damit verbracht habe, sich um Russlands strategische Position in der Welt zu bemühen, wohingegen Trump nichts über solche Themen „lesen oder lernen will“.

Bolton schwieg im Amtsenthebungsverfahren

John Bolton hatte sich indes Anfang des Jahres geweigert, im Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump wegen der Ukraine-Affäre vor dem Repräsentantenhaus ohne Vorladung unter Strafandrohung auszusagen. Kritiker werfen ihm daher vor, scheinheilig zu agieren und nur möglichst viel Profit aus seinem Buch schlagen zu wollen.

Darin rechtfertigt Bolton seine Entscheidung. Die Demokraten hätten ihre Untersuchung aus politischen Gründen nur auf die Ukraine begrenzt, um das Verfahren schnell abzuschließen, schreibt er. Wäre es eine breiter angelegte Untersuchung gewesen, hätte er ausgesagt. Dann wäre das Verfahren vielleicht anders ausgegangen, mutmaßt er.

Der demokratische Abgeordnete Adam Schiff, der das Amtsenthebungsverfahren führend betreute, wies Boltons Darstellung zurück. Einige von Boltons Mitarbeitern hätten „viel zu verlieren gehabt“ und mit ihrer Aussage im Parlament „wirklichen Mut gezeigt“.

Bolton hingegen habe alles für sein Buch aufgehoben. „Er ist vielleicht ein Autor, aber kein Patriot“, schrieb Schiff auf Twitter. Der designierte demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden teilte mit, sollten die Vorwürfe stimmen, hätte Trump seine „heilige Pflicht gegenüber dem amerikanischen Volk“ verletzt.

Was sagt Bolton zur Ukraine?

Zur Frage, ob Donalds Trumps Handeln in der Ukraine-Affäre zu einer Amtsenthebung hätte führen sollen, nimmt John Bolton in seinem Buch scheinbar nicht eindeutig Stellung. Er lässt aber keinen Zweifel daran, dass er Trumps Vorgehen für politisch motiviert und falsch hielt.

„Ich dachte, die ganze Angelegenheit war schlechte Politik, juristisch fragwürdig und für einen Präsidenten inakzeptables Verhalten“, zitiert die Washington Post aus Boltons Buch. Der Präsident habe sich gegenüber der Ukraine von verschiedenen „Verschwörungstheorien“ beeinflussen lassen, so Bolton.

Trump war in der Affäre vorgeworfen worden, bereits vom Kongress bewilligte Militärhilfen für die Ukraine zurückzuhalten, um Kiew zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden zu drängen. Das Repräsentantenhaus wollte Trump des Amtes entheben, der von Republikanern kontrollierte Senat sprach Trump Anfang Februar frei.

Kaum Interesse an Menschenrechten

John Bolton beschreibt in seinem Buch auch, wie Chinas Xi Donald Trump bei einem G-20-Gipfel gut vorbereitet und ausführlich schmeichelte, was dem US-Präsidenten spontane Zugeständnisse abtrotzte.

Trumps Berater hätten sich im Nachhinein bemüht, die Situation wieder geradezurücken. Bei einem weiteren Treffen habe Trump Xi sogar gesagt, dieser sei „die tollste Führungsperson der chinesischen Geschichte“.

Die Lage der Menschenrechte in China – etwa die Demokratiebewegung in Hongkong oder die unterdrückte muslimische Minderheit der Uiguren – hätten Trump demnach nicht interessiert.

Trump soll Xi sogar zur weiteren Unterdrückung und Internierung der muslimischen Minderheit in Umerziehungslagern ermuntert haben. „Das ist nicht wahr“, erwiderte Trump im Wall Street Journal in der Nacht zum Donnerstag. Er verwies darauf, dass er das zuvor vom Kongress beschlossene Sanktionsgesetz unterzeichnet hatte, mit dem China für die Verfolgung der Uiguren bestraft werden soll. „Ich hätte das sehr leicht abschmettern können“, sagte Trump demnach.

Der Republikaner John Bolton steht im Ruf, stramm konservativ und sehr meinungsstark zu sein. Er ist etwa seit Langem für seine harte Haltung gegenüber dem Iran und Nordkorea bekannt. Vor seinem Bruch mit Trump war er bei den Demokraten verhasst. Unter Präsident George W. Bush hatte Bolton die außenpolitisch bedeutende Stelle des US-Botschafters bei den Vereinten Nationen in New York inne.

Bolton beschreibt der Washington Post zufolge ein Treffen im Sommer 2019, bei dem Trump gesagt habe, Journalisten sollten inhaftiert werden, damit sie ihre Quellen preisgeben. „Diese Menschen sollten hingerichtet werden. Sie sind Mistkerle“, habe Trump gesagt.

Trump soll Xi laut Washington Post auch gesagt haben, dass die Amerikaner eine Verfassungsänderung wollen, damit er länger Präsident bleiben könne, schrieb das Blatt unter Bezug auf Boltons Buch. Nach der US-Verfassung sind lediglich zwei Amtszeiten zulässig.

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