Wirtschaft

Stellenabbau bei Airbus: Mehr als 5.000 Jobs in Deutschland betroffen

Airbus plant die Streichung von 15.000 Stellen weltweit. Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa
Airbus plant die Streichung von 15.000 Stellen weltweit. Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Kaum eine Branche ist von Corona so hart getroffen worden wie die Luftfahrt. Gerade die Flugzeugbauer trifft die Krise hart. Wie düster es aussieht, offenbart nun ein drastischer Stellenabbau, den Airbus plant. Besonders Deutschland und Frankreich sind betroffen.

Ein drastischer Stellenabbau schockt Airbus: Der Flugzeugbauer will wegen der Luftfahrt-Krise weltweit 15.000 Jobs streichen – allein 5.100 davon in Deutschland. „Eine solche Situation wollten wir eigentlich vermeiden“, sagte Airbus-Chef Guillaume Faury in einer Telefonkonferenz mit Journalisten.

Die Streichungen seien laut Faury aber notwendig, um die langfristige Zukunft von Airbus zu schützen. Die Covid-19-Pandemie habe die Luftfahrtindustrie in eine beispiellose Krise gestürzt. Die Pläne sollen nun bis Sommer 2021 umgesetzt werden. Arbeitnehmervertreter schlagen Alarm – sie befürchten einen Kahlschlag.

Neben Deutschland will Airbus 5.000 Stellen in Frankreich, 900 in Spanien, 1.700 in Großbritannien und 1.300 an weiteren weltweiten Standorten streichen. Die Einzelheiten dieses Plans müssten noch mit den Sozialpartnern abgestimmt werden. Betriebsbedingte Kündigungen könnten nicht ausgeschlossen werden.

Weltweit beschäftigt Airbus 135.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – davon arbeiten 90.000 in der Verkehrsflugzeugsparte. „Die Aufteilung der Zahlen auf die Länder reflektiert, wie stark die Geschäftsteile von Covid-19 betroffen sind“, erklärte Faury.

Airbus beschäftigt in Deutschland nach eigenen Angaben rund 46.000 Mitarbeiter an fast 30 Standorten – etwa in Hamburg-Finkenwerder, Stade oder Bremen. In der Verkehrsflugzeugsparte arbeiten demnach mehr als 28.000 Menschen.

In Deutschland gibt es bei Airbus auch viele Stellen im Bereich Forschung, wo die Hoffnung auch auf emissionsarmen Antrieben liegt – in die auch die Bundesregierung mit der Wasserstoff-Offensive investieren will.

Von den Streichungen sollen nun auch Stellen der Airbus-Tochter Premium Aerotec mit Sitz in Augsburg betroffen sein. Hinzu kommen dort aber noch die 900 Jobs, deren Abbau bereits vorgesehen war.

Airbus in der Krise

Bei Airbus schrillen schon länger die Alarmglocken. Der Konzern erwartet, dass sich der Luftverkehr nicht vor 2023 erholen wird und möglicherweise erst 2025 wieder auf dem Niveau von vor Corona sein wird.

Der Franzose Faury hatte bereits vor einigen Tagen angekündigt, für zwei Jahre seine Produktion und seine Auslieferungen um 40 Prozent kürzen. „Die Aufteilung der Zahlen auf die Länder reflektiert, wie stark die Geschäftsteile von Covid-19 betroffen sind“, führte Faury nun aus.

Faury hatte aber zugesichert, wegen der Drosselung des Geschäftes keine Endmontagelinie zu schließen. Alle Modelle würden weiter produziert, aber in langsamerem Tempo. Der Airbus-Chef betonte nun, dass er die Pläne zum Stellenabbau zwar bedauere, es aber durchaus hätte schlimmer kommen können. So haben man verhindern können, dass wegen Drosselung um 40 Prozent verhältnismäßig genauso viele Stellen in der Verkehrsflugzeugsparte gestrichen werden.

