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Erste „Patrioten“-Wahl beginnt in Hongkong

Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam gibt ihre Stimme für die Parlamentswahlen in Hongkong ab. Foto: Kin Cheung/AP/dpa
Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam gibt ihre Stimme für die Parlamentswahlen in Hongkong ab. Foto: Kin Cheung/AP/dpa

Nach dem harten Vorgehen Pekings wollen viele Hongkonger der Parlamentswahl fernbleiben. Der Spielraum der Opposition wurde durch neue Wahlregeln noch einmal massiv beschnitten.

Hongkong (dpa) – In Hongkong hat am Sonntag die erste Parlamentswahl seit der Niederschlagung der Demokratiebewegung begonnen.

Beobachter rechneten mit einer verhältnismäßig geringen Beteiligung, da nach dem harten Durchgreifen Pekings viele Hongkonger jede Hoffnung auf demokratische Veränderungen in ihrer Heimat aufgegeben hätten. Die Wahllokale sollen bis 15.30 Uhr (22.30 Uhr Ortszeit) geöffnet bleiben. 

In der chinesischen Sonderverwaltungsregion war vor eineinhalb Jahren ein umstrittenes Sicherheitsgesetz verabschiedet worden, mit dem langanhaltende Massenproteste für mehr Demokratie schlagartig endeten. Viele Bürgerrechtler, Protestführer und Politiker landeten im Gefängnis, andere Aktivisten setzten sich ins Ausland ab, um der Verfolgung durch die Behörden zu entgehen. 

Peking-freundliche Kandidaten bevorzugt

Der Legislativrat, wie das Hongkonger Parlament heißt, wurde zwar auch in der Vergangenheit nicht frei gewählt. Doch bei der Wahl am Sonntag galten noch mehr Einschränkungen als zuvor: Nach den neuen Regeln durften so erstmals nur noch „Patrioten“ zur Wahl antreten. Das Parlament wird von bisher 70 auf 90 Sitze vergrößert, doch nur noch 20 statt wie bisher 35 von ihnen werden direkt von der Bevölkerung gewählt. Die überwiegende Zahl an Sitzen ist dagegen für Vertreter von Peking-freundlichen Interessengruppen reserviert. 

„Die von Peking eingeleitete Reform des Hongkonger Wahlsystems hat es für Kritiker nahezu unmöglich gemacht, sich als Abgeordnete an der Hongkonger Politik zu beteiligen“, sagte Katja Drinhausen vom China-Institut Merics in Berlin. Die Opposition habe unter dem Nationalen Sicherheitsgesetz und der neuen Wahlgesetzgebung nur noch sehr eingeschränkte Spielräume. „Ziel dieser Schritte war es schließlich, ihnen eine legitime politische Plattform zu entziehen“, sagte Drinhausen.

Aktivisten rufen zu Wahl-Boykott auf

Zahlreiche im Exil lebende Hongkonger Aktivisten hatten in den vergangenen Wochen aufgerufen, sich nicht an der Wahl zu beteiligen oder ungültige Stimmen abzugeben. Die Behörden in Hongkong warnten, dass ein solches Verhalten illegal sei. Auch wurde gewarnt, dass „ausländische Kräfte“ versuchten, Einfluss zu nehmen. 

Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam hatte bereits vor der Wahl zurückgewiesen, dass Hongkonger mit einer geringen Wahlbeteiligung Kritik an der Regierung zum Ausdruck bringen wollten. Lam argumentierte dagegen, dass wenig Interesse an der Wahl zeigen würde, dass die Bürger keinen Wunsch nach Veränderung hätten. 

Seit dem 1. Juli 1997 gehört die frühere britische Kronkolonie wieder zu China und soll eigentlich nach dem Grundsatz „Ein Land, zwei Systeme“ eigenständig regiert werden. Auch wurde den sieben Millionen Hongkongern damals zugesagt, über 50 Jahre noch bis 2047 „ein hohes Maß an Autonomie“ und viele politische Freiheiten genießen zu können. Seit dem Erlass des Sicherheitsgesetzes reden viele aber nur noch von „Ein Land, ein System“.

© dpa-infocom, dpa:211219-99-437382/4

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