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Analyse: Bundeswehr gegen Drohnen unterlegen

Eine Drohne der Bundeswehr des Typs "Heron" steht in einem Hangar im Lager Camp Castor der MINUSMA-Mission. Deutschland ist nach einer Analyse der Bundeswehr-Denkfabrik GIDS kaum gerüstet gegen die immer komplexer werdende Technik für Angriffe mit Kampfdrohnen. (Zu dpa "Gegen Drohnen unterlegen: Bundeswehr hätte «kaum eine Chance gehabt»"). Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa
Eine Drohne der Bundeswehr des Typs "Heron" steht in einem Hangar im Lager Camp Castor der MINUSMA-Mission. Deutschland ist nach einer Analyse der Bundeswehr-Denkfabrik GIDS kaum gerüstet gegen die immer komplexer werdende Technik für Angriffe mit Kampfdrohnen. (Zu dpa "Gegen Drohnen unterlegen: Bundeswehr hätte «kaum eine Chance gehabt»"). Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa

Der Einsatz von Drohnen als Waffe hat militärische Kräfteverhältnisse verändert, lässt aber auch neue Arten von Terror befürchten. Die Denkfabrik der Bundeswehr zeichnet ein düsteres Szenario.

Berlin (dpa) – Deutschland ist nach einer Analyse der Bundeswehr-Denkfabrik GIDS kaum gerüstet gegen die immer komplexer werdende Technik für Angriffe mit Kampfdrohnen. Die Experten des Hamburger Thinktanks haben dazu den internationalen Markt sowie den Verlauf der Kämpfe um Berg-Karabach untersucht.

Dort hatt Aserbaidschan im vergangenen Jahr Armenien mit Drohnen besiegt.

„Um es mal ganz drastisch auszudrücken: Wenn die Bundeswehr in diesem konkreten Konflikt gegen Aserbaidschan hätte kämpfen müssen, hätte sie kaum eine Chance gehabt“, stellt Oberstleutnant Michael Karl fest, GIDS-Experte für moderne Kriegsführung und neue Technologien. „Bei Waffensystemen, die genutzt wurden wie Kampfdrohnen und Kamikazedrohnen, hätten wir uns nicht ausreichend wehren können. Allein schon die fehlende Heeresflugabwehr wäre uns zum Verhängnis geworden.“

Existierende Techn ikbleibt unbenutzt

Das GIDS (German Institute for Defence and Strategic Studies) ist eine Kooperation der Führungsakademie der Bundeswehr und der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr in Hamburg. Das Institut untersucht sicherheitspolitische Probleme und berät Politik und die militärische Führung.

Um einem modernen Konflikt bestehen zu können, benötige die Bundeswehr Technologien, über die Deutschland grundsätzlich verfüge, die aber nicht im Militär eingesetzt seien. Die Experten verweisen auf Schall-, Stör- oder Abschussanlagen zur Drohnenabwehr. Deutlich wird auch, dass die zwischen Union und SPD heftig geführte Debatte um die Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr inzwischen schon von der Realität überholt wurde und als Antwort allein nicht mehr ausreichen könnte.

Die Bundeswehr setzt die unbemannten Flugkörper zur Aufklärung und Beobachtung ein. Verbündete und mögliche Gegner haben bewaffnete Drohnen, mit denen Gebiete beobachtet werden und zusätzlich per Steuerbefehl Raketen auf Ziele gefeuert werden können. „Aber die Entwicklung ist ja nun viel perfider geworden. Mittlerweile gibt es sogenannte Einwegdrohnen oder auch Kamikazedrohnen. Sie sind selber eine Waffe, also mit Sprengstoff bestückt“, so Karl. „Anders aber als bei einer Rakete, bei der man Zielkoordinaten eingibt, verfolgen diese Art von Drohnen ihr Ziel. Man könnte beispielsweise einen Schwarm solcher Drohnen so programmieren, dass sie eine Formation Kampfpanzer angreifen.“

Andere Länder schon weiter

Im Moment zählen die USA, Israel, die Türkei und vor allem China zu den wichtigsten Drohnenentwicklern und -herstellern. Der Türkei bescheinigt das GIDS, einen „Riesensprung“ gemacht zu haben und unter die führenden Nationen beim Verkauf und Einsatz von Kampfdrohnen vorgestoßen zu sein. Das vom Schwiegersohn des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mitgeführte Unternehmen Baykar Technologies vertreibe eine Kampfdrohne, die auch in Berg-Karabach eingesetzt worden sei.

Die Drohne Kargu-2 des türkischen Herstellers STM soll bereits in Libyen als sogenanntes autonomes Waffensystem – mit einem Auftrag versehen und zuletzt ohne menschliche Kontrolle – unterwegs gewesen sein. Die Drohne kann mit einer Lernsoftware Daten über den Gegner lernen – beispielsweise Uniformen, Bewaffnung oder Gefechtsfahrzeuge. „Da kann der Mensch nicht mehr eingreifen. Diese Drohne soll Berichten zufolge ihr Ziel verfolgt haben bis zum Treffer“, stellt der Offizier fest.

Die Technik sei inzwischen breit verfügbar. „Man kann die Technik erwerben und die Software dazu. Dann sind Möglichkeiten da, eine handelsübliche Drohne zu einer Kampfdrohne umzustrukturieren und neu zu programmieren“, warnt er. Die Technik stehe auch Terroristen offen. Karl: „Es geht nicht nur um Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten vor Drohnen, sondern auch um den Schutz der Zivilbevölkerung.“

© dpa-infocom, dpa:210612-99-969664/5

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