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Armin Laschet zu Wahldebakel: „Volle Verantwortung trage ich“

«Den Wahlkampf, die Kampagne habe ich zu verantworten und sonst niemand»: CDU-Chef Armin Laschet. Foto: Marcel Kusch/dpa
«Den Wahlkampf, die Kampagne habe ich zu verantworten und sonst niemand»: CDU-Chef Armin Laschet. Foto: Marcel Kusch/dpa

Der Deutschlandtag der Jungen Union steht ganz im Zeichen der historischen Schlappe für CDU/CSU bei der Bundestagswahl. Es gibt klare Worte – auch von Kanzlerkandidat Armin Laschet.

Unionskanzlerkandidat Armin Laschet hat die alleinige Verantwortung für das miserable Abschneiden der Union bei der Bundestagswahl übernommen.

„Wir haben ein bitteres Ergebnis erzielt“, sagte er am Samstag beim Deutschlandtag der Jungen Union in Münster. „Nichts lässt sich schön reden. Die Verantwortung trage ich als Vorsitzender und Kanzlerkandidat“, sagte Armin Laschet. „Den Wahlkampf, die Kampagne habe ich zu verantworten und sonst niemand.“

Mit Blick auf eine wahrscheinliche Oppositionsrolle im Bund und mehrere anstehende Landtagswahlen forderte er zugleich mehr Zusammenhalt.

Laschet bereitet Union auf Opposition vor

„Wir müssen wieder zusammenstehen“, forderte Armin Laschet, dem die Delegierten viel Respekt für seine schonungslose Analyse zollten. CSU-Chef Markus Söder hatte dagegen kurzfristig abgesagt, was viele Delegierte in ihren Redebeiträgen kritisierten.

Armin Laschet mahnte, es solle gegen den politischen Gegner gehen und „nicht gegeneinander in der Unionsfamilie“. Er hatte bereits angekündigt, seine politischen Ambitionen zurückzustellen. Die CDU will demnächst bei einem Sonderparteitag ihren gesamten Parteivorstand neu wählen. Die Union war bei der Bundestagswahl auf ihren historischen Tiefstwert von nur 24,1 Prozent angestürzt.

Laschet machte deutlich, dass er von einer Oppositionsrolle für die Union im Bund ausgeht. In der Opposition sei es besonders wichtig, „gemeinsam und einheitlich aufzutreten“ und „klug und intelligent den Finger in die Wunde zu legen“, wenn eine künftige Regierung Fehler mache, unterstrich er mit Blick auf ein mögliches Ampelbündnis aus SPD, Grünen und FDP.

„Es geht nicht um Armin, Friedrich, Jens, Ralph“

Gesundheitsminister Jens Spahn räumte ein: „Es war ein beschissenes Wahlergebnis und die Lage ist es auch. Da gibt es nichts drum herum zu reden.“ Die Union werde eine konstruktive Opposition sein und nicht immer bloß „Nein“ sagen. Zugleich gab sich der Parteivize auch kämpferisch: „Die CDU ist nicht erledigt.“

Jens Spahn rief zu Teamgeist statt „Schaulaufen“ auf. „Es geht hier doch nicht um Armin, Friedrich, Jens, Ralph oder wen auch immer“, rief er unter großen Beifall in der Halle. „Die Union ist größer als jeder von uns.“ Als Anwärter für die Nachfolge Laschets werden Spahn, der Wirtschaftsexperte Friedrich Merz, Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus oder der Außenpolitiker Norbert Röttgen genannt.

Armin Laschet wies die Darstellung des ehemaligen Unionsfraktionschefs Friedrich Merz zurück, der die Union zu Beginn der JU-Tagung am Freitag als „insolvenzgefährdeten schweren Sanierungsfall“ bezeichnet hatte. Merz hatte seine Partei aufgefordert, nicht Personalfragen in den Mittelpunkt zu stellen, sondern die inhaltliche Aufstellung. „Wir sollten uns ausschließlich mit der Frage beschäftigen, wie kommen wir da wieder raus?“

Laschet entgegnete: „Ich schätze Friedrich Merz und ich schätze auch seine Analysestärke, aber wir haben ein gutes Programm gehabt, wir haben Positionen gehabt, für die wir auch weiter stehen.“

Das mit Spannung erwartete Aufeinandertreffen von Laschet und CSU-Chef Söder blieb aus. Söder war einst im internen Ringen um die Kanzlerkandidatur unterlegen gewesen und hatte immer wieder gegen Armin Laschet gestichelt.

