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Macron über Putin-Telefonat: „Hat keine Wirkung gezeigt“

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat mit Kremlchef Wladimir Putin telefoniert. Foto: Olivier Hoslet/Pool EPA via AP/dpa
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat mit Kremlchef Wladimir Putin telefoniert. Foto: Olivier Hoslet/Pool EPA via AP/dpa

Macron ist der erste westliche Politiker, der mit dem Kremlchef seit Beginn des Ukraine-Angriffs telefoniert. Nach dem Gespräch zeigt sich Macron ernüchtert. Auch Indiens Premier versucht, zu intervenieren.

Brüssel/Washington (dpa) – Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat sein Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin als „offen, direkt und kurz“ bezeichnet.

Er habe Putin in dem Gespräch auf Bitten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aufgefordert, die Kämpfe in der Ukraine so rasch wie möglich zu beenden, sagte Macron nach einem EU-Krisengipfel in Brüssel.

Er gestand mit Verweis auf den anhaltenden Krieg in der Ukraine ein: „Es hat keine Wirkung gezeigt, das sehen Sie im Moment ganz deutlich, da der russische Präsident den Krieg gewählt hat.“

Er habe Putin dazu aufgefordert, zu diskutieren, mit Selenskyj zu diskutieren, sagte Macron. Selenskyj selbst erreiche Putin schließlich nicht. Es sei seine Verantwortung, eine solche Initiative zu ergreifen, wenn sie von der Ukraine erbeten werde.

Frankreichs Außenminister: Auch Nato „nukleares Bündnis“

Macron warb dafür, das russische Vorgehen zu verurteilen und zu sanktionieren, aber zugleich den Weg des Gesprächs offen zu halten, damit ein Ende der Feindseligkeiten erreicht werden könne, wenn die Bedingungen erfüllt seien. Macron ist der erste westliche Politiker, der mit Putin nach dessen international scharf kritisierten Einsatzbefehl gesprochen hat.

Angesichts nuklearer Drohungen von Putin zu Beginn des russischen Einmarsches hatte Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian zuletzt auf das atomare Potenzial der Nato verwiesen. „Wladimir Putin muss auch verstehen, dass die Atlantische Allianz ein nukleares Bündnis ist“, sagte Le Drian dem Sender TV1.

Indiens Premier Modi appelliert an Putin

Auch Indiens Premierminister Narendra Modi appellierte in einem Telefonat mit Putin, die Gewalt in der Ukraine sofort zu beenden. Modi betonte nach Angaben seines Büros, dass die Differenzen zwischen Russland und der Nato nur durch „ehrlichen und aufrichtigen Dialog“ gelöst werden könnten. Er forderte konzertierte Bemühungen von allen Seiten, um zum Weg diplomatischer Verhandlungen und zum Dialog zurückzukehren.

Verurteilt hat Indien – die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt – den Angriffskrieg von Russland in der Ukraine bisher nicht. Auch Sanktionen hat Indien nicht erlassen. Die beiden Länder hatten schon in Zeiten der Sowjetunion enge Beziehungen. Indien ist auch strategisch stark mit Russland verbunden, da ein Großteil der indischen Militärhardware von Russland stammt.

Biden: „Seit Wochen gewarnt“

Der Westen muss laut US-Präsident Joe Biden dem Kremlchef Wladimir Putin klare Grenzen aufzeigen.

„Seit Wochen haben wir davor gewarnt, dass dies geschehen würde. Und nun entwickelt es sich weitgehend so, wie wir es vorhergesagt haben“, sagte Biden weiter. Die US-Regierung sei gegenüber der Welt sehr transparent gewesen und habe auch als geheim eingestufte Informationen über Russlands Pläne veröffentlicht, um zu verhindern, dass Kremlchef Wladimir Putin seine wahren Absichten verschleiern könne.

USA verlegen Soldaten nach Deutschland

Die US-Regierung verlegt 7000 weitere Soldaten nach Europa. Sie würden in den kommenden Tagen entsandt und zunächst in Deutschland stationiert werden, erklärte das Verteidigungsministerium. Zuvor hatte US-Präsident Joe Biden die Verlegung angekündigt, jedoch ohne eine Zahl der betroffenen Soldatinnen und Soldaten zu nennen.

„Sie werden in Deutschland stationiert, als Versicherung für die Nato-Verbündeten, um russische Aggression abzuwehren und bereit zu sein, eine große Bandbreite an Anforderungen in der Region zu unterstützen“, teilte das Pentagon mit. Zuletzt hatte Biden wegen des Ukraine-Konflikts bereits die Verlegung von zusätzlich rund 6000 Soldatinnen und Soldaten nach Osteuropa angekündigt. Das US-Militär hat nach eigenen Angaben derzeit mehr als 90.000 Soldatinnen und Soldaten in Europa, davon rund 35.000 in Deutschland.

