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Der Weg nach Katar: Zimmersuche, Top-Gegner und die Moral

DFB-Direktor Oliver Bierhoff muss vor der WM 2022 noch viel planen. Foto: Swen Pförtner/dpa
DFB-Direktor Oliver Bierhoff muss vor der WM 2022 noch viel planen. Foto: Swen Pförtner/dpa

Die WM-Qualifikation für Katar 2022 war sportlich nicht besonders schwer. Komplizierter könnte die logistische Vorbereitung auf den Titelversuch werden. Die Ansprüche sind wie immer speziell.

Das 4:1 in Eriwan ist nicht die Endstation: Für Hansi Flick und Oliver Bierhoff geht das Fußball-Jahr 2021 noch weiter. Katar ist längst in den Köpfen des Bundestrainers und des DFB-Direktors – und auch in deren Terminkalendern.

Noch vor Weihnachten will Flick nach Doha reisen, um sich selbst ein Bild zu machen, was möglich ist bei der WM-Titeljagd am Golf in zwölf Monaten. Turnierlogistik und das große Thema Menschenrechte sind die Herausforderungen.

Ganz oben auf der Prioritätenliste steht nach dem Abschluss in der WM-Qualifikation mit dem Gastspiel in Armenien am Sonntag die Hotelsuche. Kein leichtes Unterfangen, wie Bierhoff schon berichtet.

Das Teamquartier:

Der Mythos vom Campo Bahia ist mittlerweile auch eine Bürde. Das perfekte WM-Hotel am brasilianischen Atlantikstrand wurde mit dem von Bierhoff in Bau gegebenen Hüttenkomplex zum Basislager des WM-Triumphes 2014.

Vier Jahre später konnte auch der damalige DFB-Präsident Reinhard Grindel mit diplomatischen Bemühungen Joachim Löws Wunschort Sotschi nicht mehr ermöglichen. Man landete im Moskauer Vorstadt-Wald in Watutinki statt wie gewünscht am Schwarzen Meer – mit dem frühen WM-K.o. als allseits bekanntem Ausgang.

Und in Katar? Die FIFA verschickte schon ein Hochglanzprospekt mit Hotels und Trainingsplätzen. Aber: „Das Angebot ist begrenzt“, sagte Bierhoff nach ersten Inspektionen. „Gute Trainingsbedingungen, ein Hotel, wo man für sich ist“, nannte Flick die Kriterien. Und vor allem kurze Wege zwischen Herberge und Trainingsplatz. Vermutlich zieht es den DFB-Tross in eine Anlage nördlich von Doha, abseits des großen WM-Rummels.

Das Länderspiel-Programm:

Thomas Müller sprach die Wahrheit schonungslos aus. „Man muss immer ein bisschen relativieren, dass wir jetzt natürlich keine extrem schwierigen Gegner in unserer Gruppe haben.“

Rumänien, Nordmazedonien, Armenien, Island und Liechtenstein. Diese Gegner-Kategorie wird 2022 für Flick keine Rolle spielen. Für die WM ist Deutschland nicht im besten Lostopf. Ein Kontrahent der Kategorie Brasilien, Italien, Frankreich wartet dann sicher schon in der Gruppenphase.

Das Programm Richtung Katar steht zumindest terminlich fest. Im März soll es zwei Testspiele gegen Hochkaräter geben. Benannt werden die Gegner erst nach der Auslosung der Nations League am 16. Dezember, um Dopplungen im Vorbereitungsprogramm zu vermeiden.

Im Juni gibt es gleich vier Partien und im September noch weitere zwei in dem Europa-Wettbewerb. Deutschland ist in Lostopf zwei und bekommt auf jeden Fall einen starken Kontrahenten: Italien, Frankreich, Belgien, Spanien sind die Optionen aus dem besten Topf. Das ist die Kategorie, die dann auch Müller als schwierigen Gegner bezeichnen würde.

Das Personal:

Leistung zählt. Dieses Flick-Dogma wird auch im WM-Jahr Gültigkeit haben. Der Bundestrainer will seinen Einfluss dabei nicht auf die nur noch drei Lehrgangsoptionen im März, Juni und September begrenzen. Hausaufgaben für die Nationalmannschaft müssen auch im Club-Alltag erledigt werden.

„Es liegt in der Verantwortung der Spieler selbst. Wir wollen einen Anstoß geben“, sagte Flick zu seiner ungewöhnlichen Maßnahme, die auch in die Hoheit der Club-Trainer wie Julian Nagelsmann, Thomas Tuchel oder Pep Guardiola eingreift.

Die Mehrzahl der 23 WM-Plätze von Kapitän Manuel Neuer über Antonio Rüdiger, Niklas Süle, Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Thomas Müller, Serge Gnabry, Leroy Sané, Timo Werner und einige mehr ist nach jetzigem Stand auch praktisch schon vergeben – Leistungsschwankungen oder Verletzungen natürlich ausgenommen.

Die Moral:

Erst kommt das Kicken, dann die Moral. Dieser abgewandelte Spruch von Bertolt Brecht ist für die Fußball-Branche ein Grundvorwurf im WM-Jahr.

Einen Turnier-Boykott fordert niemand mehr, aber der richtige Umgang mit den unzureichenden demokratischen Standards im Gastgeberland bleibt für alle WM-Akteure eine Prüfung.

Transparente, Regenbogenbinde und Kniefall waren die Aktionen 2021. Je näher die WM rückt, desto lauter werden die Rufe nach klaren Positionierungen der Fußball-Stars gegen Homophobie und Arbeiterausbeutung am Golf werden.

„Die FIFA, der DFB, alle können und müssen Druck ausüben“, forderte der Vorsitzende von Human Rights Watch, Wenzel Michalsky. Der Menschenrechtsexperte bot an, Bierhoff, Flick und die Spieler nochmals zu instruieren. Bei der WM würden diese dann nämlich nur „Glanz und Gloria“ präsentiert bekommen.

© dpa-infocom, dpa:211114-99-991871/5

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