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Koscherer Wein im Staatsweingut Baden-Württemberg

Das Weingut Wirsching hat den ersten koscheren Wein im Bocksbeutel vorgestellt. Damit ein Wein als koscher gilt, dürfen mit dem Saft nur orthodoxe Juden in Kontakt kommen. Der Kellermeister durfte den Wein während der gesamten Zeit nicht einmal sehen. Foto: picture alliance / Nicolas Armer/dpa
Das Weingut Wirsching hat den ersten koscheren Wein im Bocksbeutel vorgestellt. Damit ein Wein als koscher gilt, dürfen mit dem Saft nur orthodoxe Juden in Kontakt kommen. Der Kellermeister durfte den Wein während der gesamten Zeit nicht einmal sehen. Foto: picture alliance / Nicolas Armer/dpa

Koscheren Wein anzubauen und abzufüllen, ist kompliziert. Dennoch soll der Wein für orthodoxe Juden künftig in Württemberg hergestellt werden. Die Politik ist bei dem Projekt mit an Bord.

Stuttgart (dpa/lsw) – In Baden-Württemberg überwacht ein Rabbi künftig einen Weinberg in Württemberg. In der traditionellen Weinbauregion wird das Staatsweingut Weinsberg (Kreis Heilbronn) auch einen koscheren Wein anbauen, beobachtet und beraten von Rabbinern aus Baden und Württemberg.

„Künftig werden Reben auf ausgewählten Flächen des Weinsberger Staatsweinguts in rein jüdischer Tradition ausgebaut und die Trauben nach der Ernte zu koscherem Wein verarbeitet“, teilte die CDU-Fraktion im baden-württembergischen Landtag mit. Sie will Details zum geplanten Projekt gemeinsam mit Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) und den Israelitischen Religionsgemeinschaften Baden und Württemberg vorstellen.

Baden-Württemberg ist Weinland, hieß es weiter. „Unsere heimischen Winzer betreiben seit Jahrhunderten Weinbau und geben das Wissen von Generation zu Generation weiter.“ Das Projekt sei ein „Zeichen der Verbundenheit mit jüdischem Leben und Glauben“.

Hohe Anforderungen an koscheren Wein

Das Herstellen koscheren Weins ist für einen Winzer oder ein Weingut mit großem Aufwand verbunden. Denn die religiösen Speisegesetze, das „Kaschrut“, stellen hohe Anforderungen an koscheren Wein. Der Wortstamm „koscher“ bedeutet im Hebräischen „für den Verzehr geeignet“. Die wichtigste Bedingung dafür ist eine den Geboten der Tora und des Talmud entsprechende Behandlung.

Entscheidend ist, dass mit Beginn der Traubenpressung bis zur Abfüllung des Weins nur ein streng gläubiger männlicher Jude, also einer, der den Sabbat einhält, die Maische, Fässer, Tanks, Schläuche – kurz alles, was mit dem Wein in Kontakt kommt – berühren darf.

Ein Kellermeister darf den Wein also während der gesamten Zeit nicht einmal sehen. Bei bisherigen Produktionen zum Beispiel in Bayern hatte unter anderem ein Rabbi Fotos von Geräten gemacht, sich im Nebenzimmer Anweisungen abgeholt und die Produktion des Weines vorangetrieben. Ein zweites Fass hatte dem Kellermeister wenigstens einen groben Eindruck von der Entwicklung des Safts ermöglicht.

Und noch mehr Regeln

Bis die Trauben im Staatsweingut abgefüllt sind, dürfte es aber noch dauern. Denn Trauben für koscheren Wein dürfen nicht von Rebstöcken stammen, die jünger als vier Jahre sind, und im siebten Jahr, dem sogenannten Sabbatjahr, darf nicht geerntet werden. Zwei Monate vor der Lese wird nicht mehr organisch gedüngt.

Im Weinberg dürfen keine anderen Pflanzen wachsen, Mischkulturen sind nicht erlaubt. Zusätze wie Enzyme, Bakterien oder Stoffe tierischen Ursprungs wie Gelatine sind beim Vinifizieren unzulässig. Nur die Bakterien auf der Traubenschale bringen die Fermentation in Gang. Auch muss ein koscherer Wein „mevuschal“ sein, das heißt abgekocht.

© dpa-infocom, dpa:220620-99-728509/5


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