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CSU verschärft Transparenz-Regeln

Horst Seehofer (l), Bundesminister des Inneren, Bau und Heimat und damaliger CSU-Parteivorsitzender, und der Landtagsabgeordnete Alfred Sauter vor Beginn einer Sitzung des CSU-Vorstands. Foto: Peter Kneffel/dpa
Horst Seehofer (l), Bundesminister des Inneren, Bau und Heimat und damaliger CSU-Parteivorsitzender, und der Landtagsabgeordnete Alfred Sauter vor Beginn einer Sitzung des CSU-Vorstands. Foto: Peter Kneffel/dpa

Die Maskenaffäre hat CSU und CSU ins Straucheln gebracht, ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl. Mit deutlichen Regelverschärfungen versucht Markus Söder nun in die Vorwärtsverteidigung zu wechseln.

München (dpa) – Als Konsequenz aus der Maskenaffäre und den Korruptionsermittlungen gegen Abgeordnete verschärft die CSU ihre Regeln für amtierende und künftige Mandatsträger. Das kündigte Parteichef Markus Söder am Sonntag in München an.

Unter anderem soll es nun „volle Transparenz“ bei Nebeneinkünften und Beteiligungen von Abgeordneten geben, wie aus einem Zehn-Punkte-Plan der Parteispitze hervorgeht: Alles soll gegenüber Partei und Parlamenten offengelegt werden müssen. „Wir wollen ein komplettes und umfassendes Bild haben bis in die kleinste Verästelung hinein“, sagte Söder und betonte: „Für eine neue CSU braucht es neue Regeln und einen neuen Geist.“

Bei Führungsaufgaben für die CSU in Parlamenten sollen gewerbsmäßige Nebentätigkeiten künftig untersagt werden, ebenso wie eine bezahlte Interessensvertretung. Und alle Männer und Frauen, die künftig für die CSU kandidieren wollen, müssen ein neue „Integritätserklärung“ unterschreiben und sich darin zum CSU-Verhaltenskodex bekennen, der noch einmal verschärft werden soll. Bei schweren Verstößen gegen den Kodex soll der Parteiausschluss drohen. Zudem will die CSU schärfere Verhaltensregeln für sämtliche Abgeordneten in den Parlamenten.

Nach Bekanntwerden von Korruptionsermittlungen legte der ehemalige bayerische Justizminister Alfred Sauter am Sonntag alle Parteiämter nieder, darunter seine Sitze in CSU-Vorstand und -Präsidium sowie den Vorsitz der CSU-Finanzkommission. Zugleich teilte er mit, dass er seine Mitgliedschaft in der Landtagsfraktion ruhen lasse – gegen den angedrohten Ausschluss wehrt er sich. Der Parteispitze reicht das nicht aus – Partei und Fraktion müssten nun beraten, welche Schritte gegebenenfalls folgen müssten, sagte Generalsekretär Markus Blume.

Die Aufklärung von Einzelfällen reiche aber nicht mehr aus, sagte Söder. Das Maßnahmenpaket sei nötig, um die CSU zu schützen. „Wir stehen als CSU vor einer zentralen Weggabelung. Wir stehen am Scheideweg. Es geht jetzt um die grundlegende Glaubwürdigkeit, Integrität und das Vertrauen in die gesamte Partei“, betonte Söder.

Auf Nachfrage erklärte Söder, die CSU werde bei den Nebentätigkeiten und den Parteispenden im Bundestag „offen für die weitestgehenden Vorschläge“ mitverhandeln. Ob das bedeutet, dass die CSU wie etwa die SPD die Offenlegung der Nebeneinnahmen ab dem ersten Euro fordere, müsse sich zeigen. „Wir müssen sehen, was rechtlich geht“, sagte Söder. Letztlich müsse das Ziel maximale Transparenz bleiben.

In dem Zehn-Punkte-Plan der CSU heißt es zur Offenlegung der Nebeneinkünfte: „Wir werden gegenüber den Parlamentsverwaltungen für volle Transparenz bei den Nebeneinkünften von Abgeordneten sorgen.“ Anwälte sollen sich laut Blume zwar grundsätzlich weiter auf ihre Schweigepflicht berufen dürfen. Untersagt werde aber eine bezahlte Interessenvertretung oder das Anbahnen von Geschäften mit dem Staat.

