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Redakteure schleusen Putin-Kritik in kremlnahes Medium

«Er (...) führt Russland in den Abgrund»: Zwei Redakteure haben scharfe Kritik an Präsident Putin geübt - und müssen nun wohl nicht nur um ihre Jobs bangen. Foto: Mikhail Metzel/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa
«Er (...) führt Russland in den Abgrund»: Zwei Redakteure haben scharfe Kritik an Präsident Putin geübt - und müssen nun wohl nicht nur um ihre Jobs bangen. Foto: Mikhail Metzel/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

„Putin muss gehen“: Ausgerechnet am wichtigsten russischen Feiertag gelingt zwei Redakteuren eines kremltreuen Mediums ein Anti-Putin-Coup. Einer begründet die Protestaktion mit seinem Gewissen.

Ausgerechnet am wichtigen russischen Feiertag „Tag des Sieges“ sind in einem eigentlich kremltreuen Medium kurzzeitig kritische Artikel über Präsident Wladimir Putin aufgetaucht – und wenig später wieder gelöscht worden.

Zu der Protestaktion bekannten sich später zwei Redakteure der Online-Plattform Lenta.ru. Nun sei er seinen Job bei Lenta wohl los, sagte der bisherige Leiter der Wirtschaftsredaktion, Jegor Poljakow, dem kritischen Medium Mediazona. Einer der kurzzeitig veröffentlichten Artikel trug etwa den Titel: „Putin muss gehen. Er hat einen sinnlosen Krieg losgetreten und führt Russland in den Abgrund.“

Insgesamt wurden rund 20 solcher Texte kurzzeitig auf Lenta.ru veröffentlicht, sind aber mittlerweile nur noch im Webarchiv einsehbar. Alle Beiträge fingen mit der Vorbemerkung an, dass das Material nicht mit der Führung des Mediums abgestimmt sei.

Protest erinnert an Aktion einer TV-Journalistin

Für ihre Protestaktion hatten Jegor Poljakow und seine Kollegin Alexandra Miroschnikowa offenbar Überschrift und Text schon bestehender Artikel auf der Seite ausgetauscht.

„Wichtigster Grund war das Gewissen“, begründete Poljakow sein Vorgehen. Da unabhängige Medien ohne alternative Internetzugänge in Russland nicht mehr aufzurufen seien, habe er sich mit seiner Mitarbeiterin dazu entschlossen, deren Materialien für die Leser seines Mediums zugänglich zu machen, sagte Poljakow.

Über mögliche juristische Konsequenzen der Aktion war zunächst nichts bekannt. In Russland drohen laut einem recht neuen Gesetz hohe Strafen für angebliche „Falschnachrichten“ über Russlands Streitkräfte.

Der Protest der beiden Lenta.ru-Redakteure erinnert an die bis dahin linientreue Journalistin Marina Owsjannikowa, die kurz nach Russlands Angriff auf die Ukraine vor einigen Wochen mit einem Anti-Kriegs-Plakat in die Hauptnachrichtensendung des russischen Staatsfernsehens gelaufen war.

© dpa-infocom, dpa:220509-99-217738/3


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