Radebeul (dpa/tmn) – Gefüllt mit Äpfeln und Zwiebeln, manchmal auch Orangen oder Maronen, und damit der Magen nicht zwickt, noch reichlich Beifuß dazu – so kommt bei vielen die klassische Weihnachtsgans mit Rot- und Rosenkohl auf den Festtagstisch.
Doch warum nicht mal Gans ganz anders? Für Mutige verraten Spitzenköche ihre Rezeptideen, geben Tricks und Kniffe preis.
Renate Dengg: BBQ-Gänsebraten mit Rosenkohl gefüllt
Statt als Beilage kommt der Rosenkohl bei Renate Dengg als Füllung in die Gans. Damit die Chefin des österreichischen Restaurants Jolesch in Berlin am Weihnachtstag nur noch ein paar Handgriffe zu tun hat, beginnt sie mit der Zubereitung von ihrem BBQ-Gänsebraten mit Orangensauce und Rotkohlkimchi schon Tage zuvor. „Der Countdown startet spätestens 10 Tage vorm Servieren“, sagt Dengg.
Zunächst wird der Rosenkohl mit Zwiebeln- und Zitronenscheiben in einem Glas geschichtet und mit Salzlake übergossen. „So bleibt es 10 Tage bei Zimmertemperatur zum Fermentieren stehen“, erklärt die Restaurantbesitzerin. Bloß nicht in den Kühlschrank damit, warnt sie. Das würde den Prozess stoppen.
„Wozu das Fermentieren gut ist? Es sorgt für ein ganz neues Geschmackserlebnis, macht Produkte durch die Salzigkeit viel intensiver“, schwärmt die gebürtige Oberösterreicherin. Sie ist begeistert von der Methode, Gemüse so haltbar zu machen.
Auch der Rotkohl wird bei ihr ein paar Tage fermentiert – und so zum Kimchi. Die Blätter werden dafür nicht wie üblich gehobelt, sondern quadratisch geschnitten, mit kochendem Salzwasser übergossen und mit einer Paste aus zerkleinertem Ingwer, Knoblauch, Karotten, Apfel, Chili und asiatischen Gewürzen eingerieben.
Die Arbeit an der Gans beginnt mit der Herstellung einer BBQ-Sauce. „Damit die Sauce schön ins Gänsefleisch einzieht, wird die Gans damit eingerieben“, erklärt Dengg. Gestopft mit dem Rosenkohl und einer Handvoll Semmelbrösel, landet die Vier-Kilo-Gans für drei Stunden auf einem Gitterrost im Ofen. Wiegt sie ein Kilo mehr, braucht sie vier Stunden.
Auch die feurig-fruchtige Orangensauce mit Rotwein kann schon ein paar Tage vorher vorbereitet werden. Sie hält sich bis zu fünf Tage und muss nur noch mal kurz aufgewärmt werden. „Dazu passen wunderbar Süßkartoffelknödel“, schlägt Renate Dengg vor.
Steve Karlsch: Weihnachtsgans Maroccain
Da gerade dieses Jahr bei dem einen oder anderen das Fernweh groß sein wird, hat Steve Karlsch ein Rezept komponiert, bei der französische Klassik auf nordafrikanische Aromenwelt trifft. „Da lässt sich wunderbar von der weiten Welt träumen“, findet der Kulinarische Direktor der Brasserie Colette Tim Raue.
Karlsch ermutigt Gänseliebhaber zu einem Confit. So nennen die Franzosen eine Zubereitungsart, bei der das (Gänse-)Fleisch in Fett gegart wird. „Confieren wurde hauptsächlich entwickelt, um auch größere Fleischstücke haltbar zu machen“, erklärt Karlsch. Man könne die Zubereitung so gut vorbereiten und muss beim Festessen quasi nur noch den letzten Schritt finalisieren.
So kommen die Aromen Marokkos ins Fleisch: Vier Gänsekeulen mit Salz, Pfeffer und 1 TL Harissa marinieren und über Nacht im Kühlschrank ziehen lassen. 1 Liter Gänsefett schmelzen und mit den wieder abgewaschenen Keulen, 2 Sternanis, 3 Pimentkörnern, etwas Zimt, 1 TL Kreuzkümmel sowie 2 Knoblauchzehen so in einen Topf geben, dass die Keulen bedeckt sind. Bei 120 Grad ca. 3 Stunden im Backofen garen lassen. Aus dem Fett nehmen, abtropfen und unter dem Grill kross werden lassen.
Noch mehr Marokko bringt die Soße auf den Teller. Zwiebeln, Möhren, Lauch, Sellerie, Staudensellerie, Aubergine, getrockneten Feigen und Datteln in etwas Gänsefett anschwitzen, Gewürze wie Koriandersamen, Kreuzkümmel, Fenchelsamen, Granatapfelmelasse, Harissa und Tomatenmark dazugeben, kurz mitschwitzen lassen.