Der 52-Jährige erklärte, der Konzern habe alles getan habe, um gut durch die Krise zu kommen – dabei habe man vor allem auch auf Kurzarbeit gesetzt. Man müsse nun aber der Realität ins Auge sehen. „Wenn es länger andauernde Kurzarbeitregelungen gibt, werden wir sie nutzen“, kündigte er an.

Nachdem Airbus die Flugzeugproduktion wegen der Krise bereits um rund ein Drittel zurückgefahren hatte, stellte Faury weitere Anpassungen in Aussicht. Dies könnte die Produktion der unterschiedlichen Flugzeugtypen verschieden stark betreffen. So erwartet der Manager, dass die Nachfrage nach Großraumjets für Langstreckenflüge infolge der Krise besonders lange am Boden liegen wird.

Wenn die Nachfrage nach dem Jahr 2022 wieder anziehe, dürften davon zuerst Kurz- und Mittelstreckenjets wie die Airbus-Typen A220 und A320neo profitieren, schätzt er. Bei den Großraumjets wie dem Airbus A330neo und dem Airbus A350 werde es voraussichtlich länger dauern. So erwarten Fluggesellschaften, dass die Nachfrage nach Langstreckenflügen auch nach einer Lockerung der weltweiten Reisebeschränkungen noch lange gedämpft bleibt.

Zuletzt hatte der Konzern die Produktion der A320- und A320neo-Modelle von 60 auf 40 Maschinen pro Monat gekappt. Von der A330neo-Reihe sollten seither monatlich nur noch zwei, von der A350 nur noch sechs Exemplare fertig werden. Faury zeigte sich allerdings überzeugt, dass die Nachfrage in einigen Jahren wieder anzieht – wenn auch nicht so schnell auf das alte Niveau. „Wenn wir langfristig 40 Prozent weniger Produktion erwarten würden, würden wir nicht so viele Mitarbeiter im Unternehmen behalten.“

Kritik aus Frankreich

Die IG Metall warnte angesichts der geplanten Streichungen vor einem Kahlschlag. Die Gewerkschaft moniert, dass Deutschland von dem Stellenabbau überproportional betroffen sei, da zu den nun angekündigten 5.100 Streichungen noch der bereits angekündigte Abbau von 900 Stellen bei Premium Aerotec hinzukommt.

„Weder Airbus noch die gesamte Luftfahrtbranche können sich angesichts einer solchen Herausforderung den Abbau Tausender Fachkräfte leisten, die noch vor der Krise händeringend gesucht wurden“, erklärte Jürgen Kerner, zuständig für die Luft- und Raumfahrtbranche.

„Das wird die IG Metall nicht hinnehmen. Das Virus darf nicht als Vorwand für Einschnitte dienen, um auf Kosten der Beschäftigten die geplanten Renditeziele zu erreichen“, so Kerner, der betont: „Wir erwarten verbindliche Perspektiven, insbesondere für die Premium Aerotec. Nur mit einer soliden Basis kann nach der Krise ein Neustart gelingen.“

Holger Junge, Vorsitzender des Konzernbetriebsrats bei Airbus, moniert: „Beim geplanten Stellenabbau geht es nicht um die Bewältigung der aktuellen Krise, sondern um den schon lange geplanten Umbau des Unternehmens. Die Krise können wir mit längerfristiger Kurzarbeit und danach durch kollektive Arbeitszeitverkürzung bewältigen.“

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte vor einigen Wochen ein 15 Milliarden Euro schweres Rettungspaket für die gesamte Luftfahrtindustrie angekündigt. Aus Paris kam nun Kritik am geplanten Stellenabbau bei Airbus. Die Zahl 15.000 sei überhöht, hieß es am Abend aus Kreisen des Wirtschafts- und Finanzministerium von Ressortchef Bruno Le Maire. Man erwarte von dem europäischen Flugzeugbauer, dass er die von der Regierung angebotenen Möglichkeiten für die Beschäftigung voll nutze.

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