Berufliche Tätigkeiten neben dem Bundestagsmandat sind nach dem Abgeordnetengesetz zulässig. Bislang gilt, dass Parlamentarier ihre Einkünfte für jede Tätigkeit melden müssen, wenn sie mehr als 1000 Euro im Monat oder 10.000 Euro im Jahr betragen. Veröffentlicht werden die Angaben in zehn Stufen – deshalb ist die genaue Höhe der Nebeneinkünfte nicht bekannt. Nach Angaben von „abgeordnetenwatch.de“ ist der Anteil der Nebenjobber in der CSU nach der FDP am höchsten.

Blume betonte, die CSU stehe zur Berufsfreiheit für Abgeordnete – aber es brauche eine saubere Trennung. Söder mahnte: „Man muss letztlich erklären, wem man mehr dient: dem Amt oder dem Geld.“ Der CSU-Chef betonte: „Für uns muss klar sein: Das Mandat im Auftrag der Bürgerinnen und Bürger ist der Haupt- und nicht der Nebenjob.“

Die Maskenaffäre war zuletzt zu einer großen Belastung für die Union und insbesondere für die CSU geworden. Gegen den inzwischen aus der CSU ausgetretenen Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein wird wegen des Anfangsverdachtes der Bestechlichkeit ermittelt. Er hatte Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit einer sechsstelligen Provisionszahlung für die Vermittlung von Corona-Schutzmasken an den Staat über seinen Anwalt zurückgewiesen. Und inzwischen ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft München in diesem Zusammenhang auch gegen Sauter – er hat die Vorwürfe ebenfalls zurückweisen lassen.

Der Bezirksvorstand der CSU Schwaben forderte Sauter und Nüßlein am Sonntag „dringend“ auf, ihre Mandate in Landtag und Bundestag niederzulegen und drohte Sauter mit einem Parteiausschlussverfahren.

Zuletzt hatte am Donnerstag der CSU-Bundestagsabgeordnete Tobias Zech wegen möglicher „Interessenkollisionen“ seinen Rückzug aus dem Bundestag erklärt. Mit der Affäre um Corona-Schutzmasken hat der Rücktritt nichts zu tun. Hintergrund sind vielmehr Vorwürfe, Mandat und unternehmerische Tätigkeiten miteinander verquickt zu haben.

Grüne und FDP forderten Söder am Sonntag auf, den Ankündigungen Taten folgen zu lassen – im Hinblick etwa auf striktere Transparenzregeln vom ersten Euro an Nebeneinkünften an und in Sachen Lobbyregister.

Dem 70-jährigen Sauter hatte die Landtags-CSU ein Ultimatum gestellt, um die Vorwürfe „plausibel und nachvollziehbar auszuräumen“. Über einen möglichen Ausschluss soll dann gegebenenfalls in der neuen Woche entschieden werden. Sauter wies dieses Ultimatum zurück. Er schrieb an Fraktionschef Thomas Kreuzer, die Aufklärung sei nun Sache der Staatsanwaltschaft, deshalb äußere er sich nicht. „Und es gehört zu den rechtsstaatlichen Gepflogenheiten, dies zu respektieren.“

Seine Mitgliedschaft in der Fraktion lasse er bis zum Ende des Verfahrens ruhen, „obwohl ich überzeugt bin, in keiner Weise gegen meine Abgeordnetenpflichten und gegen Gesetze verstoßen zu haben“. Ein Fraktionsausschluss wäre „völlig unverhältnismäßig“, warnte er.

Sauter hatte schon Anfang des Monats erklärt, dass er bei einem Masken-Geschäft einen Vertrag erstellt habe. Zuletzt räumte er ein, dass es noch einen „zusätzlich zum Anwaltshonorar geleisteten Geldbetrag“ gegeben habe – den nach Abzug aller Steuern verbleibenden Restbetrag habe er aber, was von Anfang an geplant gewesen sei, gemeinnützigen Zwecken zugeführt. Summen und Details nannte er nicht.

© dpa-infocom, dpa:210321-99-908082/14

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