Berlin (dpa) – Für 9 Euro einen Monat lang den Nahverkehr nutzen: Die beispiellose Rabattaktion für Busse und Bahnen hat am Mittwoch begonnen. Viele Verkehrsbetriebe sprachen von einem reibungslosen Auftakt.
„Die Züge waren nicht übermäßig stark belegt, aber heute ist eben auch ein ganz normaler Arbeitstag“, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn. Das Pfingstwochenende werde sicher eine Herausforderung.
In den Zügen wird großer Andrang erwartet, besonders auf dem Weg zu beliebten Ausflugszielen. Fahrgastvertreter halten trotz Sonderzügen teils chaotische Zustände für möglich.
Juni, Juli und August
Das Sonderticket zu 9 Euro ist für die Monate Juni, Juli und August erhältlich und gilt bundesweit im Nahverkehr. Das soll Pendler entlasten und mehr Menschen davon überzeugen, dauerhaft vom Auto auf die Bahn umzusteigen. Zum Aufakt gab es nach einer Analyse des Verkehrsdatenanbieters TomTom für die Deutsche Presse-Agentur keinen deutlichen Effekt auf den Straßenverkehr.
In zehn deutschen Großstädten und Regionen stellte das Unternehmen am Mittwochmorgen zwar insgesamt etwas weniger und kürzere Staus fest als am Vortag beziehungsweise am Mittwoch vor zwei Wochen. Der Verkehrsfluss insgesamt war allerdings je nach Stadt teilweise besser, teilweise schlechter.
Auch Spritpreise gesenkt
Auch Autofahren wurde am Mittwoch billiger. Die Spritpreise an den Tankstellen sanken auf deutlich unter zwei Euro pro Liter. Auslöser ist eine vorübergehende Steuersenkung – ebenfalls eine Maßnahme, um die Menschen angesichts hoher Energiepreise zu entlasten.
Aus Sicht des Bahnbeauftragten der Bundesregierung, Michael Theurer, wird die 9-Euro-Aktion ein großer Erfolg. „Ich glaube, dass das ein echter Knaller wird“, sagte der FDP-Politiker. Er erwartet wichtige Hinweise für die Zukunft des Nahverkehrs. „Wenn wir das Ziel in der Koalition, eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen, erreichen wollen, dann werden wir die Erkenntnisse aus dem 9-Euro-Ticket auch dringend brauchen.“
Kommt das Jahresticket für 365 Euro?
Schon lange wird in Deutschland über die bundesweite Einführung eines Jahrestickets für 365 Euro debattiert. Theurer sagte, Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) habe mit den Ländern eine Arbeitsgruppe zu einem Mobilitätspakt eingesetzt. Es stelle sich die Frage, ob mehr Verkehre und ein Ausbau des Angebots die richtigen Instrumente seien. „Wir brauchen einfach mehr Fahrgäste im bestehenden System.“ Damit erhöhe sich auch die Wirtschaftlichkeit. Dies könne eine Erkenntnis des 9-Euro-Tickets sein.
Der Lobbyverband Allianz pro Schiene entgegnete: „Ohne massive Angebotsausweitung wird es keine Verdopplung im Personenverkehr auf der Schiene geben.“
Wie viele zusätzliche Fahrgäste der Rabattfahrschein bringen wird, ist offen. Bis Dienstag waren nach Angaben des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen rund sieben Millionen 9-Euro-Tickets verkauft worden.
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