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Dänemark – Finnland: Christian Eriksen bei Bewusstsein und im Krankhaus

Der Däne Christian Eriksen war während des Spiels zusammengebrochen. Foto: Martin Meissner/AP Pool/dpa
Der Däne Christian Eriksen war während des Spiels zusammengebrochen. Foto: Martin Meissner/AP Pool/dpa

Im Vorrundenspiel zwischen Dänemark und Finnland kollabiert Christian Eriksen. Sofort werden lebensrettende Maßnahmen eingeleitet. Die Spieler, Trainer und Zuschauer im Stadion stehen unter Schock.

Der im EM-Vorrundenspiel zwischen Dänemark und Finnland in Kopenhagen kollabierte Fußball-Star Christian Eriksen ist bei Bewusstsein.

Nach einem der größten Dramen der europäischen Fußball-Geschichte beschrieb Trainer Kasper Hjulmand die Atmosphäre in der dänischen Kabine in nur einem Satz: „Die Spieler sind komplett durch und emotional erschöpft.“

Sanitäter kämpften minutenlang um sein Leben, tausende Zuschauer im Stadion und Millionen an den Bildschirmen zitterten um Christian Eriksen. Nach den ersten positiven Rückmeldung ließ die UEFA das Spiel mit dem Einverständnis beider Teams nach mehr als anderthalbstündiger Unterbrechung fortsetzen.

Dass die Dänen am Ende noch mit 0:1 (0:0) verloren und der Außenseiter Finnland mit dem Torschützen Joel Pohjanpalo (60.) sowie dem Elfmetertöter Lukas Hradecky (74.) jetzt sogar zwei EM-Helden hat, blieb an diesem Samstagabend aber nur eine Randnotiz.

Die geschockten dänischen Spieler bildeten um den kollabierten Christian Eriksen einen Kreis. Foto: Stuart Franklin/Getty Pool/AP/dpa
Die geschockten dänischen Spieler bildeten um den kollabierten Christian Eriksen einen Kreis. Foto: Stuart Franklin/Getty Pool/AP/dpa

Denn dafür waren die Bilder beim Spiel Dänemark gegen Finnland zu schockierend: Als Christian Eriksen regungslos am Boden lag, schlugen die schockierten dänischen Spieler die Hände vor ihr Gesicht, verdeckten dann mit einem Kreis den Blick auf die Behandlung. Im Stadion herrschte eine gespenstische Stille und Freundin Sabrina eilte in größter Sorge auf den Rasen.

„Alle Gedanken sind jetzt bei Christian und seiner Familie“, sagte Dänemarks Trainer Kasper Hjulmand. „Wir wurden heute daran erinnert, was das Wichtigste im Leben ist: Dass man Menschen um sich herum hat, die einem nah stehen. Ich könnte nicht stolzer auf meine Spieler sein. Was sie geleistet haben, war unglaublich.“

Der dänische Trainer wies zurück, dass beide Teams vom europäischen Verband zur Fortsetzung der Partie gedrängt wurden. „Wir hatten zwei Optionen: Das Spiel fortzusetzen oder morgen um 12.00 Uhr zu spielen. Jeder wollte heute spielen“, sagte der ehemalige Coach von Mainz 05. Auch Finnlands Torschütze Pohjanpalo bestätigte: „Das Wichtigste ist: Es geht Christian gut. Er wollte, dass wir weiterspielen. Das dänische Team und wir haben diesen Wunsch respektiert.“

Sofort lebensrettende Maßnahmen

Die dänischen Spieler bilden um den kollabierten Christian Eriksen einen Kreis. Foto: Markku Ulander/Lehtikuva/dpa
Die dänischen Spieler bilden um den kollabierten Christian Eriksen einen Kreis. Foto: Markku Ulander/Lehtikuva/dpa

Christian Eriksen war während der Partie Dänemark gegen Finnland in Kopenhagen auf dem Rasen zusammengebrochen und regungslos liegen geblieben. Sofort herbeigerufene Helfer hatten lebensrettenden Maßnahmen eingeleitet.

