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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Menschen tragen humanitäre Hilfsgüter an einem zerstörten Wohnhaus vorbei. Foto: Sergei Chuzavkov/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa
Menschen tragen humanitäre Hilfsgüter an einem zerstörten Wohnhaus vorbei. Foto: Sergei Chuzavkov/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa

Bei einem Besuch unweit der Front spricht der ukrainische Präsident den Soldaten Mut zu. Zugleich plädiert er auch für ein rasches Ende des Krieges. Die Entwicklungen im Überblick.

Kiew (dpa) – Das Verteidigungsministerium in Kiew hat nach den ersten Raketenangriffen auf die ukrainische Hauptstadt seit Ende April vor der Gefahr neuer Attacken gewarnt.

„Wir haben immer offen gesagt, dass Kiew ständig der Bedrohung ausgesetzt ist“, sagte Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar am Sonntag im Fernsehen. Auch wenn viele Menschen inzwischen zurückkehrten: „Wir sollten trotzdem begreifen, dass der Krieg in einer heißen Phase ist und Kiew als Hauptziel der Russischen Föderation erhalten bleibt.“ In der Nacht zum Montag gab es erneut Luftalarm in Kiew.

Am Sonntag hatte der ukrainische Generalstab von mehreren Raketeneinschlägen in Kiew berichtet. Laut Bürgermeister Vitali Klitschko wurde ein Mensch verletzt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in einer am Abend veröffentlichten Video-Ansprache: „Der Krieg Russlands gegen die Ukraine muss so schnell wie möglich beendet werden.“ Er äußerte sich nicht dazu, wie das geschehen soll. Russland beklagt, dass die Ukraine die Verhandlungen über ein Ende der Kampfhandlungen auf Eis gelegt habe. Die Ukraine kämpft seit mehr als 100 Tagen gegen die russische Invasion. Die Vereinten Nationen haben bisher mehr als 4100 getötete Zivilisten registriert, gehen aber von weitaus höheren zivilen Opferzahlen aus.

Kulturstaatsministerin Roth in Odessa

Kulturstaatsministerin Claudia Roth ist zu einem zweitägigen Besuch in Odessa eingetroffen. Die Grünen-Politikerin ist das erste Mitglied der Bundesregierung, das nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine in der strategisch wichtigen Hafenstadt am Schwarzen Meer zu Gast ist.

Selenskyj besucht umkämpfte Region Saporischschja

Bei einem Besuch in der umkämpften Region Saporischschja informierte sich Selenskyj über die militärische Lage. Knapp 60 Prozent der südostukrainischen Region seien seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar inzwischen von Moskaus Truppen besetzt worden, sagte der Militärgouverneur des Gebiets, Olexander Staruch, bei dem Gespräch mit dem Präsidenten in der Großstadt Saporischschja. „Viele Menschen treffen aus Orten ein, die zeitweise vom Feind besetzt sind“, schilderte Selenskyj. Die Flüchtlinge bräuchten Wohnungen und Arbeit.

Nach Saporischschja waren auch besonders viele Menschen aus der umkämpften Ostukraine geflüchtet, darunter aus dem Gebiet Donezk. Dort liegt auch die Hafenstadt Mariupol, in der prorussische Separatisten mit Hilfe von Moskaus Truppen im Mai die Kontrolle übernommen hatten. Die Kämpfe im Donbass dauern an. Ein Schwerpunkt ist das Verwaltungszentrum Sjewjerodonezk im Gebiet Luhansk, wo ukrainische Truppen nach Behördenangaben erfolgreich Widerstand leisten gegen russische Einheiten.

Ukraine bestätigt Tod russischen Generals

Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben einen weiteren hochrangigen russischen Offizier im Generalsrang getötet. Der Kommandeur des 1. Armeekorps der separatistischen Donezker Volksrepublik, Generalmajor Roman Kutusow, sei „entnazifiziert und entmilitarisiert“ worden, teilte die Verwaltung für strategische Kommunikation der ukrainischen Streitkräfte laut dem Online-Portal „Ukrajinskaja Prawda“ in der Nacht zum Montag mit. Über den Tod Kutusows hatte zuerst ein Korrespondent des russischen Staatsfernsehens berichtet.

Kutusow soll gefallen sein, während er einen russischen Angriff auf eine Ortschaft nahe Popasna im Gebiet Luhansk im Osten der Ukraine leitete. Die ukrainische Seite hatte zuvor berichtet, die russische Attacke sei abgewehrt worden und der Feind habe sich unter „erheblichen Verlusten“ zurückziehen müssen.

Zeitung: Spanien will Ukraine Leopard-Panzer liefern

Spanien will nach einem Bericht der Zeitung „El País“ der Ukraine deutsche Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 A4 sowie Luftabwehrraketen liefern. Es handele sich um stillgelegte Panzer, die erst für den Einsatz vorbereitet werden müssten, schrieb die Zeitung am Sonntag unter Berufung auf Informationen aus dem Verteidigungsministerium in Madrid. Die Ausbildung ukrainischer Soldaten an den Panzern solle zunächst in Lettland und später in Spanien erfolgen. Die Deutsche Presse-Agentur hat das Ministerium um eine Stellungnahme zu dem Bericht gebeten, eine Antwort stand zunächst noch aus.

