Politik

Brandenburg: Andreas Kalbitz lässt Vorsitz der AfD-Fraktion vorerst ruhen

Die brandenburgische AfD-Landtagsfraktion berät über die politische Zukunft von Andreas Kalbitz. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild
Die brandenburgische AfD-Landtagsfraktion berät über die politische Zukunft von Andreas Kalbitz. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild

Kann Andreas Kalbitz Fraktionschef in Brandeburg bleiben, obwohl er aus der AfD geworfen wurde? Darüber wurde zuletzt heftig gestritten – am Dienstag machte Kalbitz der Fraktion ein Angebot.

„Wir haben uns Luft verschafft“ – dieser Satz war nach der Krisensitzung der AfD-Fraktion des Landtags in Brandenburg rund um die Causa Kalbitz gleich von mehreren Teilnehmern zu hören.

Die AfD-Fraktion akzeptierte nach einer fast vierstündigen Sondersitzung einstimmig einen Kompromissvorschlag von Andreas Kalbitz, dass dieser seinen Vorsitz in der Landtagsfraktion in Brandenburg bis zu einer weiteren Entscheidung des Landgerichts Berlin ruhen lässt.

Der 47-Jährige hat nach eigenen Angaben vergangene Woche einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen die Entscheidung des Bundesschiedsgerichts der Partei eingereicht, das Ende Juli die Annullierung der Parteimitgliedschaft bestätigt hatte.

Kalbitz zuversichtlich

Andreas Kalbitz räumte ein, dass es in der AfD-Fraktion des Landtag in Brandenburg auch Stimmen gegeben habe, die sich eine Auszeit für ihn bis zu einer endgültigen juristischen Klärung gewünscht hätten. „Aber wir haben uns jetzt einstimmig auf diese Position geeinigt.“

Der AfD-Politiker zeigte sich zuversichtlich, dass das Verfahren vor dem Landgericht für ihn positiv ausgeht. „Das Gericht wird seine Argumentation kaum ändern, dass die Entscheidung des Bundesvorstands unzulässig war.“

Das Landgericht hatte Kalbitz bereits Mitte Juni einstweiligen Rechtsschutz gewährt, weil aus Sicht der Richter der Bundesvorstand nicht das Recht hatte, eine Parteimitgliedschaft zu annullieren. Nach dem Parteiengesetz sei nur ein Parteiausschluss durch ein unabhängiges Partei-Schiedsgericht möglich, hieß es zur Begründung.

Der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen hatte sich strikt gegen den Verbleib von Kalbitz im Fraktionsvorsitz ausgesprochen und für diesen Fall Konsequenzen angekündigt. Er zeigte sich zufrieden, dass der frühere Brandenburger AfD-Chef Andreas Kalbitz vorerst nicht mehr Fraktionsvorsitzender in Potsdam sein wird.

„Die heutige Entscheidung in der Brandenburger Landtagsfraktion ist richtig und macht deutlich, dass Andreas Kalbitz unter den gegebenen Umständen nicht Vorsitzender der Fraktion sein kann“, sagte Meuthen zur Causa Kalbitz.

Gauland begleitete Kalbitz

Der AfD-Ehrenvorsitzende und Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland hatte Kalbitz, seinen Nachfolger in den Spitzenämtern der AfD Brandenburg, in die Krisensitzung der Fraktion begleitet, hielt sich aber anschließend zurück.

Allerdings räumte er ein, die Partei habe durch die Auseinandersetzungen um Kalbitz schweren Schaden genommen. „Deswegen habe ich Parteichef Jörg Meuthen intensiv und vergeblich gebeten, von der Annullierung der Parteimitgliedschaft zu lassen“, sagte Gauland.

„Das ist nicht der richtige Weg“, betonte Gauland, der in Welt am Sonntag zuletzt vor weitreichenden Folgen gewarnt hatte: „Ich kann die Partei nicht zusammenhalten, wenn sie sich auf diese Weise auseinanderdividiert“, hatte er die Entscheidung über den Ausschluss von Kalbitz kommentiert und angefügt: „“Ich kann bei Andreas Kalbitz, seit ich ihn kenne, keinen Rechtsextremismus feststellen. Ich will nicht hoffen, dass daraus ein Zerfall der Partei wird.“

Auch Kalbitz sieht einen schweren Schaden für die Partei. Der Hintergrund der Auseinandersetzungen komme bei den Wählern ja gar nicht an, meinte er. „Die Wähler sehen nur – und das ist natürlich destruktiv in der Außenwirkung: Die sind zerstritten.“ Dennoch werde er sich mit allen juristischen Mitteln gegen den Rauswurf aus der Partei wehren: „Es besteht für mich gar keine Veranlassung, auf mein gutes Recht zu verzichten.“

Kubitzki: „Luft verschafft“

Der stellvertrende Fraktionsvorsitzende Steffen Kubitzki sprach von einem „klaren Zeichen nach Außen“. Er räumte aber ein, dass die Auseinandersetzungen nach jeder juristischen Entscheidung wieder aufflammen könnten. „Das ist nur eine Atempause“, meinte Kubitzki. „Aber jetzt haben wir uns erst mal wieder Luft verschafft.“

Er ließ durchblicken, dass er zunächst gefordert hatte, Kalbitz solle bis zu einer endgültigen Klärung in die zweite Reihe treten. „Aber mit dieser Einigung können nun alle leben und ich auch.“

Das Schiedsgericht hatte Ende Juli die Annullierung der Parteimitgliedschaft bestätigt, weil Kalbitz seine frühere Mitgliedschaft bei den Republikanern und in der inzwischen verbotenen rechtsextremen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) verschwiegen habe. Kalbitz bestreitet die HDJ-Mitgliedschaft.

Der Brandenburger AfD-Landesverband wird vom Landesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall für Rechtsextremismus beobachtet. Kalbitz war einer der Wortführer des offiziell aufgelösten „Flügels“ um den Thüringer AfD-Landes- und Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die Strömung als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ und Höcke sowie Kalbitz als „rechtsextremistische Führungspersonen“ ein.

© dpa-infocom, dpa:200804-99-40239/3

News vom 25. Juli 2020:

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