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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Busse mit ukrainischen Soldaten, die aus dem belagerten Stahlwerk Azovstal in Mariupol evakuiert wurden, fahren in Begleitung russischer Militärfahrzeuge zu einem Gefängnis in der «Volksrepublik» Donezk. Foto: Alexei Alexandrov/AP/dpa
Busse mit ukrainischen Soldaten, die aus dem belagerten Stahlwerk Azovstal in Mariupol evakuiert wurden, fahren in Begleitung russischer Militärfahrzeuge zu einem Gefängnis in der «Volksrepublik» Donezk. Foto: Alexei Alexandrov/AP/dpa

Die ukrainische Regierung will die im Asow-Stahlwerk verbliebenen Soldaten in Mariupol retten. Die USA richten eine Beobachtungsstelle für den Ukraine-Krieg ein. Die Entwicklungen im Überblick.

Kiew (dpa) – Nach der Evakuierung von gut 260 ukrainischen Soldaten aus dem Asow-Stahlwerk in Mariupol bleibt die Lage der verbliebenen Verteidiger der Stadt in der riesigen Industrieanlage unklar.

Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, in die Anstrengungen zu ihrer Rettung seien einflussreiche internationale Vermittler eingeschaltet. Im Osten der Ukraine gehen die Kämpfe weiter, in anderen Regionen gibt es russische Luftangriffe.

Die gut 260 Soldaten, die das Azovstal-Werk in der Nacht zum Dienstag verließen, begaben sich dabei in russische Gefangenschaft. Kiew hofft auf einen späteren Austausch gegen russische Kriegsgefangene, Russlands Militär ließ einen solchen Schritt zunächst offen. Moskau veröffentlichte ein Video, das die Gefangennahme der Ukrainer, medizinische Behandlung sowie den Abtransport von Verletzten zeigen soll. Gut 50 der Soldaten sollen schwer verwundet sein.

Russischer Vize-Regierungschef im besetzten Cherson

Russland zeigt sich entschlossen, das besetzte Gebiet Cherson in der Südukraine an sich zu binden. Die Region um die Hafenstadt werde einen „würdigen Platz in unserer russischen Familie“ einnehmen, sagte Russlands Vize-Regierungschef Marat Chusnullin bei einem Besuch in Cherson am Dienstag. Man werde künftig zusammenleben und -arbeiten, zitierte ihn die russische Staatsagentur Ria Nowosti.

Russland führte in der Region zum 1. Mai bereits den russischen Rubel als offizielles Zahlungsmittel ein. Der Vizechef der prorussischen Verwaltung von Cherson, Kirill Stremoussow, brachte vor einigen Tagen ein formelles Beitrittsgesuch an Kremlchef Wladimir Putin ins Gespräch. Den Verzicht auf ein zuvor erwogenes Referendum begründete er damit, dass ein solcher Volksentscheid auf der von Russland 2014 annektierten Halbinsel Krim international nicht anerkannt wurde. Die ukrainische Regierung zeigt sich dagegen überzeugt, dass eine Russifizierung des Gebiets Cherson scheitern werde.

In dem zwischen russischen und ukrainischen Truppen umkämpften Gebiet Donezk sind am Dienstag nach Behördenangaben sieben Zivilisten getötet worden. Sechs weitere seien verletzt worden, teilte der ukrainische Militärgouverneur Pawlo Kyrylenko beim Nachrichtendienst Telegram mit. Er warf russischen Truppen vor, die Menschen getötet zu haben. Selenskyj zählte Raketenangriffe und Bombardements in den Gebieten Lwiw, Sumy, Chernihiv und Luhansk auf. Das russische Militär wolle damit die Misserfolge im Osten und Süden kompensieren.

Bürgermeister: Lwiw unter häufigem russischem Raketenbeschuss

Auch der Bürgermeister von Lwiw (Lemberg), Andrij Sadowyj, beklagte einen ständigen Beschuss mit russischen Raketen in der Westukraine an der Grenze zu Polen. In der Stadt gebe es sehr viele internationale Organisationen, die dadurch verunsichert werden sollten, sagte Sadowyj im ukrainischen Fernsehen, wie die Agentur Unian am Mittwoch meldete. Russland habe es nicht nur auf die militärische Infrastruktur abgesehen, sondern wolle durch den Beschuss permanente Anspannung auslösen. „Aber wenn man rechtzeitig auf den Luftalarm reagiert und in den Schutzbunker geht, dann ist es ungefährlich“, sagte er. Die Altstadt von Lwiw gehört zum Welterbe der Unesco.

Die Menschen hätten am Stadtrand die Raketen sehen und sehr laute Explosionen hören können, sagte Andrij Sadowyj. Schäden in Lwiw selbst habe es aber nicht gegeben. Die Menschen hätten aber praktisch die ganze Nacht in Luftschutzbunkern verbringen müssen.

Werk von deutschem Gips-Hersteller bombardiert

In der Ostukraine wurde nach ukrainischen Angaben eine stillgelegte Gipsfabrik des deutschen Unternehmens Knauf von der russischen Luftwaffe bombardiert. „Durch die Luftschläge wurden Geschäftsräume beschädigt, und es brach Feuer aus“, schrieb der Militärgouverneur des Gebiets Donezk, Pawlo Kyrylenko, im Nachrichtendienst Telegram. Es sei niemand verletzt worden.

Knauf hatte das Werk kurz nach der russischen Invasion stillgelegt. Das Unternehmen bestätigte am Dienstagabend, das Werk in Soledor im Donbass sei von einer Rakete getroffen und in Brand gesetzt worden.

USA richten Beobachtungsstelle ein

Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine haben die USA eine Konfliktbeobachtungsstelle gestartet. Das neue Conflict Observatory soll sicherstellen, „dass von Russlands Truppen begangene Verbrechen dokumentiert und die Täter zur Verantwortung gezogen werden“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Washington.

Das Programm werde unter anderem Informationen und Beweise für „Gräueltaten, Menschenrechtsverletzungen und die Beschädigung der zivilen Infrastruktur“ erfassen, analysieren und veröffentlichen. Berichte würden künftig auf der Webseite ConflictObservatory.org gepostet.

Das wird am Mittwoch wichtig

Schweden und Finnland reichen ihre Nato-Mitgliedsanträge gemeinsam in Brüssel ein. Die nordischen Länder geben damit ihre lange Tradition der militärischen Bündnisfreiheit auf.

Die EU-Kommission legt ihre Strategie vor, wie die Europäische Union unabhängig von fossilen Brennstoffen aus Russland werden kann. Dafür will die Behörde ehrgeizigere Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien sowie beim Energiesparen setzen.

In der Ukraine soll der erste Prozess gegen einen russischen Soldaten wegen des Vorwurfs von Kriegsverbrechen beginnen.

© dpa-infocom, dpa:220518-99-331677/4


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