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Wimbledon wichtiger als French Open: Federer zieht zurück

Roger Federer wird bei den French Open nicht zum Achtelfinale antreten. Foto: Thibault Camus/AP/dpa
Roger Federer wird bei den French Open nicht zum Achtelfinale antreten. Foto: Thibault Camus/AP/dpa

Drei Spiele in Paris – das muss reichen. Vor allem, wenn der Fokus auf etwas ganz anderem liegt. Roger Federer hat in diesem Jahr alles auf Wimbledon ausgerichtet.

Paris (dpa) – Mit dem Einzug ins Achtelfinale hatten die French Open für Roger Federer ihren Zweck erfüllt. Rund 15 Stunden nach seinem hart umkämpften Viersatz-Sieg gegen Davis-Cup-Spieler Dominik Koepfer zog sich der 39 Jahre alte Schweizer vom Sandplatz-Klassiker in Paris zurück.

Zum Achtelfinale gegen den Italiener Matteo Berrittini wird der Rekord-Grand-Slam-Sieger am Montag nicht mehr antreten. Weil er nach mehr als einem Jahr Verletzungspause und zwei nicht ganz einfachen Operationen am Knie kein Risiko eingehen will – und weil ihm Wimbledon eben deutlich wichtiger ist als die French Open.

Federer hört auf seinen Körper

„Nach Diskussionen mit meinem Team, habe ich mich entschieden, mich heute von Roland Garros zurückzuziehen“, wurde Federer in einer Mitteilung des Turniers zitiert. „Nach zwei Knieoperationen und über einem Jahr Aufbautraining ist es wichtig, dass ich auf meinen Körper höre und sichergehe, dass ich mich nicht zu schnell pushe“, sagte Federer. „Ich bin glücklich, dass ich drei Matches spielen konnte. Es gibt kein besseres Gefühl, als zurück auf dem Platz zu sein.“

Schon vor dem Beginn des zweiten Grand-Slam-Turniers der Saison hatte Federer deutlich gemacht, dass er die French Open für sich nur als Vorbereitung auf die für ihn viel wichtigere Rasen-Saison ansieht. Am 28. Juni beginnt der Klassiker in Wimbledon. Dort scheint die Chance am größten, dass er seinen bislang 20 Grand-Slam-Titeln einen weiteren hinzufügen kann.

Italiener Berrettini kampflos ins Viertelfinale

Die Veranstalter in Paris bekommen von Federer nun quasi die Quittung dafür, dass sie das Turnier eigenmächtig um eine Woche nach hinten verschoben hatten. So ist der Terminplan enger als gewöhnlich. Schon in einer Woche steht das Rasenturnier in Halle an, wo sogar eine Straße nach Roger Federer benannt ist.

Federer lässt Berrettini also kampflos ins Viertelfinale einziehen. In Erinnerung bleiben wird seine Partie gegen Koepfer dennoch. Es war das erste Mal, dass eine Night Session in Paris bis nach Mitternacht dauerte. Und es war danach auch für Federer einer der surrealsten Momente seiner langen und so erfolgreichen Karriere.

Da stand er nun auf dem Court Philippe Chatrier im Stade Roland Garros von Paris, es war kurz vor eins in der Nacht und Federer gab ein Interview. Zuvor hatte er Koepfer in mehr als dreieinhalb Stunden mit 7:6 (7:5), 6:7 (3:7), 7:6 (7:4), 7:5 besiegt, in normalen Zeiten hätten ihm in der Nacht zum Sonntag trotz später Stunde rund 15.000 Zuschauer zugejubelt.

Doch jetzt? War es mucksmäuschenstill in der großen Arena, hin und wieder hörte man das Klicken der Kameras, wenn einer der Fotografen wieder auf den Auslöser gedrückt hatte – das war’s. Ansonsten hörte man nur die Fragen der Interviewerin – der früheren Topspielerin Marion Bartoli – und eben Federers Antworten.

Federers Liebe zum Tennis

„Das war in mehrerer Hinsicht sehr speziell“, sagte Federer zu den der Coronavirus-Pandemie geschuldeten Umständen. Doch es zeigt, welche Liebe der Schweizer auch mit 39 Jahren und nach zwei nicht ganz einfachen Knieoperationen noch für den Tennissport hat. Mitten in der Nacht gegen einen unbequemen Gegner, der nicht umsonst den Spitznamen Pitbull trägt, und dann noch unter diesen recht trostlosen Begleitumständen – nicht viele hätten sich da beim Stand von 1:1 in den Sätzen und mit einem Breakrückstand im dritten Durchgang noch einmal zurückgekämpft.

Auch Federer hatte in diesem Moment Zweifel. „Ich konnte ja nicht wissen, wie viel Energie ich noch im Tank habe und musste auch ein bisschen dosieren“, gab der Rekord-Grand-Slam-Turniersieger zu. Doch Federer fand irgendwie einen Weg, auch weil Koepfer in einigen Phasen die Nerven einen Streich spielten.

Lob von Andy Murray

„In den entscheidenden Momenten gewinnt er das Match wahrscheinlich einfach, weil er Roger Federer ist“, sagte Koepfer nach der für ihn bitteren Niederlage. „Der Ausgang dieses Spiels interessiert mich überhaupt nicht. Federer mit 39 Jahren nach zwei Knieoperationen um 00.30 Uhr in einem leeren Stadion spielen zu sehen, ist für mich inspirierend“, schrieb der Brite Andy Murray, ebenfalls immer wieder von Verletzungen gestoppt, währen der Partie bei Twitter.

Für Federer, der sein zuvor letztes Grand-Slam-Turnier 2020 in Melbourne bestritten hat, war es ein wichtiger Sieg. Nicht weil er den Einzug ins Achtelfinale bedeutete, sondern weil er zeigte, dass sein Körper nach mehr als einjähriger Pause auch extremen Belastungen wieder standhält. „Das war heute ein großer Schritt“, sagte Federer. Er genügte ihm, weshalb er auf das Achtelfinale am Montag verzichtet.

© dpa-infocom, dpa:210606-99-881700/6

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