In der Welt am Sonntag warb Markus Söder nun für ein neues Miteinander der beiden Schwesterparteien CDU und CSU. „In Stil und Inhalt sollten wir wieder enger zusammenrücken, anstatt öffentlich übereinander zu reden“, meinte Söder. „Die CSU wird daher keine öffentlichen Ratschläge erteilen, sondern – wenn es gewünscht ist – mithelfen, die Union zu stabilisieren.“

„Keine One-Man-Show“

Zuvor war die die Junge Union mit ihren Mutterparteien ins Gericht gegangen. Zum Unionskanzlerkandidaten und CDU-Chef heißt es in einem Antrag des JU-Bundesvorstands für den Deutschlandtag:

„Armin Laschet konnte die Herzen der Menschen leider nicht erreichen. Ganz im Gegenteil: Viele Wähler haben der Union wegen des Personalangebots die Stimme nicht gegeben.“

Der JU-Bundesvorstand kritisiert: „Eine solche Kandidatur ist aber keine One-Man-Show. Weder im Sieg noch in der Niederlage.“ Nur wenige im Bundeskabinett seien im Wahlkampf hilfreich gewesen, heißt es weiter in dem Papier „Neuanfang. Unser Plan für eine moderne Volkspartei“.

Auch die Spitzen von CDU und CSU hätten „keine gute Figur abgegeben“. Die Analyse lautet: „Wir haben aus eigener Schwäche verloren, nicht wegen der Stärke der anderen.“

Union müsse sich „unten erneuern“

Tilman Kuban, Bundesvorsitzender der Jungen Union Deutschland. Foto: Felix Kästle/dpa
Tilman Kuban, Bundesvorsitzender der Jungen Union Deutschland. Foto: Felix Kästle/dpa

Die Union muss sich nach Ansicht der JU-Bundesspitze „von unten erneuern und gleichzeitig weiblicher und vielfältiger werden“.

Nur mit „neuen, in der Öffentlichkeit unverbrauchten Köpfen“ und der Einleitung eines Generationenwechsels seien neue Wähler zu gewinnen. Mit Blick auf die Themen Wirtschaft und Klimaschutz, steigende Wohnkosten, Rente und Migration warnt der Antrag: „Wenn wir hier nicht stärker werden und mit einfachen, klaren Botschaften agieren, werden wir einen Großteil der Bevölkerung nicht mehr erreichen.“

Die JU sieht sich selbst als „Motor der personellen und inhaltlichen Erneuerung unserer Partei“. Sie beklagt aber, „dass die Union so schlechte Ergebnisse bei Erst- und Jungwählern hat“. Ziel sei es, mehr „als Anwalt für die junge Generation“ wahrgenommen zu werden.

Vor der Wahl einer neuen CDU-Spitze auf einem Sonderparteitag sei eine Mitgliederentscheidung von zentraler Bedeutung, denn: „Es würde unsere Partei zerreißen, wenn jetzt erneut eine wegweisende Personalentscheidung an den Mitgliedern vorbeigetroffen würde.“

Bundeschef Tilman Kuban hatte zum Auftakt der Tagung am Freitag betont, die JU müsse „mit neuen Köpfen, neuer Programmatik und neuem Zusammenhalt zwischen CDU und CSU vorangehen“.

Union in Umfrage unter 20 Prozent

Die Union hat die Talsohle noch nicht durchschritten. Nach ihrem historisch schlechten Ergebnis bei der Bundestagswahl sank sie in einer weiteren Umfrage unter die Marke von 20 Prozent.

Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, kämen CDU und CSU nur noch auf 19 Prozent, wie die Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-„Politbarometer“ ermittelte. Vor wenigen Tagen erst rutschte die Union in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für die „Bild“ auf 19,5 Prozent – das war der niedrigste jemals vom Insa-Meinungstrend gemessene Wert für die Union.

Armin Laschet hat angekündigt, die inhaltliche und personelle Neuaufstellung der Partei auf Bundesebene moderieren zu wollen. Die CDU will auf einem Sonderparteitag den kompletten Bundesvorstand neu wählen.

Doch zunächst soll es am 30. Oktober ein Treffen der Kreisvorsitzenden geben. Dieses Treffen soll dazu dienen, in die Mitgliedschaft hineinzuhorchen. Drei Tage später soll dann von Präsidium und Bundesvorstand entschieden werden, wie die Basis konkret die geplante Erneuerung eingebunden wird. Ob der Parteitag im Dezember oder womöglich erst im Januar stattfinden wird, ist offen.

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