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Rechte nach Corona-Impfung: Abgeordnete für schnelle Entscheidung

In der großen Koalition mehren sich Stimmen, die für eine schnellere Entscheidung über die Rechte Geimpfter eintreten. Foto: Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/dpa
In der großen Koalition mehren sich Stimmen, die für eine schnellere Entscheidung über die Rechte Geimpfter eintreten. Foto: Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/dpa

Wer gegen das Coronavirus geimpft ist, soll nicht mehr allen Beschränkungen unterliegen. Da sind sich alle im Grunde einig. Die Frage ist, wie schnell das rechtlich umgesetzt werden kann und soll.

In der großen Koalition mehren sich Stimmen, die für eine schnellere Entscheidung über die Rechte Geimpfter eintreten als von der Bundesregierung vorgesehen.

Der SPD-Rechtspolitiker Johannes Fechner und Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) plädieren für einen Zeitrahmen, der eine abschließende Befassung im Bundesrat deutlich vor der bisher angepeilten regulären Sitzung am 28. Mai ermöglicht.

Das Robert Koch-Institut (RKI) geht davon aus, dass nach einer vollständigen Corona-Impfung eine Übertragung des Virus zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber sehr unwahrscheinlich ist. Die Politik ist sich weitgehend einig, dass einige der bestehenden Beschränkungen für vollständig Geimpfte dann nicht mehr gerechtfertigt sind. Uneinigkeit besteht über das Ausmaß und das Tempo, mit dem dies geregelt wird.

Auch Bundesratspräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte am Mittwoch ins Spiel gebracht, die entsprechende Verordnung des Bundes schon in der nächsten Woche mit der Sitzung der Länderkammer am 7. Mai zu besiegeln.

Die Bundesregierung plant bisher, dass das Kabinett die Pläne erst am nächsten Mittwoch auf den Weg bringt. Sie will sich aber bereits vor der Befassung im Kabinett mit Bundestag und Bundesländern verständigen, wie ein Sprecher erklärt hatte. Dies soll im Falle von Auflagen des Bundestags ein Hin und Her vermeiden und Zeit sparen.

An diesem Donnerstag wird sich Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf seiner wöchentlichen Pressekonferenz mit RKI-Chef Lothar Wieler möglicherweise auch dazu äußern. Er hatte bereits deutlich gemacht, dass auch bei anstehenden Lockerungen für Geimpfte Schutzmaßnahmen wie Abstandhalten, Hygieneregeln und Maskenpflicht weiter gelten würden.

Eine Reihe von Bundesländern ist bereits von sich aus tätig geworden und hat Geimpfte schon mit negativ Getesteten gleichgestellt, etwa beim Zugang zu Läden und Dienstleistungen.

Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Fechner, sagte der Bild-Zeitung: „Die Bundesregierung sollte die Verordnung über das Wochenende verfassen und Anfang der Woche im Kabinett beschließen. Mittwoch können die Ausschüsse, am Donnerstag der Bundestag und am Freitag (7. Mai) der Bundesrat zustimmen.“

Unionsfraktionsvize Frei forderte ebenfalls mehr Tempo, wenn auch nicht ganz so viel wie Fechner. „Die Verordnung dafür muss sauber formuliert und abgestimmt sein, und diese Zeit ist notwendig“, sagte er der Zeitung. Frei hält aber eine Sondersitzung des Bundesrates für möglich. Diese könnte nötig werden, wenn die Länderkammer zwischen ihren regulären Sitzungen am 7. und 28. Mai entscheiden soll.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) sagte dem Blatt: „Dass die Geimpften und Genesenen fast fünf Wochen auf eine Verordnung vom Bund warten müssen, ist mit unserer Verfassungsordnung nicht in Einklang zu bringen.“

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz will nur virologische Argumente gelten lassen. „Wir sollten uns in dieser Frage nicht von vermeintlichen Gerechtigkeitsdebatten leiten lassen, sondern die Frage einzig und allein unter medizinischen Gesichtspunkten betrachten“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Frage sei, ob eine Ausgangssperre für Bürger, von denen keine Gefahr ausgehe, aus virologischer Sicht sinnvoll sei. „Ich glaube nicht. Und dann ist sie auch rechtlich nicht mehr begründbar.“

Nach Ansicht des Parlamentsgeschäftsführers der Linken, Jan Korte, sollten für Geimpfte auch die Kontaktbeschränkungen gelockert werden. In einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Papier schlägt er vor, vollständig Geimpfte – genau wie zum Haushalt gehörende Kinder – bei der erlaubten Personenzahl privater Treffen drinnen und draußen nicht mitzuzählen, auch nicht als eigenen Haushalt.

Dagegen hält Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) die Debatte für verfrüht. „Wenn alle ein Impfangebot bekommen haben, dann muss man über die Rechte von Geimpften reden“, sagte er dem RND. Dann seien Einschränkungen nicht mehr opportun. „Da der Impfschutz 14 Tage nach der zweiten Impfung mindestens sechs Monate gilt, brauchen wir in dem Moment auch Klarheit darüber, ob ab dem 7. Monat wieder getestet oder neu geimpft wird.“ Vorher mache diese Debatte die Leute nur verrückt.

Tatsächlich sind (Stand: Mittwoch) bundesweit erst 6,1 Millionen Bürger doppelt geimpft und haben damit vollen Impfschutz, das sind 7,4 Prozent der Bevölkerung. Mindestens einmal geimpft sind immerhin 20,5 Millionen Menschen – fast ein Viertel (24,7 Prozent) aller Einwohner. Derzeit werden in der Regel die stärker gefährdeten Angehörigen der Priorisierungsgruppen zwei und drei geimpft, darunter Ältere, Vorerkrankte und bestimmte Berufsgruppen. Kanzlerin Angela Merkel geht davon aus, dass die Priorisierung im Juni beendet werden kann und die Impfungen dann für alle freigegeben werden. Bis alle Zweitimpfungen gesetzt sind, dürfte es noch Monate dauern.

© dpa-infocom, dpa:210429-99-394907/4


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