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Formel 1: Ricciardo-Sieg in Monza, Crash Verstappen und Hamilton

Schieden in Monza vorzeitig nach einem Crash aus: Weltmeister Lewis Hamilton (l) und WM-Spitzenreiter Max Verstappen. Foto: Luca Bruno/AP/dpa
Schieden in Monza vorzeitig nach einem Crash aus: Weltmeister Lewis Hamilton (l) und WM-Spitzenreiter Max Verstappen. Foto: Luca Bruno/AP/dpa

Ein spektakulärer Unfall beendet in Monza das Rennen der WM-Jäger Max Verstappen und Lewis Hamilton. Davon profitiert vor allem das McLaren-Team mit Sieger Daniel Ricciardo.

Sensationssieger Daniel Ricciardo genoss den italienischen Schaumwein aus seinem verschwitzten Rennschuh und reichte ihn auch noch genüsslich seinem Teamkollegen Lando Norris.

Als das triumphale McLaren-Duo schon in die rauschende Monza-Party startete, versuchten Max Verstappen und Lewis Hamilton noch immer, die Schuldfrage nach dem irren und nächsten folgenreichen Crash im giftigen Titelduell um die Formel-1-Krone zu klären.

Max Verstappen war nach dem irren Crash von Monza zurück in die Garage gestapft, Lewis Hamilton kletterte ungläubig aus seinem demolierten Mercedes: Gestrandet im Kiesbett und mit ineinander verkeilten Autos endete für die Formel-1-Titelrivalen am Sonntag der Große Preis von Italien vorzeitig.

Lachender Dritter nach dem erneut überharten Zweikampf zwischen WM-Spitzenreiter Verstappen und Weltmeister Hamilton war der Australier Daniel Ricciardo, der McLaren nach neun Jahren den ersten Grand-Prix-Sieg bescherte. Zweiter des 14. Saisonlaufs wurde sein britischer Teamkollege Lando Norris vor dem von ganz hinten gestarteten Valtteri Bottas im Mercedes.

Ernüchtert verließ auch Sebastian Vettel den Königlichen Park. Als Zwölfter blieb der Aston-Martin-Fahrer erneut ohne Punkte. Mick Schumacher wurde schon wieder von seinem Haas-Kollegen Nikita Masepin in eine Kollision verwickelt und beendete das Rennen auf Rang 15.

Crash Verstappen-Hamilton

Durch den Unfall in der 26. Runde und das Doppel-Aus behauptete Max Verstappen seine WM-Führung mit fünf Punkten Vorsprung auf Lewis Hamilton.

Bei der heftigen Kollision waren beide unverletzt geblieben. Die Bilder aber waren spektakulär, als Verstappens Red Bull abhob und auf Hamiltons Mercedes landete. Beide Autos rutschten neben die Strecke und blieben dort stecken.

„Das passiert, wenn Du keinen Raum lässt“, funkte Max Verstappen an die Box. „Du brauchst immer zwei Leute in einer Kurve, die zusammenarbeiten. Das hat er nicht gemacht“, klagte der Niederländer später und sprach von einem „sehr schlechten Tag“.

Lewis Hamilton sagte, er sei „so hart gefahren wie ich konnte“ und meinte: „Das ist Rennsport, er wollte keinen Platz machen. Und er wusste, was dann passieren würde in Kurve zwei“, so der Brite, dem der Nacken schmerzte: „Ich weiß nicht, was ich sonst noch sagen soll.“

Hamilton kehrte nach einem leicht verpatzten Reifenwechsel zurück auf die Strecke auf dem Autodromo Nazionale di Monza. Der führende Ricciardo zog vorbei. Verstappen, dessen Boxenstopp zuvor noch deutlich schlechter ausgefallen war, versuchte, den Briten auch noch zu passieren.

„Es ist unsere Schuld, dass er überhaupt in die Nähe von Hamilton gekommen ist“, betonte Berater Marko mit Blick auf den viel zu langen Boxenstopp von 11,1 Sekunden. In der Schikane war Verstappen auf die Randsteine gekommen, zudem berührten sich die Hinterräder, der Red Bull hob spektakulär ab und krachte auf den Mercedes.

Der Sicherheitsbügel Halo verhinderte Schlimmeres. „Ich bin so dankbar, dass ich hier sitze“, betonte Hamilton bei einer digitalen Medienrunde, er stehe aber noch unter Schock.

Strafe für Verstappen

Die Bilder sprachen für sich nach der neuesten Eskalationsstufe des Titelkampfs, der immer mehr an die Hassduelle früherer Zeiten von Ayrton Senna und Alain Prost erinnert. Hamiltons schwarzer Mercedes steckte im Kiesbett fest, Verstappens Red Bull lag obendrauf, beide Autos ineinander verkeilt.

Man müsse aufpassen, dass „taktische Fouls nicht passieren“, betonte Mercedes-Teamchef Toto Wolff vielsagend mit Verweis auf die Entwicklung des WM-Rennens zwischen dem siebenmaligen Weltmeister Hamilton und dessen Herausforderer Verstappen, die beide danach zu den Rennkommissaren mussten.

Und die sprachen nach rund zwei Stunden ein klares Urteil: Verstappen muss in zwei Wochen beim Rennen in Russland in der Startaufstellung drei Positionen nach hinten.

„Dass beide ausscheiden, kann man nicht planen“, betonte Red Bulls Motorsportchef Helmut Marko und meinte: „Max Absicht zu unterstellen, ist Blödsinn.“

Zwei Monate erst liegt die heftige Kollision von Silverstone zurück. Damals hatte Hamilton weiterfahren und noch den Sieg bei seinem Heimrennen feiern können, während Verstappen nach dem heftigen Einschlag in die Streckenbegrenzung ins Krankenhaus musste.

