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Reals „größte Heldengeschichte“ wird zu „Peps Alptraum“

Die Spieler von Real Madrid feiern ihren Finaleinzug. Foto: Manu Fernandez/AP/dpa
Die Spieler von Real Madrid feiern ihren Finaleinzug. Foto: Manu Fernandez/AP/dpa

Wieder wird Real Madrid zum Wundermacher. Sehr zum Leidwesen von Pep Guardiola. Dessen deutscher Kollege Jürgen Klopp kann sich auf einiges gefasst machen. Die Königlichen wollen nun auch die Krönung.

Madrid (dpa) – Nach dem Real-Wunder in der magischen Nacht von Madrid konnte es Toni Kroos in Badeschlappen kaum fassen, die Fußball-Welt verneigte sich vor den Königlichen. Unfassbar, unglaublich, unbegreiflich.

„Keiner hätte gedacht, dass Real Madrid in dieser Saison noch mal ein Finale spielt“, sagte Trainer Carlo Ancelotti, machte eine kurze Pause, hob leicht die linke Augenbraue und stellte mit einem Ausdruck der Genugtuung fest: „Jetzt sind wir drin.“

Und Manchester City ist raus. Schon wieder, aber diesmal mit einem kaum mehr zu steigernden Drama. 4:3 in einem bereits berauschenden Hinspiel, 1:3 im zweiten Duell nach Verlängerung. „City wurde einfach überwältigt hier, die Meister der Kontrolle geschlagen von einem anderen Moment der Energie, des Lichts, der Magie und was auch immer“, schrieb der „Guardian“. „Peps Alptraum!“, fasste es der „Daily Mirror“ zusammen.

Guardiola betrübt

Ja, es fühle sich grausam an, sagte City-Coach Pep Guardiola. „Jetzt brauchen wir Zeit, um das sacken zu lassen.“ Ein oder zwei Tage – „aber wir werden wieder aufstehen. Wir müssen es“, betonte der Spanier. Schon am Sonntag steht für City daheim gegen Newcastle United ein weiteres wichtiges Spiel im Titelfernduell mit dem FC Liverpool in der Premier League an.

Real hatte sein nationales Meisterstück vor dem Rückspiel in der Champions League schon perfekt gemacht – und will nun die ultimative Krönung am 28. Mai in Paris gegen Jürgen Klopps Liverpool mit dem achten Triumph. „Ich glaube, dass es ein fantastisches und ausgeglichenes Finale sein wird, mit zwei sehr unterschiedlichen Mannschaften“, sagte Ancelotti und lobte vor allem auch den deutschen Coach: „Klopp ist ein großartiger Trainer, wir haben uns schon oft getroffen, ich habe größten Respekt vor ihm und seinen Teams.“

Respekt vor Real haben erst recht seit Mittwochabend alle. „Von einer anderen Welt“, titelte die spanische Sportzeitung „AS“. „Gott muss runterkommen, um das zu erklären“, schrieb die Madrider Fachzeitung „Marca“: „Real Madrid schreibt die größte Heldengeschichte, die je erzählt wurde.“

Rodrygos Doppelpack

Und die ging so: Nach einem 3:4 im Hinspiel in Manchester, das die Fußball-Fans bereits entzückt hatte, geriet Madrid im Estadio Santiago Bernabéu vor über 61.000 Zuschauern in der 73. Minute durch Riyad Mahrez in Rückstand. Das 0:1 wäre das Aus gewesen. Doch torlos daheim in einem K.o.-Spiel der Champions League? Zuletzt passierte das vor elf Jahren gegen den FC Barcelona. Nicht aber am Mittwoch gegen Manchester.

„Unterschätze nie das Herz eines Champions“, twitterte sogar der norwegische Schach-Serienweltmeister Magnus Carlsen. Das hätten sich auch die Fans sagen sollen, die im Glauben des sicheren Ausscheidens vorzeitig das Stadion Richtung U-Bahn verließen und nach dem Ausgleich wieder rein wollten – aber nicht durften, wie „Marca“ mit Verweis auf eine entsprechende Regelung des Vereins berichtete.

„Wir waren dabei zu verlieren, wir waren tot, aber dann ist das alles passiert“, sagte Rodrygo. Mit seinem Doppelpack in der 90. Minute und der Nachspielzeit hatte das 21 Jahre alte brasilianische Leichtgewicht (64 Kilogramm) Real in die Verlängerung gerettet: „Dann hat wohl Gott auf mich heruntergeblickt und gesagt: Heute wirst Du der Mann sein.“ Er und mal wieder Karim Benzema. Mit seinem Tor zum 3:1 in der Verlängerung per Elfmeter besiegelte der seit Monaten in Weltklasseform spielende Franzose den Einzug ins Finale.

Kroos stolz

„Wahnsinn, wir waren während der K.o.-Phase schon 26 Mal raus und haben uns 26 Mal zurückgekämpft“, sagte Ex-Weltmeister Kroos am DAZN-Mikrofon: „Das ist manchmal schwer zu erklären, auch für mich.“ Es sei der Glaube, es sei das Stadion, die Kombination sei magisch. „Das ist geisteskrank. Wir haben einen Charakter innerhalb der Mannschaft, der sehr speziell ist“, betonte David Alaba, der dieses Mal angeschlagen bei Real nur Ersatz war.

Denn es war nicht das erste Mal in dieser Champions-League-Spielzeit, dass Real sich so zurückmeldet. Im Achtelfinale unterlag die Mannschaft bei Paris Saint-Germain im Hinspiel 0:1. Das Rückspiel in Madrid begann mit einer Führung durch PSG und endet mit einem 3:1-Sieg von Real. Im Viertelfinale gewann Real das Hinspiel beim FC Chelsea mit 3:1 – beide Male dank eines Benzema-Dreierpacks.

Im Rückspiel lag Madrid dann eine Viertelstundende vor Schluss mit 0:3 hinten. Endergebnis 2:3 nach Verlängerung, die Torschützen hießen Rodrygo und Benzema. „Ich kann nicht sagen, dass wir an dieses Leben gewöhnt sind“, sagte Ancelotti: „Wenn man überlegt, warum, dann hat die Geschichte dieses Clubs sicher etwas damit zu tun, dass wir weitermachen, wenn es so aussieht, als wäre alles vorbei.“

© dpa-infocom, dpa:220505-99-161521/10

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