Es dauerte mehr als eine quälend lange Stunde, ehe der dänische Verband DBU mitteilte, dass der 29-Jährige bei Bewusstsein ist und ins Reichskrankenhaus gebracht wurde. „Wir haben Kontakt mit Christian gehabt, und die Spieler haben mit ihm gesprochen. Es geht ihm gut“, sagte der Direktor des dänischen Fußballverbandes DBU, Peter Møller, dem Rundfunksender DR.

Nationaltrainer Kasper Hjulmand berichtete nach dem Spiel: „Wir haben es geschafft, Christian zurückzuholen. Er hat mit mir gesprochen, bevor er ins Krankenhaus gebracht wurde.“ Eriksens Agent Martin Schoote sagte im niederländischen Radio, er habe kurz mit dem Vater des Inter-Mailand-Profis gesprochen, der ihm gesagt habe, dass Christian Eriksen atmen und sprechen könne. „Das sind die Nachrichten, die wir im Moment haben, und über die wir froh sind.“

Dass das Spiel beim Stand von 0:0 fortgesetzt wurde, sorgte vor allem in sozialen Netzwerken für viel Kritik. Im Stadion herrschte aber größtenteils Jubel, der vor allem eines ausdrückte: Erleichterung, dass Christian Eriksen am Leben ist. Während des Wartens auf die Fortsetzung gab es eine beeindruckende Stimmung der Empathie und Solidarität. Finnische Fans riefen: „Christian“. Dänische riefen zurück: „Eriksen!“ Alle im Stadion applaudierten.

Schock bei den Dänen zu spüren

Beide Mannschaften entschlossen sich nach der ersten Entwarnung zum Weiterspielen. Foto: Markku Ulander/Lehtikuva/dpa
Beide Mannschaften entschlossen sich nach der ersten Entwarnung zum Weiterspielen. Foto: Markku Ulander/Lehtikuva/dpa

Das Spiel wurde auf Wunsch beider Mannschaften nach mehr als 90-minütiger Unterbrechung beim Stand von 0:0 fortgesetzt. Doch so einfach konnten die Gastgeber den Schock nicht abschütteln, auch wenn sie sich noch so viel Mühe gaben.

Gerade die dänischen Spieler kamen teils mit Tränen in den Augen auf den Rasen zurück. Torwart Kasper Schmeichel nahm vor dem Wiederanpfiff jeden Mitspieler in den Arm. Zusammen mit allen Betreuern und Medizinern bildeten die Dänen einen Kreis. „Die Spieler waren sich sicher, heute nicht mehr schlafen zu können. Es war besser, zu sagen: Wir bringen es jetzt hinter uns“, sagte Kasper Hjulmand.

In den verbleibenden knapp 50 Minuten ging es überraschend schnell, bis zumindest etwas fußballerische Scheinnormalität wieder einkehrte. Die dänischen Spieler versuchten mit viel Engagement, das 0:1 noch aufzuholen – vergaben mit einem Elfmeter Pierre-Emil Höjbjerg aber auch die Großchance auf zumindest den Ausgleich.

Der Treffer von Pohjanpalo wurde somit zum Siegtor – gejubelt hatte der Finne über den Treffer nicht. „Wenn man ein Tor schießt, ist immer der erste Reflex, zu jubeln. Mir war aber schnell klar, dass das heute nicht angebracht ist“, sagte Pohjanpalo.

Die UEFA kürte Eriksen nach dem Spiel als Geste zum „Man of the Match“. „Momente wie diese relativieren alles im Leben. Ich wünsche Christian eine vollständige und schnelle Genesung und bete, dass seine Familie Kraft und Glauben hat“, wurde Aleksander Ceferin als Präsident der Europäischen Fußball-Union auf Twitter zitiert.