Doppelte McLaren-Freude

Siegte in Monza: Daniel Ricciardo. Foto: Luca Bruno/AP/dpa
Siegte in Monza: Daniel Ricciardo. Foto: Luca Bruno/AP/dpa

Die großen Gewinner des Dramas von Monza hießen Ricciardo und Norris, die vor dem von ganz hinten gestarteten Mercedes-Fahrer Valtteri Bottas im Königlichen Park abgewunken wurden.

Unbändig war dagegen der Jubel vor der McLaren-Garage. Der deutsche Teamchef Andreas Seidl schlug kurz die Hände vors Gesicht, ehe er sich von den Emotionen seiner Crew mitreißen ließ. „Das war ein Super-Tag. Er wird eine Super-Feier“, prophezeite Teamchef Seidl, der McLaren zum ersten Sieg seit November 2012 geführt hat.

„Ich wusste, es würde etwas Gutes passieren“, sagte Ricciardo, bevor er Champagner aus seinem Rennschuh schlürfte. Dem 32-Jährigen war zuletzt vor drei Jahren in Monaco ein Sieg gelungen, damals noch im Red Bull. „Gewinnen ist das eine, aber ein Doppelsieg ist ein Wahnsinn. Ich habe keine Worte dafür“, schwärmte er.

Dieser Sieg bedeute ihm alles, betonte Ricciardo. Von Teamkollege Norris bekam er Geleitschutz. Zur Belohnung gab es für den 21 Jahre jungen Briten den Schluck Schaumwein aus Ricciardos Schuh. „Ich hoffe, zum letzten Mal, ich kann das keinem empfehlen“, sagte Norris mit einem Lachen.

Hamilton greift früh an

Schieden in Monza vorzeitig aus: Weltmeistr Lewis Hamilton (l) und WM-Spitzreiter Max Verstappen (r). Foto: Antonio Calanni/AP/dpa
Schieden in Monza vorzeitig aus: Weltmeistr Lewis Hamilton (l) und WM-Spitzreiter Max Verstappen (r). Foto: Antonio Calanni/AP/dpa

Zum zweiten Mal hatte die Formel 1 am Samstag mit dem neuen Sprintrennen die Start-Reihenfolge für den Grand Prix ermittelt. Sieger Bottas aber durfte nicht die Pole Position einnehmen, weil Mercedes aus taktischen Gründen zum vierten Mal in diesem Jahr den Motor im Auto des Finnen wechselte und er den Regeln zufolge ans Ende des Feldes rücken musste.

So parkte Max Verstappen ganz vorn in der Startaufstellung, durch die der einstige Sprintstar Usain Bolt und Italiens 100-Meter-Olympiasieger Lamont Marcell Jacobs flanierten.

Als die Roten Ampeln erloschen, hatte anscheinend Ricciardo Anleihen bei Bolt und Jacobs genommen und eilte unwiderstehlich an Verstappen vorbei.

„Wir haben in der Vergangenheit schon gesehen, dass es nichts bringt, konservativ ranzugehen, also volle Attacke“, hatte McLaren-Teamchef Andreas Seidl angekündigt – und sein australischer Pilot setzte das perfekt um.

Dahinter setzte sich Hamilton, der auf länger haltbaren weißen Reifen startete, auf Platz drei und griff nach wenigen Kurven auch Verstappen an.

Wie schon mehrfach in diesem Jahr kam es zur Berührung der beiden Autos, diesmal rutschte der Mercedes-Star neben die Strecke und kehrte als Vierter zurück. Weil dahinter Antonio Giovinazzi nach einem Kampf mit beiden Ferrari die Kontrolle über seinen Alfa Romeo verlor und den Frontflügel einbüßte, verordnete die Rennleitung ein virtuelles Safety-Car.

Bald wurde das Rennen wieder freigegeben, an der Spitze aber änderte sich zunächst nichts. Ricciardo hielt Verstappen hinter sich, Norris ließ Hamilton nicht vorbei. Einzig Bottas pflügte im starken Mercedes von hinten durch das Feld und hatte bald die Punkteränge im Visier.

Mühsamer Tag für Vettel

Deutlich mühsamer war der Arbeitstag wieder für Vettel. Erst zog er im harten Duell mit seinem Teamgefährten Lance Stroll den Kürzeren, dann wurde er fast von Alpine-Pilot Esteban Ocon von der Strecke gedrängt. Der Franzose erhielt dafür eine Fünf-Sekunden-Strafe. Vettel aber hing weiter tief im Mittelfeld fest.

Dann wurde es dramatisch. Verstappens Boxenstopp ging schief, mehr als elf Sekunden brauchten die sonst so flinken Red-Bull-Mechaniker für den Reifenwechsel. Für gewöhnlich dauert dieses Manöver kaum mehr als zwei Sekunden. So fiel der Niederländer weit zurück.

Als dann auch Hamilton neue Gummiwalzen holte und wieder aus der Boxengasse fuhr, lagen die beiden WM-Kontrahenten plötzlich direkt nebeneinander. Keiner wollte nachgeben, Verstappen rumpelte über die Randsteine und fand sich dann auf Hamiltons Mercedes wieder.

Das Safety-Car rückte aus, bis die havarierten Boliden aus der Schikane weggeräumt waren. Beim Neustart raste Ricciardo davon. Norris musste gegen Ferrari-Fahrer Charles Leclerc schwer kämpfen, blieb aber am Ende Zweiter.

Die Spannung hielt bis zum Schluss an, weil das Feld auf dem Hochgeschwindigkeitskurs eng beeinander blieb. Dann durfte Ricciardo den achten Sieg seiner Formel-1-Karriere bejubeln und McLaren den größten Tag seit langer Zeit.

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