Politik

Andreas Kalbitz scheitert mit Eilantrag gegen Rauswurf aus der AfD

Rechtsanwalt Andreas Schoemaker (l), Vertreter von Andreas Kalbitz, Alexander Wolf (r), AfD-Bundesvorstand, und der Rechtsanwalt der Partei, Joachim Steinhöfel (2.v.r), vor dem Beginn der Verhandlung am Berliner Landgericht. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Rechtsanwalt Andreas Schoemaker (l), Vertreter von Andreas Kalbitz, Alexander Wolf (r), AfD-Bundesvorstand, und der Rechtsanwalt der Partei, Joachim Steinhöfel (2.v.r), vor dem Beginn der Verhandlung am Berliner Landgericht. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Seit Mai streitet der brandenburgische Landtagsabgeordnete Andreas Kalbitz mit dem AfD-Bundesvorstand um seine Parteimitgliedschaft. Nun entscheidet das Landgericht Berlin in einem Eilantrag gegen den Rauswurf: Er muss draußen bleiben.

Das Landgericht Berlin hat den Eilantrag des Brandenburger Landtagsabgeordneten Andreas Kalbitz gegen seinen Rauswurf aus der AfD abgelehnt.

Damit hat die Annullierung der Parteimitgliedschaft des 47-Jährigen durch das AfD-Bundesschiedsgericht Bestand. Kalbitz hatte vorläufigen Rechtsschutz beantragt, um bis zur Entscheidung in einem möglichen Hauptsacheverfahren Parteimitglied zu bleiben.

Die Begründung, mit der ihm die 43. Zivilkammer diesen verweigerte, müsste ihn eigentlich aufhorchen lassen. Es könne nicht festgestellt werden, „dass der Beschluss des Bundesvorstandes der AfD vom 15. Mai 2020 zur Beendigung der Mitgliedschaft von Herrn Kalbitz in der AfD evident rechtswidrig gewesen sei“.

Eine rechtliche Notwendigkeit für den Erlass einer vorläufigen Regelung bestehe also nicht. Das Gericht habe die 42 Seiten lange Urteilsbegründung des Bundesschiedsgerichts intensiv studiert, sagte der Vorsitzende Richter Hans-Joachim Luhm-Schier.

In einer Pressemeldung des Landgericht zum Eilantrag von Andreas Kalbitz gegen die AfD wurde angefügt: „Wegen der weiteren Einzelheiten müssen die schriftlichen Urteilsgründe abgewartet werden, die noch nicht vorliegen.“

Obwohl ihm damit gesagt wurde, dass auch die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren eher gering sind, gab sich Kalbitz – fast erwartungsgemäß – kämpferisch: Er kündigte an, weiter vor Gericht um seine Parteimitgliedschaft zu kämpfen.

„Die nächsten Schritte werden die Berufung gegen diese Eil-Entscheidung und das Hauptsacheverfahren sein“, sagte Andreas Kalbitz der Deutschen Presse-Agentur.

Meuthen erleichtert

Ein LKW mit dem Konterfei des ehemaligen Brandenburger AfD-Fraktionsvorsitzenden Andreas Kalbitz fährt am Berliner Landgericht vorbei. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Ein LKW mit dem Konterfei des ehemaligen Brandenburger AfD-Fraktionsvorsitzenden Andreas Kalbitz fährt am Berliner Landgericht vorbei. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Der AfD droht damit eine quälende juristische Auseinandersetzung, die sich bis ins Wahljahr 2021 hinziehen dürfte. Eine Auseinandersetzung, „die ich der Partei gerne erspart hätte“, wie Parteichef Tino Chrupalla nach dem Urteil am Freitag erklärte.

„Darum ist es umso wichtiger, sich nun nicht auseinanderdividieren zu lassen und den Blick nach vorne zu richten. Wir stehen vor einem wichtigen Wahljahr, das all unsere Kraft erfordert“, so Chrupalla.

So ist es eben nur die halbe Wahrheit, wenn Alexander Wolf, der dem AfD-Bundesvorstand angehört, nach dem Urteil erklärte, das Kapitel Andreas Kalbitz sei politisch geschlossen. Juristisch ist es das nicht. Und der juristische Streit kann politische Folgen haben – wenn er sich im Superwahljahr 2021 negativ auf die Ergebnisse der AfD niederschlagen sollte.

