Ausland EU News Politik Topthemen

Wahlen in Ungarn: Viktor Orban gibt sich zuversichtlich

Viktor Orban, Ministerpräsident von Ungarn, bei einer Wahlkampfveranstaltung in Szekesfehervar. Foto: Petr David Josek/AP/dpa
Viktor Orban, Ministerpräsident von Ungarn, bei einer Wahlkampfveranstaltung in Szekesfehervar. Foto: Petr David Josek/AP/dpa

Seit zwölf Jahren herrscht Viktor Orban über sein Land – wird er nach den heutigen Wahlen in Ungarn eine fünfte Amtszeit erhalten? Kritiker sehen in ihm einen Populisten, der die Bevölkerung manipuliert und sich persönlich an EU-Geldern bedient. Kann er weitermachen wie bisher?

8,2 Millionen wahlberechtigte Bürger und Bürgerinnen können heute in Ungarn bei den Wahlen ihre Stimme für ein neues Parlament abgeben, Amtsinhaber Viktor Orban gibt sich optimistisch.

„Ich bin zuversichtlich“, erklärte der seit zwölf Jahren regierende Ministerpräsident Viktor Orban am Vormittag nach der Stimmabgabe vor seinem Wahllokal im Budapester Stadtteil Zugliget.

„Es ist eine seltsame Wahl, denn (…) wegen des Krieges (in der Ukraine) müssen wir uns mit Fragen von Krieg und Frieden beschäftigen“, fügte Viktor Orban vor Journalisten hinzu.

Orban strebt eine fünfte Amtszeit an, die vierte in Folge. Meinungsumfragen sahen seine rechtsnationale Fidesz-Partei zuletzt  einige Prozentpunkte vor dem Bündnis von sechs Oppositionsparteien.

Dieses tritt erstmals in dieser Form an. Der Zusammenschluss von linken, grünen, liberalen und rechts-konservativen Parteien will auf diese Weise seine Chancen optimieren.

Der Spitzenkandidat der Oppositionsallianz, der parteilose Konservative Peter Marki-Zay, rief in einem Facebook-Video dazu auf, die Orban-Regierung abzuwählen.

„Wählen wir eine bessere Welt, ein glückliches Ungarn“, sagte er vor seinem Haus in der südostungarischen Kleinstadt Hodmezövasarhely, wo er seit 2018 Bürgermeister ist. Er selbst werde nach dem Besuch des Gottesdienstes zur Wahl gehen, erklärte der bekennende Katholik.

Orban wettert gegen Opposition

Die Wahl ist vom Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine überschattet. In einem letzten Fernsehinterview am Samstagabend unterstellte Orban der Opposition, sich in den Krieg in der benachbarten Ukraine einmischen zu wollen.

„Die Linke hat mit den Ukrainern einen Pakt geschlossen, und wenn sie gewinnt, zieht sie Ungarn in den Krieg hinein“, sagte Viktor Orban. Tatsächlich gibt es einen solchen Pakt nicht, und Orban legte dafür auch keine Beweise vor.

Das Oppositionsbündnis schließt nicht nur linke und sozialdemokratische Parteien ein, sondern auch grüne, liberale und rechts-konservative. Sein Spitzenkandidat, der 49-jährige Peter Marki-Zay, ist ein parteiloser Konservativer und bekennender Katholik.

Freundschaft zu Putin

Peter Marki-Zay, ungarischer Oppositionskandidat, bei einer Rede in Budapest. Foto: Laszlo Balogh/AP/dpa
Peter Marki-Zay, ungarischer Oppositionskandidat, bei einer Rede in Budapest. Foto: Laszlo Balogh/AP/dpa

Viktor Orban hat wiederum in den letzten Jahren freundschaftliche  Beziehungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin geknüpft. Den russischen Krieg gegen die Ukraine verurteilte er nur halbherzig.

Auf der Abschlusskundgebung der Opposition am Samstagabend in Budapest warf Marki-Zay dem Regierungschef wegen seiner Haltung zu Moskau „Landesverrat“ vor. „Wir alle schämen uns für Viktor Orban“, sagte er. „Doch jetzt waschen wir diese Schande von uns ab.“

Bereits vor dem Ukraine-Krieg hatte Orban in einem permanenten Konflikt mit der EU gestanden. Im Laufe seiner Herrschaft höhlte er die demokratischen Institutionen aus, schränkte die Medienfreiheit ein und beschädigte die Unabhängigkeit der Justiz. Kritiker werfen ihm außerdem Korruption und den Missbrauch von EU-Förderungen vor.

Beobachter fürchten Wahlbetrug

Um diese Missstände abzustellen, führte die EU Ende 2020 einen sogenannten Rechtsstaatsmechanismus ein. Mitgliedsländer, die gegen Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit verstoßen, können künftig Fördermittel entzogen werden.

Bereits jetzt hält die EU-Kommission für Ungarn vorgesehene Mittel aus dem Corona-Wiederaufbaufonds zurück, weil die Orban-Regierung ihre korrekte Verwendung bislang nicht glaubhaft zu machen vermochte.

Viktor Orban, der 2014 die „illiberale Demokratie“ nach russischem Vorbild ausgerufen hatte, änderte auch die Wahlgesetze derart, dass es für politische Konkurrenten immer schwieriger wird, ihn abzuwählen. Der Zuschnitt der Wahlkreise sowie das Wahlrecht für ethnische Ungarn in den Nachbarländern begünstigen Orbans Fidesz-Partei.

Außerdem stellte Orban die Ressourcen der Regierung und des Staates ungeniert in den Dienst der Fidesz-Wahlwerbung. Wahlforschern zufolge gab das Fidesz-Lager acht bis zehn Mal so viel Geld für den Wahlkampf aus wie die Opposition.

Befürchtet wird auch klassischer Wahlbetrug. Die Legalisierung der Anmeldung von Scheinadressen und des Abfotografierens des Wahlzettels in der Wahlkabine könnten dem Stimmkauf und der Verschiebung eigener Wähler in Direktwahlkreise mit knappen Mehrheitsverhältnissen Vorschub leisten.

© dpa-infocom, dpa:220403-99-775626/6


[plista widgetname=plista_widget_belowArticle]

Hinterlasse einen Kommentar