Kollaps ohne Fremdeinwirkung

Der Däne Christian Eriksen (l) brach im Spiel gegen Finnland zusammen. Foto: Friedemann Vogel/POOL EPA/AP/dpa
Der Däne Christian Eriksen (l) brach im Spiel gegen Finnland zusammen. Foto: Friedemann Vogel/POOL EPA/AP/dpa

Die Aktion passierte in der 43. Minute des Spiels Dänemark gegen Finnland ohne gegnerische Einwirkung: Bei einem Einwurf ging Christian Eriksen dem Ball entgegen und sackte dann zu Boden. Die Spieler um ihn herum sahen direkt die Notlage und riefen medizinische Hilfe herbei.

Danach begannen die dramatischen Minuten. Es war zu sehen, wie Rettungskräfte eine Herzmuskelmassage bei ihm durchführten. Die dänischen Spieler versammelten sich teils den Tränen nahe um ihren Mitspieler. Schließlich wurde Eriksen auf einer Rettungstrage, unter Sichtschutz aus dem Innenraum des Stadions gefahren und ins Krankenhaus gebracht.

Es wurden schlimme Erinnerungen an das Halbfinale im Confederations Cup 2003 in Lyon wach, als der Kameruner Marc-Vivien Foé im Spiel gegen Kolumbien plötzlich zusammenbrach und auf Höhe der Mittellinie regungslos liegen geblieben war. Kurz darauf starb Foé. Die Todesursache war Herzversagen.

Große Anteilnahme in der Fußball-Welt

Die dänische Mannschaft schwört sich vor dem Wiederanpfiff ein. Foto: Friedemann Vogel/POOL EPA/AP/dpa
Die dänische Mannschaft schwört sich vor dem Wiederanpfiff ein. Foto: Friedemann Vogel/POOL EPA/AP/dpa

Das ZDF und Magenta TV unterbrachen im Anschluss zeitweise ihre Übertragung aus Kopenhagen, schalteten dann aber zurück zur Fortsetzung der Partie.

„Das ist eine Situation, die ist Wahnsinn, ohne Worte. Wir hoffen einfach nur das Beste“, sagte Ex-Nationalspieler Christoph Kramer im ZDF. „Ich bin wie in Schockstarre, mir fehlen die Worte und mir fehlen die Worte eigentlich nie. Das sind Szenen, die habe ich noch nie erlebt.“

In den sozialen Medien drückten Fußballstars weltweit ihre Anteilnahme aus. „Geschockt. Wir sind alle bei dir, Christian Eriksen. Sei bitte ok“, schrieb etwa Weltmeister Mesut Özil und Marco Reus twitterte: „Werd schnell wieder gesund @ChrisEriksen8.“ Reus‘ Dortmunder Teamkollege Jadon Sancho schrieb: „Meine Gebete gehen an Dänemark“. Auch die deutsche Nationalmannschaft wünschte aus ihrem EM-Quartier gute Besserung.

Die finnische Regierungschefin Sanna Marin, die kurz zuvor noch ein Foto von sich im Finnen-Trikot gepostet hatte, schrieb auf Twitter: „Unsere Gedanken sind jetzt bei Christian Eriksen.“ Dazu stellte sie ein Herz und eine Dänemark-Flagge. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich bei seinem Dänemark-Besuch betroffen.

Der Mittelfeldspieler des italienischen Meisters Inter Mailand ist der Star seines Nationalteams. Für Dänemark bestritt er mit 29 Jahren heute gegen Finnland bereits sein 109. Länderspiel, 36 Treffer stehen auf seinem Konto.

Im Januar 2010 hatte Christian Eriksen sein Profidebüt für den niederländischen Rekordmeister Ajax Amsterdam gegeben, mit dem er 2011, 2012 und 2013 Meister wurde. Danach folgte sein Wechsel zum Premier-League-Spitzenclub Tottenham Hotspur, wo seine Karriere richtig Fahrt aufnahm. Seit Januar 2020 spielt er in der Serie A für Inter. In Dänemark wurde er mehrmals zum Fußballer des Jahres gewählt.

© dpa-infocom, dpa:210612-99-967403/22



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