Kein Gespräch mit Putin geplant

Biden plant kein direktes Gespräch mit Putin: „Ich plane nicht, mit Putin zu reden.“ Er bezeichnete Russlands Angriff auf die Ukraine als großen Fehler Moskaus: „Putins Aggression gegen die Ukraine wird Russland am Ende teuer zu stehen kommen, wirtschaftlich und strategisch.“ Er betonte: „Diese Aggression kann nicht unbeantwortet bleiben.“

Die westlichen Verbündeten stünden nun enger zusammen als je zuvor, sagte Biden: „Die gute Nachricht ist, dass die Nato geeinter und entschlossener denn je war.“ Es bestehe kein Zweifel, dass alle NATO-Verbündeten ihre Verpflichtungen nach Artikel 5 erfüllen werden, „der besagt, dass ein Angriff auf einen als Angriff auf alle gilt“. Biden sieht den Krieg Russlands in der Ukraine nur als einen ersten Schritt von Präsident Wladimir Putin. „Er hat viel größere Ambitionen in der Ukraine. Er will nämlich die ehemalige Sowjetunion wiederherstellen. Darum geht es hier“, sagte er.

OSZE zieht Beobachter aus Ukraine ab

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zieht wegen der sich verschlechternden Sicherheitslage vorübergehend ihre internationalen Beobachter aus der Ukraine ab. Das gab OSZE-Generalsekretärin Helga Schmid bekannt. Der vorübergehende Abzug betrifft außerdem OSZE-Mitarbeiter, die an Projekten zum Aufbau von demokratischen Institutionen gearbeitet hatten. „Die Sicherheit dieser Menschen, die im ganzen Land vor Ort die Augen und Ohren der internationalen Gemeinschaft sind, steht an oberster Stelle“, begründete die deutsche Diplomatin.

Die Überwachungsmission der in Wien ansässigen Organisation hatte bislang vor allem die Aufgabe, in der Ostukraine die Waffenstillstandslinie zwischen staatlichen Truppen und pro-Russischen Separatisten zu überwachen. In den vergangenen Tagen und Wochen waren die internationalen, unbewaffneten Beobachter häufig an ihrer Arbeit gehindert und auch bedroht worden. Derzeit seien rund 500 Beobachter und Projektmitarbeiter im Land, sagte ein OSZE-Diplomat der Deutschen Presse-Agentur.

G7: Blutvergießen stoppen

Die USA, Deutschland und fünf weitere führende demokratische Wirtschaftsmächte (G7) fordern Russland derweil eindringlich auf, das Blutvergießen in der Ukraine zu stoppen und seine Truppen aus dem Land abzuziehen. „Präsident Putin hat den Krieg zurück auf den europäischen Kontinent gebracht. Er hat sich selbst auf die falsche Seite der Geschichte gestellt“, heißt es in einer Erklärung der Staats- und Regierungschefs der Siebenergruppe nach einer Videoschalte unter Leitung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Deutschland führt in der Gruppe derzeit den Vorsitz.

Die G7 ruft die Weltgemeinschaft in der Erklärung auf, den russischen Angriff „in schärfster Weise“ zu verurteilen und „Schulter an Schulter“ mit der Ukraine zu stehen. Sie spricht von einem „völlig ungerechtfertigten“ Angriff. „Er stellt eine ernsthafte Verletzung internationalen Rechts dar und einen schweren Bruch der Charta der Vereinten Nationen.“ Die Krise sei eine ernsthafte Bedrohung der internationalen Ordnung mit Auswirkungen weit über Europa hinaus. „Es gibt keine Rechtfertigung, international anerkannte Grenzen gewaltsam zu verändern.“ Die sieben Staats- und Regierungschefs boten der Ukraine zudem humanitäre Hilfe an.

USA bereiten UN-Resolution gegen Russland vor

Die USA bereiten bei den Vereinten Nationen eine gegen Moskau gerichtete Resolution vor. An diesem Freitag soll es dazu in New York eine neue Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats geben, wie am Donnerstag aus Diplomatenkreisen verlautete. Die Resolution werde Russlands Aggression Russlands aufs Schärfste verurteilen, die Souveränität und territoriale Integrität sowie die Unabhängigkeit und Einheit der Ukraine bekräftigen, hieß es. Von Russland soll darin der sofortige Rückzug verlangt werden.

Da Russland als einer von nur fünf Staaten im Sicherheitsrat ein Veto hat, ist klar, dass die Resolution bei einer Abstimmung scheitern würde. Die USA und ihre westlichen Verbündeten hoffen jedoch, Moskau im Rat weitgehend zu isolieren – idealerweise bei einer Enthaltung der Vetomacht China und Zustimmung aller anderer Mitglieder des 15-köpfigen Gremiums. Peking war zumindest bei den UN in New York zuletzt zurückhaltend, seinen Partner Russland zu verteidigen. Sollte die Resolution wie erwartet am Veto Moskaus scheitern, soll der Text nach Angaben mehrerer Diplomaten an die UN-Vollversammlung überstellt werden. Dort stimmen alle 193 Mitgliedsstaaten ab. Sie könnten die Entschließung mit einfacher Mehrheit annehmen.

© dpa-infocom, dpa:220224-99-272867/40


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