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Cuxhavener brauen Seepockenbier in der Elbe

Seepocken können eine Plage sein – wenn sie sich im Unterwasserbereich von Booten festsetzen. Auf Bierflaschen sehen sie dagegen dekorativ aus, dachten sich drei Cuxhavener. In ihrer Mikrobrauerei stellen sie nun regelmäßig Seepockenbier her.

Cuxhaven (dpa) – Seepocken können Plagegeister sein: Die kleinen Krebstiere setzen sich in den Gezeitenzonen der Küsten hartnäckig am Unterwasserbereich von Booten und Jachten fest.

Der Cuxhavener Oliver Köhn hat zwar kein Boot, hat sich aber des Öfteren die Klagen eines Kollegen anhören müssen, dass sogar dessen hochpolierter Bootspropeller mit dem Kalkbewuchs befallen sei.

Köhn ist hauptberuflich Feuerwehrmann, zusammen mit seinem Bruder und seiner Schwägerin betreibt er aber nebenbei eine Hausbrauerei und ein kleines Ausflugslokal in Cuxhaven. Ihm kam eine Idee: Würden sich die Seepocken auch an die glatte Oberfläche von Bierflaschen setzen? Und könnte das dann nicht wie Piratenbier aussehen?

„Bierernte“ aus der Elbe

Die Antwort kennt der 51-Jährige inzwischen. Vor ein paar Wochen wurde seine dritte „Bierernte“ aus der Außenelbe geholt. Zwölf Wochen lang hatten Kästen mit 50 Flasche à 0,75 Litern im Bereich des kleinen Sportboothafens in Cuxhaven-Altenbruch im Wasser gehangen. Die Seepocken hatten ihr Bestes gegeben: Die Flaschen waren übersät mit den Rankenfüßern, in den Kisten tummelten sich Krabben und Muscheln.

„Das sieht cool aus“, findet Oliver Köhn. Die Flaschen wurden vom Schlick befreit, gespült, getrocknet und handbeschriftet. Verkauft werden die Flaschen zusammen mit Baumwollhandschuhen. „Die Pocken sind recht scharfkantig“, betont Köhn. Niemand solle sich beim Biergenuss verletzen.

Einzigartig auf der Welt

Seines Wissens ist das Cuxhavener Pockenbier bisher einzigartig weltweit. Eine Kaufanfrage sei sogar aus den USA gekommen, sagt Köhn. Der amerikanische Bierliebhaber war über die Sozialen Medien auf das Piratenbier aufmerksam geworden. Doch Köhn war der Versand nach Übersee wegen der Zollbedingungen zu aufwändig. Sein Biergeschäft ist dann doch mehr Hobby als Business. Die meisten Flaschen gehen unter Freunden und Kollegen weg. Aber: „So eine Anfrage freut einen.“

Jürgen Keipp, Geschäftsführer des Verbundes „Die Freien Brauer“, findet die Idee des Seepockenbiers ebenfalls interessant. Auch er kennt keine andere Brauerei, die so etwas anbietet. „Kleine Brauereien müssen innovativ und kreativ herangehen, sonst haben sie keine Chance“, sagt er. Das gelte nicht nur für das Produkt, sondern auch für das Marketing sowie das gesamte Konzept.

Milder und etwas klarer

In einem umgebauten Hühnerstall werden seit 2017 vier Sorten „Cuxhavener Bierbrisen“ gebraut, ein Teil der herben Variante mit dem blauen Verschluss kommt später in die Elbe. „Wenn wir das Bier aus dem Wasser holen, probieren wir auch eine Flasche“, erzählt der Cuxhavener. Schmeckt das Bier anders als die anderen Sorten aus der Kleinstbrauerei?

Die Verkoster fanden durchaus, dass der Geschmack anders sei als das Vergleichsbier, das am selben Tag im selben Kessel gebraut wurde und nicht in der Elbe war. „Das Bier ist milder und etwas klarer, aber immer noch naturtrüb“, beschreibt Köhn den Gerstensaft. Der Grund dafür sei, dass die Flaschen drei Monate durch Wellen und Gezeiten ständig in Bewegung gewesen seien. Letztlich aber gehe es um die „Seeräuber“-Optik der Flaschen – die Sektflaschen mit Sektkorken sind. Das Bier hat einen relativ hohen Kohlensäuregehalt, beim Öffnen knallt der Korken wie bei einer Sektflasche.

Viele Neugründungen kleiner Unternehmen

Die Zahl der Brauereien steigt in Deutschland seit Jahren, aktuell sind es nach Angaben des Deutschen Brauer-Bundes über 1500 Betriebe. Das liege vor allem an den Neugründungen von kleinen Unternehmen. Mikrobrauereien und Braugasthäuser stellen mit einer Jahresproduktion von höchstens 100.000 Liter deutlich mehr als die Hälfte der Brauereien in Deutschland.

Die Cuxhavener brauen 1000 Liter im Jahr. „Das meiste trinken wir immer noch selber“, sagt Oliver Köhn lachend. Nur ein kleiner Teil des „Champagnerbieres“, wie er es nennt, wird zur „Pirates Edition“. Auch im nächsten Jahr soll wieder eine Piraten-Ausgabe versenkt werden. Wo genau, das verrät Köhn nicht. Schließlich könnten bierdurstige Piraten des nachts auf die Idee kommen, den Schatz zu entern.

© dpa-infocom, dpa:201013-99-926227/9

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