Mit Geflügelfond ablöschen, auf die Hälfte einkochen lassen, passieren und mit etwas Speisestärke abbinden. Mit etwas Gänsefett vom Confieren aufmixen und mit zwei Tropfen Orangenblütenwasser abschmecken.
Am Festtag wird die Gans nur noch vorsichtig erwärmt und knusprig gemacht, dazu Couscous serviert. Karlsch: „Somit hat man endlich mal Zeit, auch entspannt am Tisch sitzen zu können.“
Christian Rach: Lackierte Gänsebrust
Eine asiatische Note steckt im „Lack“, mit dem Christian Rach eine Gänsebrust fürs Weihnachts-Menü umhüllt. Der Lack entsteht durch eine spezielle Marinade aus feingeriebenem Ingwer (25 g), Honig (100 g), Sojasauce (30 ml) und Balsamico (60 ml). In rund zwei Drittel dieser Mischung mariniert der Fernsehkoch 3 Gänsebrustfilets à 400 g (reicht für 6 Personen).
Zuvor werden die Filets auf der Fleischseite von Sehnen und Silberhäutchen befreit und auf der Hautseite mehrfach eingeritzt, erklärt der Star-Koch in seinem Buch „Rachs Rezepte für Weihnachten“. Für das Einritzen der Haut sollte man allerdings ein sehr scharfes Messer oder eine Rasierklinge nutzen. „Dadurch lässt sich verhindern, dass das Fleisch verletzt wird“, sagt Rach. Durch die feinen Ritze könne zudem die Marinade besser in die Gänsebrüste einziehen.
Nach dem Marinade-Bad werden die Filets trockengetupft, mit Salz und Pfeffer gewürzt und in einer ofenfesten Pfanne zunächst für 2 Minuten auf der Hautseite angebraten. Dann wendet Rach die Filets und lässt sie im 160 Grad heißen Ofen für 15 Minuten weitergaren. „Dabei drei bis vier Mal mit der restlichen Marinade bepinseln“, empfiehlt der Restauranttester. Das müsse schnell gehen, damit die Temperatur im Ofen gehalten wird.
Raus aus dem Ofen brauchen die Gänsebrustfilets fünf Minuten Ruhezeit. Erst direkt vor dem Servieren sollten sie auf der Hautseite erneut angebraten und dann dünn aufgeschnitten werden. Rach drapiert die Filets auf einem Aprikosen-Mandel-Couscous und dekoriert den Teller nicht nur mit Minzeblättchen, sondern auch mit Frühlingszwiebeln, die nur einmal längst halbiert und angebraten werden.
Stefan Hermann: Gemüsechartreuse mit geschmorter Gänsekeule
Beim Rezeptvorschlag von Stefan Hermann vom Sterne-Restaurant Atelier Sanssouci in Radebeul ist auf den ersten Blick erstmal nichts von einer Weihnachtsgans zu sehen. Der Spitzenkoch türmt in feiner französischen Art das gewürfelte Fleisch von geschmorten Gänsekeulen in einem Türmchen mit Gemüsen auf. Die Chartreuse genannten Kunstwerke werden mit Hilfe von vier hohen Ringformen zubereitet – Wow-Effekt garantiert.
Zunächst sticht Hermann mit einem Ausstechring à 6 Zentimeter Durchmesser 8 blanchierte und mit Eiswasser abgekühlte Wirsingblätter aus. Ebenfalls blanchiert und in Eiswasser abgekühlt werden etwa drei bis vier Zentimeter lange Stäbchen aus Bohnen, Karotten und Sellerieknolle. Die vier Ringformen abwechselnd mit dem Gemüse auskleiden und den Boden des Rings mit je einem Wirsingblatt auslegen. Innenseiten des Gemüses werden dünn mit Fleischfarce (100 g davon beim Metzger bestellen) eingestrichen.
Dort hinein kommt die Weihnachtsgans-Füllung. Das heißt: die Würfel der geschmorten Keulen, vermischt mit Pfeffer, Salz und in Butter gedünsteten Pilzen, Knoblauch und Schalotten. Das Ganze wird abgedeckt mit einem zweiten Wirsingblatt. Nun die Chartreuseförmchen in einen flachen Topf stellen und diesen ca. zwei Zentimeter hoch mit Gemüsefond füllen. Bei 200 Grad 15 Minuten garen. Als Beilage empfiehlt Hermann karamellisierten Rotkohl und glasierte Maronen.
Literatur:
„Rachs Rezepte für Weihnachten“, Gräfe und Unzer Verlag, 144 Seiten, 17,99 Euro, ISBN-13: 978-3833877636.
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