Ausland Medien News Personen Topthemen USA

Urteil: Julian Assange droht Auslieferung an die USA

Wikileaks-Gründer Julian Assange verlässt das Westminster Magistrates Gericht nach einer Anhörung zum Auslieferungsgesuch der USA. (Archivbild). Foto: Dominic Lipinski/PA Wire/dpa
Wikileaks-Gründer Julian Assange verlässt das Westminster Magistrates Gericht nach einer Anhörung zum Auslieferungsgesuch der USA. (Archivbild). Foto: Dominic Lipinski/PA Wire/dpa

Der Wikileaks-Gründer muss wieder zittern: Nachdem ein Londoner Gericht den Auslieferungsantrag der USA für Julian Assange zunächst ablehnte, ging Washington nun erfolgreich in Berufung. Wird Assange nun bald ausgeliefert?

Schwerer Rückschlag für Julian Assange: Ein Berufungsgericht in London hat die Ablehnung des US-Auslieferungsantrags für den Wikileaks-Gründer gekippt. Das teilte ein Richter am Londoner High Court am Freitag mit.

Assange muss nun damit rechnen, doch noch an die Vereinigten Staaten ausgeliefert zu werden. Seine Verlobte Stella Moris kündigte an, man wolle Berufung gegen das Urteil einlegen. „Wir werden diese Entscheidung zum frühestmöglichen Punkt anfechten“, sagte sie.

Verlobte kündigt Berufung an

Einem früheren Urteil zufolge war die Auslieferung des 50-Jährigen unter Berücksichtigung seines psychischen und gesundheitlichen Zustands und die zu erwartenden Haftbedingungen in den USA untersagt worden. Washington hatte diese Entscheidung jedoch angefochten – und bekam Recht.

Die von den USA in der Zwischenzeit gegebenen Zusicherungen seien ausreichend, um die Sorgen um Assanges Gesundheit auszuräumen, sagte der Richter am Freitag. Assanges Angehörige beschreiben seinen Gesundheitszustand seit Monaten als schlecht und besorgniserregend. Der 50-Jährige sitzt seit mehr als zwei Jahren im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh.

Assange drohen bis zu 175 Jahre Haft

Die US-Justiz will Assange wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Dem gebürtigen Australier drohen dort bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft.

Vorgeworfen wird ihm, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und veröffentlicht zu haben. Er habe damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht. Seine Unterstützer sehen in ihm hingegen einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht brachte.

Der Fall werde nun an das erstinstanzliche Gericht zurückgegeben mit der Weisung, die Entscheidung über die Auslieferung der Innenministerin zu überlassen, so der Richter weiter. Ob das Tauziehen um Assange damit ganz zu Ende ist, war aber nicht unmittelbar klar. Seine Unterstützer hatten für diesen Fall bereits angekündigt, erneut in Berufung zu gehen.

Dutzende Anhänger des Wikileaks-Gründers, die sich vor dem Gerichtsgebäude in London versammelt hatten, zeigten sich enttäuscht und empört. Viele skandierten „Schande, Schande“ und verurteilten die britische Justiz.

„Wir werden kämpfen“, sagte Assanges Verlobte Moris in einer emotionalen Stellungnahme vor dem Gerichtsgebäude und fügte hinzu: „Julian verkörpert die Fundamente dessen, was es bedeutet, in einer freien Gesellschaft zu leben und was es bedeutet, Pressefreiheit zu haben (..)“.

Anschlagspläne auf Assange?

Assanges Verteidiger hingegen setzten auf neue Enthüllungen über angebliche Anschlagspläne, die vor einigen Monaten durch Medienberichte ans Licht gekommen waren.

Investigative Journalisten hatten unter Berufung auf nicht näher präzisierte US-Quellen berichtet, der US-Auslandsgeheimdienst CIA habe Anschlagspläne auf Assange geschmiedet, während dieser sich in der ecuadorianischen Botschaft in London aufhielt. Seine Unterstützer hoffen, dass diese Enthüllungen eine Auslieferung in die USA unwahrscheinlicher machen.

Assanges Angehörige beschreiben seinen Gesundheitszustand seit Monaten als schlecht und besorgniserregend. Bei den letzten Anhörungen nahm der 50-Jährige teilweise per Videoschalte aus dem Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh teil, fühlte sich zeitweise aber auch nicht in der Lage, das Geschehen zu verfolgen.

Kritik vom Deutschen Journalistenverband

Der Deutsche Journalistenverband (DJV) sprach von einer „Schande für die Pressefreiheit“.

Der Bundesvorsitzende Frank Überall sagte, es sei ein furchtbares Urteil, „das den gesundheitlich und psychisch stark angeschlagenen Julian Assange besonders hart trifft“. Es habe „eine verheerende Signalwirkung auf alle Whistleblower, deren Informationen und Insiderkenntnisse an die Öffentlichkeit gehören“.

Auch die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) bei Verdi zeigte sich fassungslos. „Es ist kaum zu glauben, dass die Vereinigten Staaten nun doch noch mit ihrem ungeheuerlichen Unterfangen durchkommen könnten und Julian Assange der politischen Verfolgung ausgesetzt wird“, sagte die Bundesgeschäftsführerin Monique Hofmann.

© dpa-infocom, dpa:211210-99-326421/8


[plista widgetname=plista_widget_belowArticle]

Hinterlasse einen Kommentar