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Nervenprobe: Impfsorge quält deutsche Olympia-Teilnehmer

Der Deutsche Olympische Sportbund mahnt bei der Impfung der Athleten für Olympia zur Eile. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa
Der Deutsche Olympische Sportbund mahnt bei der Impfung der Athleten für Olympia zur Eile. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa

Das Warten auf die Corona-Impfung wird für das deutsche Olympia-Team auch durch die Zusicherungen der Politik kaum leichter. Reicht das Impftempo wirklich? So mancher verliert die Geduld.

Trotz der Impfzusage der Bundesregierung wird das Warten auf den ersehnten Corona-Schutz für die deutschen Olympia-Teilnehmer zur Nervenprobe.

Nur drei Monate vor der Eröffnungsfeier in Tokio quälen Zweifel am Impftempo und die Angst vor Nebenwirkungen für die Olympia-Form die ohnehin verunsicherte Athletengemeinde.

DOSB-Chef Alfons Hörmann mahnte Politik und Behörden daher zur Eile: „Jetzt kommt es darauf an, gemeinsam mit allen für die Umsetzung verantwortlichen Stellen in Bund und Ländern die Impfungen in den nächsten Wochen verantwortungsvoll und professionell umzusetzen.“

Dass das Corona-Kabinett zu Wochenbeginn die rechtzeitige Impfung aller Olympia-Teilnehmer zugesichert hatte, bezeichnete der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes als „besonders wertvolles Signal der Unterstützung“.

Doch angesichts der lange Zeit schleppenden Impfkampagne sind mit der Botschaft aus Berlin längst nicht alle Sorgen der Sportlerinnen und Sportler beseitigt. Schon vor ein paar Wochen hatte der Verein Athleten Deutschland gewarnt: „Unter Berücksichtigung von Trainingsausfällen und der ausstehenden Qualifikationswettkämpfe ist die Zeit knapp.“

Erst 15 Prozent der Mitglieder des deutschen Tokio-Teams sind bisher geimpft. Acht Prozent lehnen einer DOSB-Umfrage zufolge eine Impfung ab – viele davon wohl auch, weil sie in der heiklen Phase des Formaufbaus einen Rückschlag befürchten. „Es muss jetzt schnell gehen, weil es uns Athleten nichts mehr bringt, wenn man sich im vollen Training kurz vor den Spielen impfen lässt“, sagte Marathonläufer Richard Ringer im Sport1-Interview.

Schon geimpfte Topathleten seien in ihrer Vorbereitung teils deutlich eingebremst worden, berichtete der 32-Jährige. „Da kann man nicht sagen, man impft sich noch im Juni, das funktioniert nicht mehr. Jeder Körper reagiert anders, manche spüren gar nichts, und andere liegen tagelang im Bett“, sagte Ringer.

Auch Medaillenhoffnung Frank Stäbler sehnt eine schnelle Impfung herbei, auch wenn ohne Langzeitstudien unklar ist, ob diese für ihn nützlich oder schädlich ist. Der Ringer-Weltmeister war im Vorjahr mit Corona infiziert und hat noch Antikörper. Ob diese bis zum Sommer bleiben, ist unsicher. Das Thema sei „omnipräsent“ und „extrem kräftezehrend“, sagte Stäbler. „Das Schlimmste ist die Ungewissheit.“

So hält sich weiter auch die Debatte, ob die 1100 Teammitglieder für Olympia und Paralympics nicht doch bald bevorzugt geimpft werden sollten. Dies hat eine Mehrheit der Mannschaft zwar laut DOSB abgelehnt, eine Reihe anderer Nationen wie Polen, Litauen, Ungarn, Israel, Indien oder auch Mexiko aber geht diesen Weg.

Auch Sportmächte wie China und Russland impfen ihre Olympioniken frühzeitig, die US-Athleten dürften dank des hohen Impftempos in ihrer Heimat ohnehin geschützt nach Japan reisen. „Wir sind zuversichtlich, dass eine große Zahl der Teilnehmer, die im olympischen Dorf leben werden, geimpft sein werden“, sagte IOC-Chef Thomas Bach nach der Exekutiv-Sitzung am Mittwoch.

So stellt sich einmal mehr für viele deutsche Sportler die Frage nach der Chancengleichheit, wenn einige ihrer Konkurrenten durch eine frühe Impfung in ihrer Olympia-Vorbereitung mehr Sicherheit und Freiheit genossen haben und unbeeinflusst an ihrer Form feilen konnten.

„Je östlicher das Land oder sagen wir, je unterschiedlicher die Strukturen dort sind, desto schneller wurden die Leute geimpft. Das beschäftigt uns schon zum Teil“, sagte Kanu-Olympiasieger Tom Liebscher, der die deutschen Sportler im Hintertreffen sieht.

Bundesregierung und Ständige Impfkommission indes zeigen sich gelassen. „Ich hoffe und glaube, dass sich das Problem bis Juni insofern erledigt hat, als wir dann nach Stiko-Empfehlung in Stufe 6 angekommen sein sollten“, sagte der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens der Deutschen Presse-Agentur. In Stufe 6 der Impfreihenfolge können alle Deutschen geimpft werden.

Für Mai und Juni rechnet die Politik mit starken Impffortschritten dank der Lieferzusagen der Hersteller Biontech und Moderna. Dazu kommen Dosen von Astrazeneca und Johnson & Johnson. Das umstrittene Angebot des Internationalen Olympischen Komitees, mithilfe von China Olympia-Starter mit chinesischen Vakzinen zu impfen, hat der DOSB abgelehnt. Die Impfstoffe sind ohnehin in der EU nicht zugelassen.

So mancher verliert bei der Geduldsprobe zwischen Impfmoral und Olympia-Traum allmählich die Zuversicht. „Am Ende werden die medizinischen und die Verbandsdelegationen schon dafür sorgen, dass wir alle verwirrt sind und uns kaum auf die Sache konzentrieren können“, sagte der ehemalige Speerwurf-Weltmeister Johannes Vetter jüngst der Badischen Zeitung.

Andere sind froh, dass sie von dieser Last befreit sind. Athletensprecher und Säbelfechter Max Hartung wurde Anfang April geimpft, weil er regelmäßigen Kontakt zu einer guten Freundin hat, die ein Kind erwartet. Schwangere dürfen zwei Personen aus ihrem Umfeld für eine Impfung benennen. Siebenkämpferin Carolin Schäfer erhielt das Vakzin dank ihrer Anstellung bei der hessischen Polizei. „Es war, als hätte man mir Gold gespritzt. Das gibt viel Sicherheit“, sagte die Frankfurterin.

© dpa-infocom, dpa:210421-99-292482/3

weiterführende Informationen:
➡️ Mitteilung des DOSB
➡️ Empfehlungen der Ständigen Impfkommission
➡️ Positionspapier Athleten Deutschland
➡️ weitere News aus der Themenwelt Olympia

Beachten Sie auch zur Lage Tokio 2021, News vom 12.04.2021:



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