Es wäre das erste Mal, dass die Ukraine im Kampf gegen die russische Armee westliche Kampfpanzer erhielte. In Deutschland haben Politiker der Regierungspartei SPD bisher betont, es gebe eine informelle Übereinkunft zwischen den Nato-Staaten, solche Waffen nicht zu liefern. Dem Zeitungsbericht zufolge könnten rund 40 von 108 Leopard-Panzern, die Spanien 1995 gebraucht in Deutschland gekauft habe, wieder einsatzbereit gemacht werden.

London will erstre Mehrfachraketenwerfer liefern

Großbritannien will der Ukraine im Kampf gegen die russische Aggression erstmals Mehrfachraketenwerfer mit hoher Reichweite liefern. Die britische Regierung gab an, mehrere Raketensysteme des Typs M270 mit bis zu 80 Kilometer Reichweite in das Land zu schicken, nach BBC-Informationen sollen es zunächst drei sein. „So wie Russlands Taktik sich verändert, so muss sich auch unsere Unterstützung verändern“, sagte der britische Verteidigungsminister Ben Wallace am Montag einem Statement zufolge.

Die hochpräzisen Waffen würden es der Ukraine ermöglichen, sich besser gegen die brutalen Angriffe Russlands zu wehren, die mit ihrer Langstreckenartillerie Städte dem Erdboden gleichmachten. „Wenn die internationale Gemeinschaft weiter unterstützt, glaube ich daran, dass die Ukraine gewinnen kann“, sagte Wallace.

Putin warnt vor Lieferung von Raketen mit hoher Reichweite

Das russische Militär hat mehrfach angekündigt, die westlichen Waffenlieferungen ins Visier zu nehmen. Immer wieder meldet Moskau die Zerstörung von schweren Waffen und Munition. Präsident Wladimir Putin hat für den Fall einer Lieferung westlicher Raketen mit hoher Reichweite an die Ukraine mit schweren Angriffen auf das Land gedroht.

„Wenn sie liefern, dann werden wir daraus die entsprechenden Schlüsse ziehen und unsere Mittel der Vernichtung, von denen wir genug haben, einsetzen, um jenen Objekten Schläge zu versetzen, die wir bisher nicht angreifen“, sagte Putin in einem am Sonntag veröffentlichten Interview des Staatsfernsehsenders Rossija 1. Ziel der westlichen Waffenlieferungen sei es, den Konflikt in der Ukraine möglichst in die Länge zu ziehen, meinte er.

Medien: Moskau stimmt Getreidelieferungen zu

Die russische Führung stimmte einem Medienbericht zufolge mit Kiew und Ankara ein Schema zur Freigabe von Getreidelieferungen aus dem bisher blockierten Schwarzmeerhafen Odessa ab. „In den Hoheitsgewässern des Nachbarlands übernehmen türkische Militärs die Minenräumung und sie werden auch die Schiffe bis in neutrale Gewässer begleiten“, beschrieb die kremlnahe Tageszeitung „Iswestija“ am Montag unter Berufung auf Regierungskreise den geplanten Ablauf. Später würden russische Kriegsschiffe die Getreidefrachter bis zum Bosporus eskortieren.

Die Ukraine ist einer der größten Getreideexporteure weltweit. Die russische Blockade ukrainischer Häfen hatte deshalb speziell in den armen Ländern Afrikas zu Befürchtungen vor einer Hungersnot geführt.

Lawrow nennt Blockade von Serbien-Trip „ungeheuerlich“

Der russische Außenminister Sergej Lawrow kritisierte die Blockade seiner Reise nach Serbien durch einige „Nato-Mitglieder“ als „ungeheuerlich“. Die EU und die Nato versuchten, Serbien in der freien Wahl seiner Partner zu behindern, sagte Lawrow am Montag in einer Video-Konferenz mit ausländischen Journalisten in Moskau. „Serbien sollte die freie Wahl haben.“ Zuvor hatten Bulgarien, Nordmazedonien und Montenegro den Luftraum für das Flugzeug von Lawrow gesperrt, der am Montag zu einem zweitägigen Besuch nach Belgrad aufbrechen wollte.

Lawrow kritisierte, dass einige „Nato-Mitglieder“ diese Reise verhindert hätten. Der Westen wolle den Balkan für sich, so wie er die Ukraine beanspruche. Lawrow kritisierte, dass die EU etwa im Fall der Ukraine ausschließlich auf jene Kräfte setze, die „allem Russischen den Krieg“ erklärt hätten. Russland hatte seinen Krieg in der Ukraine auch damit begründet, dort die „russische Welt“ vor ukrainischen Nationalisten zu schützen.

„Unsere Beziehungen mit Serbien wird niemand zerstören können“, betonte Lawrow. Er will demnach seinen serbischen Kollegen Nikola Selakovic bald in Moskau treffen. Die Sperrung des Luftraums sei eine „schändliche Bestrafung“ für ein Land, das gemäß seinen eigenen nationalen Interessen eigenständig seine Außenpolitik bestimmen wolle, sagte Lawrow. „Die Puppenspieler in Brüssel wollen den Balkan in ihr Projekt eines geschlossenen Balkans verwandeln.“ Lawrow meinte, dass die westlichen Länder immer mehr eigene Probleme hätten, sich aber damit beschäftigten, die Beziehungen zwischen anderen Ländern zu erschweren.

© dpa-infocom, dpa:220606-99-560715/8

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