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Fritz Keller: Gegner wollen Amtsenthebung, Seehofer mahnt DFB

Fritz Keller entschuldigte sich nochmals für seine Entgleisung, will seinen Posten aber nicht räumen. Foto: Arne Dedert/dpa
Fritz Keller entschuldigte sich nochmals für seine Entgleisung, will seinen Posten aber nicht räumen. Foto: Arne Dedert/dpa

DFB-Präsident Fritz Keller hat sich erstmals seit der Aufforderung zum Rücktritt gemeldet. Seinen Posten will er aber nicht räumen. Seehofer übt scharfe Kritik, die Länderchefs wollen eine Amtsenthebung.

DFB-Präsident Fritz Keller gibt nicht auf, seine Gegenspieler erhöhen den Druck. Nur kurz nach der ersten offiziellen Äußerung Kellers seit dem Misstrauensvotum des Amateurlagers fordern die Länderchefs nun ein Amtsenthebungsverfahren.

Fritz Keller solle seinen Posten aufgeben, um „damit weiteren Schaden vom DFB abzuwenden“, hieß es am Freitagabend in einer über den DFB verbreiteten Mitteilung nach einer Konferenz der Präsidenten der Regional- und Landesverbände. Das DFB-Präsidium solle nach dem Nazi-Vergleich Kellers eine Sitzung des Vorstands einberufen, um Keller des Amts zu entheben.

Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte schon zuvor von den öffentlichen Streitereien genug. Der CSU-Politiker, zuständig auch für den Sport im Lande, sah sich veranlasst, die Spitzen des deutschen Fußballs zur Räson zu rufen. „Es wird Zeit, dass die Sportverbände dieses jämmerliche Schauspiel beenden“, sagte Seehofer der Deutschen Presse-Agentur. „Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Sportfreunde“, fügte er hinzu.

Fünf Tage nachdem die Chefs der Regional- und Landesverbände des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) Keller das Vertrauen entzogen und ihn zum Rücktritt aufgefordert haben, meldete sich der Spitzenfunktionär erstmals auf der DFB-Webseite.

Inhaltlich viel Neues über seine bisherigen bekannten Äußerungen hinaus lieferte er nicht. Wieder bat der 64-Jährige um Verzeihung für seine „Freisler“-Entgleisung gegen seinen Vize Rainer Koch. Wieder betonte er, dass er das Misstrauens-Votum der Regional- und Landesverbände ernst nehme. Von Rücktritt ist aber weiter keine Rede.

Sieben Stunden später unternahmen die Länderchefs den nächsten Schritt. Das DFB-Präsidium solle eine Sitzung des Vorstands einberufen – dies können die Länderchefs gemäß Satzung nicht eigenständig, der Vorstand tritt auf Einladung des Präsidiums „bei Bedarf“ zusammen. Dabei solle es den Tagesordnungspunkt „Enthebung von Fritz Keller gemäß § 32 Nr. 3 der DFB-Satzung von seiner Tätigkeit als Präsident des Deutschen Fußball Bundes“ geben.

In diesem Paragrafen heißt es unter anderem: „Der Vorstand ist berechtigt, Präsidiums-, Vorstands- und Ausschussmitglieder bei grober Pflichtverletzung oder bei Unwürdigkeit mit sofortiger Wirkung ihrer Tätigkeit im DFB durch schriftlich begründete Entscheidung bis zum nächsten ordentlichen Bundestag zu entheben.“ Der Vorstand des DFB setzt sich aus Präsidiumsmitgliedern, den Landes- und Regionalchefs sowie zwölf Vertretern der Deutschen Fußball Liga zusammen.

Zuvor hatte Keller angedeutet, dass er seinen Fall bis vor dem höchsten Gremium der Sportgerichtsbarkeit vertreten will. „Ich stelle mich selbstverständlich dem zuständigen Sportgericht und falls nötig dem Bundesgericht, in einem laufenden Verfahren, das nach Aussage des Vorsitzenden noch im Mai abgeschlossen sein soll“, schrieb der 64-jährige Freiburger.

Dass sein Statement zwischenzeitlich für etwa eine Stunde von der DFB-Webseite verschwunden war, sorgte kurzzeitig für Verwirrung, passte aber in das öffentliche Erscheinungsbild des größten Einzel-Sportfachverbandes der Welt.

Keller war der Hoffnungsträger, als er im September 2019 als Nachfolger des frühzeitig gescheiterten Reinhard Grindel an die Spitze des DFB rückte. Doch seit Monaten liefert er sich mit DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius, dem die Regional- und Landesverbänden ebenfalls das Vertrauen entzogen, eine Dauerfehde. Zur Führungskrise beim DFB kommt auch ein öffentlich geführter Streit zwischen Koch und DFL-Chef Christian Seifert.

„Angetreten bin ich für mehr Transparenz im DFB und seinen Gremien. Die bestehenden organisatorischen Herausforderungen des DFB und die dringenden Fragen zur inneren Struktur und Zusammenarbeit in der DFB-Führung müssen jetzt offen angegangen werden“, schrieb Fritz Keller.

Die Öffentlichkeit verlange die Aufarbeitung und Klärung der dringlichen Fragen, hieß es weiter. „Ich werde mich den anstehenden Diskussionen nicht entziehen.“ Es liege ihm „am Herzen, persönlich den Weg zu bereiten, dass der DFB mit der Integrität und Transparenz geführt wird, die der Fußball verdient und die nötig ist, um wieder seine volle gesellschaftliche Kraft zu entfalten“, so der Winzer und Gastronom.

Doch viele wollen gar nicht mehr oder trauen es Keller auch nicht mehr zu, dass er diesen Weg bereitet. Seit er am 23. April bei einer Präsidiumssitzung Koch als „Freisler“ bezeichnet und so mit Roland Freisler, dem Vorsitzenden des Volksgerichtshofes im Nationalsozialismus, verglichen hat, gab es Kritik von allen Seiten.

Zwar bat Fritz Keller Koch persönlich um Entschuldigung, beruhigen konnte dies die Situation aber nicht. „Ich bedauere meine affektbeladene Entgleisung zutiefst und bitte erneut um Verzeihung“, hieß es in Kellers Stellungnahme am Freitag.

Ob seine Dauer-Demut ihm das Amt rettet, ist offen. Die DFL-Vertreter im DFB-Präsidium, zu denen auch Seifert gehört, distanzierten sich „deutlich und in aller Form“ von der Wortwahl Kellers gegenüber Koch. Curtius und Schatzmeister Stephan Osnabrügge meldeten den Vorfall der Ethikkommission. Und auch das DFB-Sportgericht beschäftigt sich damit.

Keller geht derzeit außerhalb des Verbandes in die Offensive. Am Donnerstag sprach er mit Charlotte Knobloch, der früheren Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, bat auch sie um Entschuldigung für seinen Nazi-Vergleich – und erhielt Unterstützung.

„Dass er mit seiner unbedachten Aussage einen Fehler gemacht hat, steht außer Frage: Er selbst hat dafür bereits um Entschuldigung gebeten. Ein einziger verbaler Fehlgriff macht aber Kellers langjähriges Engagement nicht ungeschehen, und er ändert auch nichts an der Person Fritz Keller, die ich kenne und unverändert schätze“, sagte die 88-Jährige in einer Stellungnahme.

Er spreche derzeit mit verschiedenen Personen, „um das wieder geradezurücken und bedanke mich sehr bei Charlotte Knobloch (…) für ihren Rat und ein sehr offenes Gespräch“, hatte Fritz Keller nach seinem Besuch in München verlauten lassen.

© dpa-infocom, dpa:210507-99-507493/5



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