In den ersten neun Monaten des Jahres 2020 gab es in Deutschland der Statistik zu Folge einen leichten Rückgang bei den Geburten: 580.342 Kinder sind zur Welt gekommen. Das waren 6.155 Babys weniger als im Vorjahreszeitraum, was etwa einem Prozent entspricht, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte.
„Ob sich die Corona-Pandemie auf das Geburtenverhalten der Bevölkerung auswirkt, wird frühestens erkennbar, wenn die Geburtenauszählung der Monate Dezember 2020 bis Februar 2021 vorliegt“, erklärten die Statistiker in ihrer Mitteilung.
Martin Bujard vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung sieht zwei verschiedene Mechanismen, die dabei greifen könnten. „Zum einen könnten gesundheitliche Sorgen und ökonomische Existenzängste dazu führen, dass ein Kinderwunsch verschoben wird.“
Zum anderen gebe es einen gegenläufigen Effekt, dass gerade in der Corona-Zeit die Familie an Bedeutung gewinne und der Kinderwunsch konkret werde. „Welche Entwicklung stärker ist, werden wir im nächsten Frühjahr sehen“, so Bujard.
Für Industrieländer wie Deutschland erwarten die meisten Demografen laut Bujard aber eher einen Rückgang oder keinen Effekt. Mit einem Babyboom wird demnach eher in Entwicklungsländern gerechnet, wo der Zugang zu Verhütungsmitteln eingeschränkt ist.
Seitwärtsbewegung
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts war in Deutschland zuletzt im Vergleich von 2015 zu 2016 ein deutlicher Anstieg von Neugeborenen verzeichnet worden (plus 7 Prozent). Seitdem habe die Geburtenzahl tendenziell abgenommen. So wurden im vergangenen Jahr 14.051 Kinder weniger geboren als 2016 (minus 2 Prozent).
Die Statistiker machen dafür vor allem zwei Gründe aus: Zum einen sei die Zahl der potenziellen Mütter, also der Frauen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren, in diesem Zeitraum um zwei Prozent zurückgegangen. Zum anderen sei die Geburtenrate innerhalb der drei Jahre um drei Prozent von 1,59 auf 1,54 Kinder je Frau gesunken.
Bujard sieht in den Rückgängen bei der Anzahl der Geburten und bei der Geburtenrate 2020 in Deutschland keinen Trend, sondern eher eine Seitwärtsbewegung in der Statistik. Tatsächlich lag die Geburtenrate auch schon mal viel niedriger: 1994 bekamen Frauen in Deutschland durchschnittlich 1,24 Kinder.
Eine deutliche Entwicklung gibt es beim durchschnittlichen Alter der Mütter bei den Geburten. Dieses stieg in Deutschland laut Statistik zwischen 2016 und 2019 um ein halbes Jahr auf 31,5 Jahre.
„Frauen bekommen immer später ihre Kinder“, sagt Bujard. Das liege zum einen daran, dass späte Geburten immer mehr akzeptiert würden. Und zum anderen werde oftmals erst die Karriere angeschoben und dann der Kinderwunsch angegangen.
Mütter mit deutscher Staatsangehörigkeit waren hierzulande bei den Geburten im Schnitt 31,9 Jahre alt, ausländische Mütter 30,2 Jahre. Im Vergleich der zehn häufigsten Staatsangehörigkeiten in Deutschland haben Bulgarinnen mit durchschnittlich 27,6 Jahren besonders früh und Russinnen mit 32,6 Jahren besonders spät ein Kind zur Welt gebracht.
© dpa-infocom, dpa:201216-99-711281/4
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