Der Rechtsanwalt von Kalbitz, Andreas Schoemaker, hatte im Gericht erklärt, dass die beabsichtigte Klage im Hauptsacheverfahren erst in der kommenden Woche eingereicht werden solle. Er begründete das damit, dass das schriftliche Urteil des Bundesschiedsgerichts erst Ende vergangener Woche eingegangen sei.

Der Anwalt des AfD-Bundesvorstands, Joachim Steinhöfel, sagte dazu, in Anbetracht der Geschäftslage der Berliner Gerichte würde ein Hauptsacheverfahren voraussichtlich erst im kommenden Frühjahr terminiert. Und eine Rechtskraft könnte wahrscheinlich auch erst Jahre später erfolgen.

Kalbitz vor politischem Aus

Für Kalbitz selbst aber ist politisch die Luft tatsächlich dünn geworden. Nicht nur wegen des Urteils vom Freitag. Er hatte am Dienstag seinen Rückzug vom Fraktionsvorsitz im Brandenburger Landtag erklärt, den er eigentlich nur bis zum Urteil ruhen lassen wollte.

Hintergrund ist der Krankenhausaufenthalt des Parlamentarischen Geschäftsführers Dennis Hohloch. Der junge Politiker war vergangene Woche nach eigenen Angaben mit einem Milzriss in die Klinik gekommen. Zuvor hatte ihn Kalbitz nach Angaben aus der Partei im Landtag unbeabsichtigt heftig berührt. Kalbitz selbst sprach von einem „Missgeschick“. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Aus Sicht des Verfassungsschutzes ist Kalbitz ein Rechtsextremist. Führende AfD-Politiker wie der Co-Vorsitzende Jörg Meuthen, die die rechtspopulistische Partei auch für bürgerliche Kreise wählbar machen wollen, möchten ihn daher loswerden.

Meuthen zeigte sich denn auch erleichtert. „Die heutige Entscheidung des Landgerichts ist nach dem wohlfundierten und klaren Spruch unseres Parteischiedsgerichts eine weitere unmissverständliche Bestätigung unserer Rechtsposition“, erklärte er. „Damit ist sämtlichen auch intern von einigen geäußerten Zweifeln an der Rechtmäßigkeit unseres Vorgehens in der Causa Kalbitz endgültig jede Basis entzogen.“

Für den – offiziell – aufgelösten, vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften „Flügel“ um den Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke geht mit der Entscheidung der Berliner Richter eine schlechte Woche zu Ende. D

enn schon am Mittwoch hatte das Landesschiedsgericht Sachsen-Anhalt den Bundestagsabgeordnete Frank Pasemann – ebenfalls ein Rechtsaußen-Mann – aus der AfD geworfen. Auch er hält sich offen, dagegen vorzugehen. Dann wären es schon zwei Rechtsstreitigkeiten mit großer Öffentlichkeitswirkung, mit denen sich die AfD im Wahljahr 2021 selbst schaden könnte.

Mitgliedschaft im Mai für nichtig erklärt

Der AfD-Bundesvorstand hatte die Mitgliedschaft von Andreas Kalbitz im Mai mit knapper Mehrheit für nichtig erklärt. Als Grund für den Beschluss gab der Vorstand an, dass Kalbitz bei seinem Eintritt in die Partei 2013 eine frühere Mitgliedschaft in der inzwischen verbotenen rechtsextremen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) und bei den Republikanern zwischen Ende 1993 und Anfang 1994 nicht angegeben habe.

In einem ersten Verfahren hatten die Richter im Juni einem Eilantrag von Kalbitz gegen seinen Rauswurf aus der Partei durch den Bundesvorstand noch stattgegeben. Die Richter hatten damals erklärt, dass die Annullierung der Parteimitgliedschaft allein durch den Bundesvorstand unzulässig sei.

Vielmehr sei das Parteischiedsgericht für eine Beendigung der Mitgliedschaft zuständig. Nachdem das Bundesschiedsgericht den Spruch des Bundesvorstands Ende Juli bestätigt hatte, war Kalbitz erneut vor Gericht gezogen. „Ich bin wieder mal raus“, kommentierte der 47-Jährige seinerzeit das Urteil.

Und das Landgericht Berlin entschied heute: Dabei bleibt es. Die Richter wiesen einen Eilantrag des Brandenburger Landtagsabgeordneten gegen die Entscheidung des Bundesschiedsgerichts zurück. Damit hat die Annullierung seiner Parteimitgliedschaft Bestand.

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